Wiener Abgabenordnung – WAO

Quelle: RIS (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes, Stand 29.1.2004)
RIS- Dokumentnummer LRWI/F220/000

 

Gesetz betreffend allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für
die von den Abgabenbehörden der Stadt Wien verwalteten Abgaben
(Wiener Abgabenordnung - WAO.)

Fundstellen der Rechtsvorschrift und ihrer Änderungen

Datum Publ.Blatt Fundstelle
21/09/1962 LGBl. Nr. 21/1962
08/01/1963 LGBl. Nr. 02/1963
20/03/1964 LGBl. Nr. 12/1964
14/12/1973 LGBl. Nr. 04/1974
27/06/1978 LGBl. Nr. 28/1978
30/09/1983 LGBl. Nr. 38/1983
12/08/1986 LGBl. Nr. 31/1986
26/02/1987 LGBl. Nr. 12/1987
25/03/1988 LGBl. Nr. 21/1988
03/12/1991 LGBl. Nr. 49/1991
16/09/1992 LGBl. Nr. 40/1992
09/03/1994 LGBl. Nr. 15/1994
31/07/1998 LGBl. Nr. 41/1998
23/12/1998 LGBl. Nr. 60/1998
02/03/2000 LGBl. Nr. 09/2000
20/02/2001 LGBl. Nr. 07/2001
17/04/2001 LGBl. Nr. 27/2001
12/06/2002 LGBl. Nr. 22/2002
31/01/2003 LGBl. Nr. 03/2003


Text
Der Wiener Landtag hat beschlossen:

Anwendungsbereich des Gesetzes

§ 1. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten in Angelegenheiten
a) der nicht bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben
(mit Ausnahme der im Wiener Landesgesetz über die Festsetzung
des Ausmaßes von Verwaltungsabgaben im Bereich des Landes und
der Gemeinde Wien vorgesehenen Verwaltungsabgaben in den
Angelegenheiten der Wiener Landes- und Gemeindeverwaltung) der
Stadt Wien,
b) der Grundsteuer, der Lohnsummensteuer und der
Kommunalsteuer, soweit nicht bundesgesetzliche Vorschriften
anzuwenden sind,
soweit diese Abgaben von Organen der Stadt Wien verwaltet
werden und nicht Abgabenbehörden des Bundes einzuschreiten
haben.

§ 2. (1) Abgaben im Sinn dieses Gesetzes sind, wenn nicht
anderes angeordnet ist, neben den im § 1 bezeichneten Abgaben
auch die Nebenansprüche zu diesen Abgaben.
(2) Zu den Nebenansprüchen gehören insbesondere
a) die Abgabenerhöhungen,
b) der Verspätungszuschlag,
c) die im Abgabenverfahren auflaufenden Kosten und die in
diesem Verfahren festgesetzten Zwangs- und Ordnungsstrafen
sowie die Kosten der Ersatzvornahme,
d) die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungszinsen, die
Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag, die Mahngebühr und die
Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und
Sicherungsverfahrens.
(3) Abgabenvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind die
Wiener Abgabenordnung sowie alle Gesetze und Verordnungen, die
jene Abgaben, auf die dieses Gesetz anzuwenden ist (§ 1),
regeln oder sichern.


1. ABSCHNITT

Allgemeine Bestimmungen

A. Entstehung des Abgabenanspruches

§ 3. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand
verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die
Abgabenpflicht knüpft.
(2) Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer
Abgabe ist ohne Einfluß auf die Entstehung des
Abgabenanspruches.
XE "Gesamtschuld und Haftung# Ankündigungsabgabe" XE
"Haftung# Ankündigungsabgabe"

B. Gesamtschuld und Haftung

§ 4. (1) Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe
abgabenrechtliche Leistung schulden, sind Gesamtschuldner
(Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB.).
(2) Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind,
sind ebenfalls Gesamtschuldner; dies gilt insbesondere auch für
die Gesellschafter (Mitglieder) einer nach bürgerlichem Recht
nicht rechtsfähigen Personenvereinigung (Personengemeinschaft)
hinsichtlich jener Abgaben, für die diese Personenvereinigung
(Personengemeinschaft) als solche abgabepflichtig ist.

§ 5. (1) Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe
haften, werden durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 171) zu
Gesamtschuldnern.
(2) Persönliche Haftungen (Abs. 1) erstrecken sich auch auf
Nebenansprüche (§ 2 Abs. 1 und 2).

§ 6. Wenn Abgabenvorschriften eine sachliche Haftung für eine
Abgabe für sich allein oder neben einer persönlichen Haftung
vorsehen, kann die Abgabenbehörde bis zur vollständigen
Entrichtung der Abgabe sowohl den Abgabepflichtigen in Anspruch
nehmen als auch persönliche sowie sachliche Haftungen geltend
machen.

§ 7. (1) Die in den §§ 54 ff. bezeichneten Vertreter und
sonstigen Verpflichteten haften neben den Abgabepflichtigen für
die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge
schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen
Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher
oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne
Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im
Falle der Konkurseröffnung.
(2) Notare, Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder haften
wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufes bei der
Beratung in Abgabensachen vorgenommen haben, gemäß Abs. 1 nur
dann, wenn diese Handlungen über Anzeige der Abgabenbehörde von
der zuständigen Disziplinarbehörde als eine Verletzung ihrer
Berufspflichten festgestellt wurden.

§ 8. Für Zwangs- und Ordnungsstrafen, die gegen
Parteienvertreter, ausgenommen Notare, Rechtsanwälte und
Wirtschaftstreuhänder, verhängt werden, haftet der Vertretene.

§ 9. Bei Verletzung der Abgabenvorschriften haften rechts-
kräftig bestrafte Täter und Mitschuldige, wenn sie nicht selbst
abgabepflichtig sind, für den Betrag, um den die Abgaben
verkürzt wurden.

§ 10. Die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und
nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen
Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit haften
persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der
Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des
bürgerlichen Rechtes.

