Neuerliche Anrufung des EuGH zur Getränkesteuer

VwGH-Beschluß EU 2001/0007 ua (2000/16/0640) vom 23. März 2001

 

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Pressemitteilung des VwGH vom 28.3.2001:

In seinem Urteil vom 9. März 2000 hat der EuGH zu Recht erkannt, dass die Beibehaltung der auf alkoholische Getränke erhobenen Getränkesteuersteuer der Verbrauchsteuerrichtlinie widerspreche. Um nicht das Finanzierungssystem der österreichischen Gemeinden rückwirkend in seinen Grundlagen zu erschüttern, wurde ausgesprochen, dass nur der für die Zeit vor dem 9. März 2000 Ansprüche geltend machen kann, der vor diesem Zeitpunkt Klage oder einen entsprechenden Rechtsbehelf erhoben hat.

Angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen des Urteils des EuGH auf die Finanzlage der österreichischen Gemeinden bei einem Erstattungsvolumen von etwa 22 Milliarden Schilling - wobei ein Großteil der Betroffenen rechtzeitig einen Rechtsbehelf ergriffen hat - haben knapp vor Verkündung des obzitierten Urteils des EuGH die österreichischen Bundesländer (Kärnten erst danach) im Hinblick auf die erwartete Aufhebung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke Bestimmungen in ihre Landesabgabenordnungen eingeführt, denen zufolge die Rückerstattung oder Kompensation von zu Unrecht erhobenen Abgaben insoweit nicht zu erfolgen hat, als die betroffene Abgabe auf einen Anderen (dem Konsumenten) überwälzt wurde. Nach dem mit der hier gegenständlichen Novelle der Wiener Abgabenordnung (WAO) vom 2. März 2000, LGBl. Nr. 9/2000, geschaffenen § 185 Absatz 3 WAO steht ein Rückzahlungsanspruch insoweit nicht zu, als die Abgabe wirtschaftlich von einem Anderen als dem Abgabepflichtigen getragen wurde.

Solche Bereicherungsverbote akzeptiert der EuGH in ständiger Rechtsprechung dann, wenn dadurch die Durchsetzung des Rückforderungsanspruches nicht erheblich erschwert oder praktisch unmöglich gemacht wird.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt die gegenständliche Bestimmung im Zusammenhang mit dem hier anwendbaren Verfahrensrecht grundsätzlich diese gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen, weil sie für alle Abgaben gilt und keine speziellen Aussagen zur Beweislast, zu zulässigen Beweismitteln oder gar zur Beweiswürdigung enthält. Der Verwaltungsgerichtshof folgt damit der in diesem Zusammenhang vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. November 2000, B 1735/00, vertretenen Rechtsansicht.

Der Wiener Landesgesetzgeber hat allerdings (wie auch die anderen Landesgesetzgeber) angeordnet, dass die Änderung des § 185 WAO auch auf vor der Kundmachung dieses Gesetzes (2. März 2000) entstandene Steuerschuldverhältnisse Anwendung finden soll, er hat also diese Bestimmung rückwirkend in Kraft gesetzt. Allen Abgabenpflichtigen, die bezüglich der seit dem Beitritt Österreichs zur EU entstandenen Steuerschuldverhältnisse vor dem 9. März 2000 im Sinne des Urteils des EuGH Rechtsbehelfe ergriffen haben, kann daher auf Grund der erst am 2. März 2001 kundgemachten Beschränkung entgegen gehalten werden, dass die Abgabe wirtschaftlich von einem Anderen getragen wurde.

Der Verfassungsgerichtshof hat zwar im Rahmen seiner Grobprüfung eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit dieser Rückwirkung verneint. Demgegenüber wurde aber von einem (mit dem österreichischen Verwaltungsgerichtshof vergleichbaren) italienischen Höchstgericht zur Rückwirkung einer von ihm anzuwendenden Vorschrift erkannt, dass wegen dieser Rückwirkung die Vorschrift nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, sodass die nationalen Gerichte von ihrer Anwendung abzusehen hätten. Bezugnehmend darauf hat der Generalanwalt in seinem Schlussantrag in der Rechtssache DILEXPORT betont, der Grundsatz der Rechtssicherheit lasse es nicht zu, dass diese Rechtsbehelfe durch eine spätere, im Zeitpunkt der Antragstellung nicht bestehende Vorschrift in Frage gestellt werden, die die Rechtsstellung des Antragstellers verschlechtere.

Mit Rücksicht auf die vom Generalanwalt gebilligte Rechtsmeinung eines anderen europäischen Höchstgerichtes zu einer rückwirkenden Beschränkung liegt jedenfalls keine zweifelsfreie Situation vor, sodass der Verwaltungsgerichtshof zu einer Anfrage an den EuGH verpflichtet war. Gefragt wird, ob die rückwirkende Einführung des § 185 Absatz 3 WAO dem Artikel 10 EG (Treuegebot) und dem Spruchpunkt 3. des EuGH-Urteiles vom 9. März 2000 widersprechen.

Quelle: http://www.vwgh.gv.at/presse/recht_presse/2001/03_3_vorab_getrst.htm, Stand 28.3.2001

 

Das reicht mir noch immer nicht, ich will auch noch den Volltext des VwGH-Beschlusses EU 2001/0007 ua (2000/16/0640) vom 23. März 2001

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