§ 11. Juristische Personen, die dem Willen eines anderen
Unternehmens (Unternehmers) derart untergeordnet sind, daß sie
keinen eigenen Willen haben (Organgesellschaft), haften für
diejenigen Abgaben des beherrschenden Unternehmens
(Unternehmers), bei denen die Abgabepflicht sich auf den Be-
trieb des beherrschten Unternehmens gründet.

§ 12. (1) Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines
Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet,
so haftet der Erwerber
1. für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den
Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die
Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden
Kalenderjahres entfallen;
2. für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten,
vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren,
mit folgenden Einschränkungen:
Der Erwerber haftet für die Abgabenrückstände jedes
Kalenderjahres bis zu 110 vH des Steuerbetrages, der im
zweitvorangegangenen Kalenderjahr im erworbenen Betrieb
angefallen ist; hat der Betrieb nicht das ganze Vergleichsjahr
bestanden, so ist der im Vergleichsjahr angefallene Steuerbe-
trag auf ein ganzes Jahr hochzurechnen, hat er überhaupt nicht
bestanden, so ist ein vergleichbarer Betrieb heranzuziehen.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten nicht bei einem Erwerb
im Wege der Zwangsvollstreckung, des Konkurses, des
Ausgleichsverfahrens (auch des fortgesetzten Verfahrens) oder
der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger.

§ 13. (1) Personen, die als Erben, Kuratoren, Liquidatoren oder
sonst bei Wegfall eines Abgabepflichtigen zur Verwaltung seines
Vermögens berufen sind und erkennen, daß Erklärungen, die der
Abgabepflichtige zur Festsetzung von Abgaben (§§ 146 bis 153)
abzugeben hatte, unrichtig oder unvollständig sind oder daß es
der Abgabepflichtige pflichtwidrig unterlassen hat, solche
Erklärungen abzugeben, haften für die vorenthaltenen Abgabenbe-
träge, soweit sie diese nicht selbst schulden, wenn sie den
erkannten Verstoß nicht binnen drei Monaten, vom Zeitpunkt der
Kenntnis an gerechnet, der Abgabenbehörde anzeigen.
(2) Abs. 1 gilt sinngemäß für die Erwerber von Unternehmen, auf
deren Betrieb sich eine Abgabepflicht gründet, sowie bei einem
Wechsel in der Person des gesetzlichen Vertreters.
(3) Trifft die Verpflichtung zur Anzeige gemäß Abs. 1 oder 2
mehrere Personen, so bewirkt die rechtzeitige Erstattung der
Anzeige durch eine dieser Personen das Erlöschen der Haftung
für alle Anzeigepflichtigen.

§ 14. Stehen Wirtschaftsgüter, die einem gewerblichen oder
einem land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen dienen, nicht
im Eigentum des Unternehmers (Mitunternehmers), sondern im
Eigentum einer an der Körperschaft wesentlich beteiligten
Person, so haftet der Eigentümer der Wirtschaftsgüter mit
diesen Gütern für die Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht
auf den Betrieb des Unternehmens gründet. Eine Person gilt als
wesentlich beteiligt, wenn sie zu mehr als einem Viertel am
Kapital der Körperschaft beteiligt ist.

§ 15. Gegenstände, die einer Verbrauchsteuer unterliegen,
haften ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter für den Betrag der
darauf ruhenden Abgaben. Die Haftung beginnt mit der Entstehung
des Abgabenanspruches (§ 3) und endet mit seinem Erlöschen.

§ 16. Sonstige in Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen,
die eine persönliche oder sachliche Haftung festlegen, bleiben
unberührt.

§ 17. (1) Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen die sich aus
Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des
Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang
der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die
Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.
(2) Mit der Beendigung von Personenvereinigungen
(Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehen
deren sich aus Abgabenvorschriften ergebende Rechte und
Pflichten auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter
(Mitglieder) über. Hinsichtlich Art und Umfang der
Inanspruchnahme der ehemaligen Gesellschafter (Mitglieder) für
Abgabenschulden der Personenvereinigung (Personengemeinschaft)
tritt hiedurch keine Änderung ein.


C. Abgabenrechtliche Grundsätze und Begriffsbestimmungen

1. Ermessen

§ 18. Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem
Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen
sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht.
Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach
Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in
Betracht kommenden Umstände zu treffen.

2. Wirtschaftliche Betrachtungsweise

§ 19. (1) Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist in
wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche
Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes
maßgebend.
(2) Vom Abs. 1 abweichende Grundsätze der Abgabenvorschriften
bleiben unberührt.

§ 20. (1) Durch Mißbrauch von Formen und
Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes kann die
Abgabepflicht nicht umgangen oder gemindert werden.
(2) Liegt ein Mißbrauch (Abs. 1) vor, so sind die Abgaben so
festzusetzen und einzuheben, wie sie bei einer den
wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen
angemessenen rechtlichen Gestaltung festzusetzen und einzuheben
wären.

3. Scheingeschäfte, Formmängel, Anfechtbarkeit

§ 21. (1) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für
die Verwaltung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein
Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das
verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenverwaltung maßgebend.
(2) Die Festsetzung und Einhebung einer Abgabe wird nicht
dadurch ausgeschlossen, daß ein Verhalten (ein Handeln oder ein
Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder
einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein
gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten
verstößt.
(3) Ist ein Rechtsgeschäft wegen eines Formmangels oder wegen
des Mangels der Rechts- oder Handlungsfähigkeit nichtig, so ist
dies für die Verwaltung der Abgaben insoweit und so lange ohne
Bedeutung, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen
dessen wirtschaftliches Ergebnis eintreten und bestehen lassen.
(4) Die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes ist für die
Verwaltung von Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung,
als nicht die Anfechtung mit Erfolg durchgeführt ist.
(5) Von den Bestimmungen der Abs. 2 bis 4 abweichende
Regelungen der Abgabenvorschriften bleiben unberührt.

4. Zurechnung

§ 22. (1) Für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter gelten bei
der Verwaltung von Abgaben, soweit in den Abgabenvorschriften
nicht anderes bestimmt ist, folgende Vorschriften:
a) Wirtschaftsgüter, die zum Zweck der Sicherung übereignet
worden sind, werden demjenigen zugerechnet, der die Sicherung
einräumt;
b) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden
sind, werden dem Treugeber zugerechnet;
c) Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für einen Treugeber
erworben worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet;
d) Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich
einem Eigentümer ausübt, werden diesem zugerechnet;
e) Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen ungeteilt gehören,
sind diesen so zuzurechnen, als wären sie nach Bruchteilen
berechtigt. Die Höhe der Bruchteile ist nach den Anteilen zu
bestimmen, zu denen die beteiligten Personen an dem Vermögen
ungeteilt berechtigt sind, oder, wenn die Anteile nicht
feststellbar sind, nach dem Verhältnis dessen, was den
beteiligten Personen bei Auflösung der Gemeinschaft zufallen
würde.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten auch für wirtschaftliche
Einheiten im Sinn des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148.

5. Angehörige

§ 23. Angehörige im Sinn der Abgabenvorschriften sind
1. der Ehegatte;
2. die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten
und dritten Grades in der Seitenlinie, und zwar auch dann, wenn
die Verwandtschaft auf einer unehelichen Geburt beruht;
3. die Verschwägerten in gerader Linie und die Verschwägerten
zweiten Grades in der Seitenlinie, und zwar auch in Fällen
unehelicher Verwandtschaft;
4. die Wahl(Pflege)eltern und die Wahl(Pflege)kinder.

6. Wohnsitz, Aufenthalt, Sitz

§ 24. (1) Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat
jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die
darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und
benutzen wird.
(2) Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften
hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die
erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Land nicht
nur vorübergehend verweilt.

§ 25. (1) Körperschaften, Personenvereinigungen sowie
Vermögensmassen haben ihren Sitz im Sinn der
Abgabenvorschriften an dem Ort, der durch Gesetz, Vertrag,
Satzung, Stiftungsbrief und dergleichen bestimmt ist. Fehlt es
an einer solchen Bestimmung, so gilt als Sitz der Ort der Ge-
schäftsleitung.
(2) Als Ort der Geschäftsleitung ist der Ort anzunehmen, an dem
sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet.

7. Gewerbebetrieb, Betriebsstätte, wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb, Vermögensverwaltung

§ 26. Eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit
Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist
Gewerbebetrieb im Sinn der Abgabenvorschriften, wenn die
Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft
noch als Ausübung der eines freien Berufes noch als eine andere
selbständige Arbeit im Sinn des Einkommensteuerrechtes
anzusehen ist. Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine
Voraussetzungen im übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn
das Streben nach Gewinn (die Gewinnabsicht) nur ein Nebenzweck
ist.

§ 27. (1) Betriebsstätte im Sinn der Abgabenvorschriften ist
jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung
eines Gewerbebetriebes dient.
(2) Als Betriebsstätten gelten insbesondere
a) die Stätte, an der sich die Geschäftsleitung befindet;
b) Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein-
und Verkaufsstellen, Landungsbrücken (Anlegestellen von
Schiffahrtsgesellschaften), Geschäftsstellen und sonstige
Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder seinem
ständigen Vertreter zur Ausübung des Gewerbes dienen;
c) Bauausführungen, deren Dauer sechs Monate überstiegen hat
oder voraussichtlich übersteigen wird.

§ 28. (1) Ein Eisenbahnunternehmen hat eine Betriebsstätte nur
dann in Wien, wenn sich hier der Sitz der Verwaltung, eine
Station oder eine für sich bestehende Werkstätte oder eine
sonstige gewerbliche Anlage befindet, ein Bergbauunternehmen
nur dann in Wien, wenn sich hier oberirdische Anlagen befinden,
in denen eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird.
(2) Ein Unternehmen, das der Versorgung mit Wasser, Gas,
Elektrizität, Wärme, Erdöl oder dessen Derivaten dient, hat
keine Betriebsstätte in Wien, wenn nur eine Leitung durch Wien
geführt wird, in Wien aber Wasser, Gas, Elektrizität, Wärme,
Erdöl oder dessen Derivate nicht abgegeben werden.

§ 29. Eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die ohne
Gewinnabsicht unternommen wird, ist wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb im Sinn der Abgabenvorschriften, wenn durch
die Betätigung Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile
erzielt werden und die Betätigung über den Rahmen einer
Vermögensverwaltung (§ 30) hinausgeht.

§ 30. Vermögensverwaltung im Sinn der Abgabenvorschriften liegt
insbesondere vor, wenn Vermögen genutzt (Kapitalvermögen
verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder
verpachtet) wird. Die Nutzung des Vermögens kann sich aber auch
als Gewerbebetrieb oder als land- und forstwirtschaftlicher
Betrieb darstellen, wenn die gesetzlichen Merkmale solcher
Betriebe gegeben sind.

§ 31. Von den Bestimmungen der §§ 26 bis 30 abweichende
Regelungen der Abgabenvorschriften bleiben unberührt.

8. Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke

§ 32. (1) Die Begünstigungen, die bei Betätigung für
gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf
abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften
gewährt werden, sind an die Voraussetzungen geknüpft, daß die
Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die
Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftung oder
ihrer sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen
Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung
der genannten Zwecke im Bundesgebiet dient.
(2) Die in den §§ 33 bis 45 für Körperschaften enthaltenen
Bestimmungen gelten auch für Personenvereinigungen,
Vermögensmassen und für Betriebe gewerblicher Art von
Körperschaften des öffentlichen Rechtes.

§ 33. (1) Gemeinnützig sind solche Zwecke, durch deren
Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird.
(2) Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nur vor, wenn die
Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem
oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt insbesondere für die
Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege,
der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, der Fürsorge für
alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete
Personen, des Körpersports, des Volkswohnungswesens, der
Schulbildung, der Erziehung, der Volksbildung, der
Berufsausbildung, der Denkmalpflege, des Natur-, Tier- und
Höhlenschutzes, der Heimatkunde, der Heimatpflege und der
Bekämpfung von Elementarschäden.

§ 34. (1) Ein Personenkreis ist nicht als Allgemeinheit
aufzufassen, wenn er durch ein engeres Band, wie Zugehörigkeit
zu einer Familie, zu einem Familienverband oder zu einem Verein
mit geschlossener Mitgliederzahl, durch Anstellung an einer
bestimmten Anstalt und dergleichen fest abgeschlossen ist oder
wenn infolge seiner Abgrenzung nach örtlichen, beruflichen oder
sonstigen Merkmalen die Zahl der in Betracht kommenden Personen
dauernd nur klein sein kann.
(2) Der Umstand, daß die Erträge eines Unternehmens einer
Gebietskörperschaft zufließen, bedeutet für sich allein noch
keine unmittelbare Förderung der Allgemeinheit.

§ 35. Mildtätig (humanitär, wohltätig) sind solche Zwecke, die
darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu
unterstützen.

§ 36. (1) Kirchlich sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung
gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften
gefördert werden.
(2) Zu den kirchlichen Zwecken gehören insbesondere die
Errichtung, Erhaltung und Ausschmückung von Gottes(Bet)häusern
und kirchlichen Gemeinde(Pfarr)häusern, die Abhaltung des
Gottesdienstes, von kirchlichen Andachten und sonstigen
religiösen oder seelsorglichen Veranstaltungen, die Ausbildung
von Geistlichen und Ordenspersonen, die Erteilung von
Religionsunterricht, die Beerdigung und Pflege des Andenkens
der Toten in religiöser Hinsicht, ferner die Verwaltung des
Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen und der
kirchlichen Dienstnehmer, die Alters- und Invalidenversorgung
dieser Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen ein-
schließlich der Schaffung und Führung besonderer Einrichtungen
(Heime) für diesen Personenkreis.

§ 37. Ausschließliche Förderung liegt vor, wenn folgende fünf
Voraussetzungen zutreffen:
1. Die Körperschaft darf keine anderen als gemeinnützige,
mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen;
2. die Körperschaft darf keinen Gewinn erstreben. Die
Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft
als Mitglieder keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der
Körperschaft erhalten;
3. die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei
Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre
eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer
Sacheinlagen zurückerhalten, der nach dem Zeitpunkt der
Leistung der Einlagen zu berechnen ist;
4. die Körperschaft darf keine Person durch Verwaltungsausgaben
die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch
unverhältnismäßig hohe Vergütungen (Vorstandsgehälter oder
Aufsichtsratsvergütungen) begünstigen;
5. bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei
Wegfall ihres bisherigen Zweckes darf das Vermögen der
Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der
Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern
geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für gemeinnützige,
mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet werden.

§ 38. (1) Unmittelbare Förderung liegt vor, wenn eine
Körperschaft den gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen
Zweck selbst erfüllt. Dies kann auch durch einen Dritten
geschehen, wenn dessen Wirken wie eigenes Wirken der
Körperschaft anzusehen ist.
(2) Eine Körperschaft, die sich auf die Zusammenfassung,
insbesondere Leitung ihrer Unterverbände beschränkt, dient
gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken, wenn alle
Unterverbände gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen
Zwecken dienen.

§ 39. (1) Die Satzung der Körperschaft muß eine ausschließliche
und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen,
mildtätigen oder kirchlichen Zweck ausdrücklich vorsehen und
diese Betätigung genau umschreiben.
(2) Eine ausreichende Bindung der Vermögensverwendung im Sinn
des § 37 Z. 5 liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen
bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall
ihres bisherigen Zweckes zu verwenden ist, in der Satzung (Abs.
1) so genau bestimmt wird, daß auf Grund der Satzung geprüft
werden kann, ob der Verwendungszweck als gemeinnützig,
mildtätig oder kirchlich anzuerkennen ist.
(3) Wird eine Satzungsbestimmung, die eine Voraussetzung der
Abgabenbegünstigung betrifft, nachträglich geändert, ergänzt,
eingefügt oder aufgehoben, so hat dies die Körperschaft der
Abgabenbehörde binnen einem Monat bekanntzugeben.

§ 40. Die tatsächliche Geschäftsführung einer Körperschaft muß
auf ausschließliche und unmittelbare Erfüllung des
gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes
eingestellt sein und den Bestimmungen entsprechen, die die
Satzung aufstellt.

§ 41. Die Satzung (§ 39) und die tatsächliche Geschäftsführung
(§ 40) müssen, um die Voraussetzung für eine abgabenrechtliche
Begünstigung zu schaffen, den Erfordernissen dieses Gesetzes im
Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld entsprechen.

§ 42. (1) Einer Körperschaft, die einen Gewerbebetrieb oder
einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, kommt
eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet wegen
Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke
nicht zu.
(2) Die Abgabenbehörde zweiter Instanz ist ermächtigt, von der
Geltendmachung einer Abgabepflicht in den Fällen des Abs. 1
ganz oder teilweise abzusehen, wenn andernfalls die Erreichung
des von der Körperschaft verfolgten gemeinnützigen, mildtätigen
oder kirchlichen Zweckes vereitelt oder wesentlich gefährdet
wäre. Eine solche Bewilligung kann von Bedingungen und Auflagen
abhängig gemacht werden, die mit der Erfüllung der
gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke
zusammenhängen oder die Erreichung dieser Zwecke zu fördern
geeignet sind.

§ 43. (1) Unterhält eine Körperschaft, die die Voraussetzungen
einer Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet im übrigen
erfüllt, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 29), so ist
sie nur hinsichtlich dieses Betriebes abgabepflichtig, wenn er
sich als Mittel zur Erreichung der gemeinnützigen, mildtätigen
oder kirchlichen Zwecke darstellt. Diese Voraussetzung ist
gegeben, wenn durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine
Abweichung von den im Gesetz, in der Satzung, Stiftung oder
sonstigen Verfassung der Körperschaft festgelegten Zwecken
nicht eintritt und die durch den wirtschaftlichen Geschäfts-
betrieb erzielten Überschüsse der Körperschaft zur Förderung
ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke
dienen. Dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugehöriges
Vermögen gilt als Betriebsvermögen, aus diesem erzielte
Einkünfte sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.
(2) Die Abgabepflicht hinsichtlich des wirtschaftlichen
Geschäftsbetriebes entfällt, wenn dieser sich als ein zur
Erreichung des begünstigten Zweckes unentbehrlicher
Hilfsbetrieb darstellt. Dies trifft zu, wenn die folgenden drei
Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muß in seiner
Gesamtrichtung auf Erfüllung der gemeinnützigen, mildtätigen
oder kirchlichen Zwecke eingestellt sein;
b) die genannten Zwecke dürfen nicht anders als durch den
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erreichbar sein;
c) der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf zu
abgabepflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht
in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als dies bei Erfüllung
der Zwecke unvermeidbar ist.
(3) Unterhält eine Körperschaft einen wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb, auf den weder die Voraussetzungen des Abs. 1
noch jene des Abs. 2 zutreffen, so findet § 42 Anwendung.

§ 44. Betreibt eine Körperschaft, die die Voraussetzungen für
eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet im übrigen
erfüllt, eine Krankenanstalt (Heil- und Pflegeanstalt), so wird
diese Anstalt auch dann als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
gemäß § 43 Abs. 1 behandelt, wenn sich die Körperschaft von der
Absicht leiten läßt, durch den Betrieb der Anstalt Gewinn zu
erzielen. Die Anstalt ist gleich einem unentbehrlichen Hilfsbe-
trieb gemäß § 43 Abs. 2 abgabefrei, wenn es sich um eine im
Sinn des Wiener Krankenanstaltengesetzes, LGBl. für Wien Nr.
1/1958, in der jeweils geltenden Fassung, gemeinnützig
betriebene Krankenanstalt handelt.

§ 45. Die Betätigung einer Körperschaft für Zwecke der
Verwaltung ihres Vermögens (§ 30) steht der Gewährung von
Begünstigungen auf abgabenrechtlichem Gebiet (§ 32) nicht
entgegen.


2. ABSCHNITT

Abgabenbehörden und Parteien

XE "Abgabenbehörden" A. Abgabenbehörden

1. Allgemeine Bestimmungen

§ 46. (1) Abgabenbehörden sind die mit der Verwaltung der im §
1 bezeichneten öffentlichen Abgaben betrauten Behörden der
Stadt Wien.
(2) Unter Verwaltung im Sinn dieses Gesetzes sind alle der
Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden
abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen.

2. Zuständigkeit

§ 47. Als Abgabenbehörde erster Instanz ist der Magistrat
zuständig, soweit die Abgabenvorschriften nicht anderes
anordnen.

§ 48. Als Abgabenbehörde zweiter Instanz ist die
Abgabenberufungskommission zuständig.

§ 49. Die Abgabenbehörden haben ihre Zuständigkeit von Amts
wegen wahrzunehmen. Langen bei ihnen Anbringen ein, zu deren
Behandlung sie nicht zuständig sind, so haben sie diese ohne
unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die
zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese
zu weisen.

3. Befangenheit von Organen der Abgabenbehörden

§ 50. (1) Organe der Abgabenbehörden haben sich der Ausübung
ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung
zu veranlassen,
a) wenn es sich um ihre eigenen Abgabenangelegenheiten oder um
jene eines ihrer Angehörigen (§ 23), ihres Mündels oder
Pflegebefohlenen handelt;
b) wenn sie als Vertreter einer Partei (§ 52) noch bestellt
sind oder innerhalb der letzten fünf Jahre bestellt waren;
c) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind,
ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
d) im Rechtsmittelverfahren vor der Abgabenbehörde zweiter
Instanz überdies, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen
Bescheides mitgewirkt haben oder wenn eine der in lit. a
genannten Personen dem Verfahren beigetreten ist.
(2) Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein
anderes Organ nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das
befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst
vorzunehmen.

B. Parteien und deren Vertretung

1. Allgemeine Bestimmungen

§ 51. (1) Abgabepflichtiger im Sinn dieses Gesetzes ist, wer
nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht
kommt.
(2) Die für die Abgabepflichtigen getroffenen Anordnungen
gelten, soweit nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß auch für
die kraft abgabenrechtlicher Vorschriften persönlich für eine
Abgabe Haftenden.

§ 52. (1) Partei im Abgabenverfahren ist der Abgabenpflichtige
(§ 51), im Berufungsverfahren auch jeder, der eine Berufung
einbringt (Berufungswerber) oder einem Berufungsverfahren
beigetreten ist (§ 192 und § 201).
(2) Parteien des Abgabenverfahrens sind ferner
a) im Verfahren über eine Zwangs- oder Ordnungsstrafe die
Personen, gegen die eine solche Strafe verhängt wird;
b) im Verfahren über einen Kostenersatz die Personen, denen die
Verpflichtung zum Kostenersatz auferlegt wird.
(3) Andere als die genannten Personen haben die Rechtsstellung
einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund
abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer
Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit
einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.

§ 53. Für die Rechtsfähigkeit und die Handlungsfähigkeit gelten
die Bestimmung des bürgerlichen Rechtes.

2. Vertreter

§ 54. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen
Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen
haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen
obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte
wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die
Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die gleiche Pflicht trifft Personen, denen die Bestellung von
Vertretern juristischer Personen zukommt, wenn kein Vertreter
bestellt ist. Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten
der Abgabepflichtigen oder ihrer Vertreter tatsächlich Einfluß
nehmen, haben sie diesen Einfluß dahingehend auszuüben, daß
diese Pflichten erfüllt werden.
(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den
Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern
zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung
reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

§ 55. (1) Bei Personenvereinigungen ohne eigene
Rechtspersönlichkeit, die als solche abgabepflichtig sind, und
bei Personengemeinschaften, denen gemeinschaftliche Einkünfte
zufließen, haben die Geschäftsführer und, wenn solche nicht
vorhanden sind, die Gesellschafter (Mitglieder) die Pflichten
zu erfüllen, die der Personenvereinigung (Personengemeinschaft)
wegen der Verwaltung von Abgaben auferlegt sind. Im übrigen
gilt § 54 Abs. 1 sinngemäß.
(2) Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen
Obliegenheiten mehrere Personen in Betracht, so haben diese
einen gemeinsamen Bevollmächtigten zu bestellen und der
Abgabenbehörde bekanntzugeben. Solange dies nicht geschehen
ist, kann die Abgabenbehörde eine dieser Personen als Vertreter
mit Wirkung für die Gesamtheit behandeln. Die übrigen Personen
sind hievon zu verständigen.
(3) Die Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß für Vermögensmassen, die
als solche der Besteuerung unterliegen.

§ 56. (1) Soll gegen eine nicht voll handlungsfähige Person,
die eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, oder gegen eine
Person, deren Aufenthalt unbekannt ist, eine Amtshandlung
vorgenommen werden, so kann die Abgabenbehörde, wenn die
Wichtigkeit der Sache es erfordert, auf Kosten des zu
Vertretenden beim zuständigen Bezirksgericht die Bestellung
eines gesetzlichen Vertreters beantragen.
(2) Ist zweifelhaft, wer zur Vertretung eines Nachlasses befugt
ist oder wer beim Wegfall einer juristischen Person oder eines
dieser ähnlichen Gebildes oder eines sonst verbleibenden
Vermögens vertretungsbefugt ist, gilt Abs. 1 sinngemäß.

§ 57. (1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können
sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich
gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten
lassen. Unter der gleichen Voraussetzung können sich die
Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter auch durch Personenge-
meinschaften und juristische Personen, die eine Befugnis zur
Ausübung der Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders haben,
vertreten lassen. Die Vertretungsbefugnis ist über Aufforderung
der Abgabenbehörde durch eine schriftliche Vollmacht
nachzuweisen.
(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des
Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber
auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des
bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die
Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der
Bestimmungen des § 59 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.
(3) Vor der Abgabenbehörde kann eine Vollmacht auch mündlich
erteilt werden, hierüber ist eine Niederschrift aufzunehmen.
(4) Die Bestellung eines Vertreters gilt auch als Erteilung der
Zustellvollmacht an diesen Vertreter, solange nicht ein
eingeschränkter Vollmachtsumfang bekanntgegeben wird.
(5) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus,
daß sich die Abgabenbehörde unmittelbar an den Vollmachtgeber
selbst wendet oder daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen
Erklärungen abgibt.

§ 58. (1) Die Abgabenbehörde hat solche Personen als
Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer
geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu
befugt zu sein. Gleichzeitig ist der Vollmachtgeber von der
Ablehnung in Kenntnis zu setzen.
(2) Das von einer abgelehnten Person in Sachen des
Vollmachtgebers nach der Ablehnung schriftlich oder mündlich
Vorgebrachte ist ohne abgabenrechtliche Wirkung.

3. ABSCHNITT
XE "Verkehr zwischen Abgabenbehörden, Parteien und sonstigen
Personen"
Verkehr zwischen Abgabenbehörden, Parteien und sonstigen
Personen
XE "Anbringen# Abgabenordnung"
A. Anbringen

§ 59. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur
Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen,
Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel)
sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich
einzureichen (Eingaben). Als schriftlich gilt auch die
telegraphische, fernschriftliche oder nach Maßgabe der bei der
Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden technischen Mittel auch
eine auf jede technisch mögliche Weise erfolgte Einreichung der
Anbringen.
(2) Formgebrechen von Eingaben berechtigen an sich die
Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem
Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis
aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer
gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als
zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben,
gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1
bezeichneten Art entgegenzunehmen,
a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder
b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens
zweckmäßig ist, oder
c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen
persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.
Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde
nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden
verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag
kundzumachen sind.
(4) Erachtet die Abgabenbehörde die Bestätigung eines
schriftlichen Anbringens durch eine eigenhändige und
urschriftliche Unterschrift für erforderlich oder fordert sie
gemäß § 57 Abs. 1 eine Vollmacht an, so gelten für die Bei-
bringung der Unterschrift oder der Vollmacht die Bestimmungen
des Abs. 2 sinngemäß.

§ 60. Anbringen, die nicht unter § 59 Abs. 1 fallen, können
mündlich vorgebracht werden, soweit nicht die Wichtigkeit oder
der Umfang des Anbringens die schriftliche Behandlung
erfordert.
XE "Niederschriften# Abgabenordnung"
B. Niederschriften

§ 61. (1) In den Fällen des § 59 Abs. 3 ist das Anbringen,
soweit nicht in Abgabenvorschriften anderes bestimmt ist,
seinem wesentlichen Inhalt nach in einer Niederschrift
festzuhalten.
(2) Niederschriften sind ferner über die Einvernahme von
Auskunftspersonen, Zeugen und Sachverständigen sowie über die
Durchführung eines Augenscheines aufzunehmen.
(3) Niederschriften sind derart abzufassen, daß bei Weglassung
alles nicht zur Sache Gehörigen der Verlauf und Inhalt der
Amtshandlung richtig und verständlich wiedergegeben wird.
Außerdem hat jede von einer Abgabenbehörde aufgenommene
Niederschrift zu enthalten:
a) Ort, Zeit und Gegenstand der Amtshandlung und, wenn schon
frühere, darauf bezügliche Amtshandlungen vorliegen,
erforderlichenfalls eine kurze Darstellung des dermaligen
Standes der Sache;
b) die Benennung der Abgabenbehörde und die Namen des Leiters
der Amtshandlung und der sonst mitwirkenden amtlichen Organe,
der anwesenden Parteien und ihrer Vertreter sowie der etwa
vernommenen Zeugen und Sachverständigen;
c) die eigenhändige Unterschrift des die Amtshandlung leitenden
Organs.
(4) Jede Niederschrift ist den vernommenen oder sonst
beigezogenen Personen vorzulegen und von ihnen durch Beisetzung
ihrer eigenhändigen Unterschrift zu bestätigen. Kann eine
Person nicht oder nur mittels Handzeichen unterfertigen, hat
sie die Unterfertigung verweigert oder sich vor Abschluß der
Niederschrift oder des ihre Aussage enthaltenden Teiles der
Niederschrift entfernt, so ist unter Angabe des Grundes, aus
dem die Unterfertigung nicht erfolgte, die Richtigkeit der
schriftlichen Wiedergabe von dem die Amtshandlung leitenden
Organ ausdrücklich zu bestätigen.
(5) In der Niederschrift darf nichts Erhebliches ausgelöscht,
hinzugefügt oder verändert werden. Durchstrichene Stellen
sollen noch lesbar bleiben. Erhebliche Zusätze oder
Einwendungen des Vernommenen wegen behaupteter Unvollständig-
keit oder Unrichtigkeit der Niederschrift sind in einen Nach-
trag aufzunehmen und abgesondert zu bestätigen.
(6) Die Niederschrift kann, wenn kein Einwand erhoben wird,
auch in Kurzschrift abgefaßt werden; sie ist nachträglich in
Vollschrift zu übertragen.
(7) Über Verlangen ist von einer Niederschrift der Partei, von
der gemäß Abs. 2 aufgenommenen Niederschrift der vernommenen
Person eine Abschrift auszufolgen.

§ 62. Soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, liefert eine
gemäß § 61 aufgenommene Niederschrift über den Gegenstand und
den Verlauf der betreffenden Amtshandlung Beweis.

XE "Aktenvermerke# Abgabenordnung" C. Aktenvermerke

§ 63. (1) Amtliche Wahrnehmungen und Mitteilungen, die der
Abgabenbehörde telephonisch zugehen, ferner mündliche
Belehrungen, Aufforderungen und Anordnungen, über die keine
schriftliche Ausfertigung erlassen wird, schließlich Umstände,
die nur für den inneren Dienst der Abgabenbehörde in Betracht
kommen, sind, wenn nicht anderes bestimmt und kein Anlaß zur
Aufnahme einer Niederschrift gegeben ist, erforderlichenfalls
in einem Aktenvermerk kurz festzuhalten.
(2) Der Inhalt des Aktenvermerkes ist vom Amtsorgan durch
Beisetzung von Datum und Unterschrift zu bestätigen.

XE "Akteneinsicht# Abgabenordnung" D. Akteneinsicht

§ 64. (1) Die Abgabenbehörde hat den Parteien die Einsicht und
Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren
Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer
abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung
abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich ist.
(2) Von der Akteneinsicht ausgenommen sind Beratungsprotokolle,
Amtsvorträge, Erledigungsentwürfe und sonstige Schriftstücke
(Mitteilungen anderer Behörden, Meldungen, Berichte und
dergleichen), deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter
Interessen dritter Personen herbeiführen würde.
(3) Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist ein
abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

XE "Vorladungen# Abgabenordnung" E. Vorladungen

§ 65. (1) Die Abgabenbehörde ist berechtigt, Personen, die in
ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren
Erscheinen nötig ist, vorzuladen.
(2) In der Vorladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung
auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in
welcher Eigenschaft der Vorgeladene vor der Abgabenbehörde
erscheinen soll (Abgabepflichtiger, Zeuge, Sachverständiger und
so weiter) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen
sind. In der Vorladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Vor-
geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung
eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben
geknüpft sind.
(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige
begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die
Verpflichtung, der Vorladung Folge zu leisten, und kann zur
Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten werden.
Die Verhängung dieser Zwangsstrafen ist nur zulässig, wenn sie
in der Vorladung angedroht und die Vorladung zu eigenen Handen
zugestellt war.
(4) Gegen die Vorladung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

XE "Erledigungen# Abgabenordnung" F. Erledigungen

§ 66. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind unbeschadet
der Bestimmungen der §§ 146 und 152 als Bescheide zu erlassen,
wenn sie für einzelne Personen
a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben,
oder
b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder
c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines
Rechtsverhältnisses absprechen.
(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die
Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder
gestatten.

§ 67. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren
Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen
der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die
öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen
genügt.
(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen,
er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person
(Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die
er ergeht.
(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten
a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 59 Abs. 1 oder 3)
zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen
wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;
b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb
welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel
einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden
muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§
198).
(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine
Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht
ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist
nicht in Lauf gesetzt.
(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die
gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der
gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte
Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.
(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über
die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen
ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei
der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei
der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde.

§ 68. Verfügungen, die nur das Verfahren betreffen, können
schriftlich oder mündlich erlassen werden.

§ 69. Sonstige Erledigungen einer Abgabenbehörde können
mündlich ergehen, soweit nicht die Partei eine schriftliche
Erledigung verlangt. Der Inhalt mündlicher Erledigungen ist in
Aktenvermerken festzuhalten.

§ 70. (1) Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden
müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum
und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die
Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des
Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die
eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung
treten, daß die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des
betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das
Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung
aufweist.
(2) Ausfertigungen, die mittels einer automationsunterstützten
Datenverarbeitungsanlage hergestellt werden, bedürfen weder
einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie
weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als
durch den Leiter jener Dienststelle der Abgabenbehörde, um
deren Erledigung es sich handelt, genehmigt.

§ 71. (1) Erledigungen werden dadurch wirksam, daß sie
demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach
bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt
a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen
Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung
von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung (§§ 72 bis 82);
b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.
(2) Ist in einem Fall, in dem § 147 a Abs. 2 Anwendung findet,
die Rechtsnachfolge (Nachfolge im Besitz) nach Zustellung des
Bescheides an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) eingetreten, gilt
mit der Zustellung an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) auch die
Bekanntgabe des Bescheides an den Rechtsnachfolger (Nachfolger)
als vollzogen.

XE "Zustellung# Abgabenordnung" G. Zustellung

§ 72. Soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist, sind
Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982,
vorzunehmen.

§ 73. Wenn wichtige Gründe hiefür vorliegen, hat die
Abgabenbehörde die schriftlichen Ausfertigungen mit
Zustellnachweis zuzustellen. Bei Vorliegen besonders wichtiger
Gründe ist die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers zu
bewirken.

§ 74. (1) Ungeachtet einer Zustellungsbevollmächtigung sind
Vorladungen (§ 65) dem Vorgeladenen zuzustellen. Im
Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen können aus Gründen
der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und
Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustel-
lungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar
zugestellt werden.
(2) Eine Zustellungsbevollmächtigung ist Abgabenbehörden
gegenüber unwirksam, wenn sie sich nicht auf alle dem
Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen erstreckt, die im Zuge
eines Verfahrens ergehen.
(3) Wird durch einen Bescheid gemäß § 232 eine Klaglosstellung
(§ 33 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10; §
86 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953, BGBl. Nr. 85)
bewirkt, so gilt insoweit die gegenüber dem
Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof wirksame Zu-
stellungsbevollmächtigung auch gegenüber der den Bescheid
erlassenden Abgabenbehörde als erteilt.

§ 75. (1) Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere
Personen gerichtet, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung
schulden oder die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind,
und haben diese der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen
Zustellungsbevollmächtigten bekanntgegeben, so gilt mit der
Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen
die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese
Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.
(2) Wird ein Anbringen von mehreren Personen gemeinsam
eingebracht, so kann, soweit nicht der Abs. 1 anzuwenden ist,
aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung
und Beschleunigung des Verfahrens der an erster Stelle
genannten Person mit Wirkung für alle Personen, die das
Anbringen gestellt haben, zugestellt werden, wenn auf diese
Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

§ 76. Abgabenbehörden erster Instanz gegenüber besteht die
Verpflichtung zur Mitteilung im Sinne des § 8 Abs. 1 des
Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, für Abgabepflichtige auch
so lange, als von ihnen Abgaben wiederkehrend zu erheben sind.
§ 8 Abs. 2 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, ist
sinngemäß anzuwenden.

§ 77. Zustellungen im Ausland, die nicht gemäß § 11
Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, bewirkt werden können, sind
mittels eingeschriebenen Briefes gegen Rückschein zu bewirken.
Ist in dem betreffenden Staat ein Rückschein bei
eingeschriebenen Briefen nicht zulässig, so gilt die Zustellung
als vollzogen, sobald nach dem Tag der Aufgabe zur Post die
doppelte Zeit des regelmäßigen Postenlaufes verstrichen ist.

XE "Fristen# Abgabenordnung" H. Fristen

§ 83. (1) Bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen
bestimmt sind, wird der für den Beginn der Frist maßgebende Tag
nicht mitgerechnet.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden
mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des
letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für
den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser
Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des
letzten Tages dieses Monates.
(3) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage
oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf
einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder auf einen
Karfreitag, so ist der nächste Werktag als letzter Tag der
Frist anzusehen.
(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht
eingerechnet.

§ 84. Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche
Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist der Tag
maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§
71).

§ 85. (1) Gesetzlich festgesetzte Fristen können, wenn nicht
ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
(2) Von der Abgabenbehörde festgesetzte Fristen können
verlängert werden. Die Verlängerung kann nach Maßgabe der
Abgabenvorschriften von Bedingungen, insbesondere von einer
Sicherheitsleistung (§ 169), abhängig gemacht werden.
(3) Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung einer
Frist ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

XE "Strafen# Abgabenordnung#" J. Zwangs- und Ordungsstrafen

§ 86. (1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung
ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen
zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen
Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen
lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß der
Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung
einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten
Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die
Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im
Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 1 400 Euro
nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein
abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

§ 87. (1) Das Organ einer Abgabenbehörde, das eine Amtshandlung
leitet, hat für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die
Wahrung des Anstandes zu sorgen.
(2) Personen, die die Amtshandlung stören oder durch
ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, sind zu ermahnen;
bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach
vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung
verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufge-
tragen oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 140 Euro verhängt
werden.
(3) Die gleiche Ordnungsstrafe kann die Abgabenbehörde gegen
Personen verhängen, die sich in schriftlichen Eingaben einer
beleidigenden Schreibweise bedienen.

§ 88. Gegen öffentliche Organe, die in Ausübung ihres Amtes als
Vertreter einschreiten, und gegen Bevollmächtigte, die zur
berufsmäßigen Parteienvertretung befugt sind, ist, wenn sie
einem Disziplinarrecht unterstehen, keine Ordnungsstrafe zu
verhängen, sondern die Anzeige an die Disziplinarbehörde zu
erstatten.


4. ABSCHNITT
XE "Verwaltung der Abgaben# Abgabenordnung"
Allgemeine Bestimmungen über die Verwaltung der Abgaben

A. Grundsätzliche Anordnungen

§ 89. Die Abgabenbehörden haben darauf zu achten, daß alle
Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfaßt und
gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, daß
Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben
alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist,
sorgfältig zu ermitteln und die Nachrichten darüber zu sammeln
sowie fortlaufend zu ergänzen.

§ 90. (1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle
zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und
rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die
Abgabepflicht und die Verwaltung der Abgaben wesentlich sind.
(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer
Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und
amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu
prüfen und zu würdigen.
(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie
auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über
tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu
würdigen.

§ 91. (1) Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes
bestimmen, sind die Abgabenbehörden berechtigt, im
Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als
Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den
Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden
Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 19
und 20) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.
(2) Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche
Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, sind von der
Abgabenbehörde im Sinne des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung
besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in
dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des
Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war.

B. Obliegenheiten der Abgabepflichtigen

1. Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

§ 92. (1) Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht
oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen
bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe
der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß
vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen,
Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des
Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche
Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die
Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die
Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstbemessung des
Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.

2. Anzeigepflicht

§ 93. Die Abgabepflichtigen haben der Abgabenbehörde alle
Umstände anzuzeigen, die ihre Abgabepflicht begründen, ändern
oder beendigen. Sie haben auch den Wegfall von Voraussetzungen
für eine Befreiung von einer Abgabe anzuzeigen.

§ 94. Die Anzeigen gemäß § 93 sind binnen einem Monat,
gerechnet vom Eintritt des anmeldungspflichtigen Ereignisses,
zu erstatten.

§ 95. (1) Wer Gegenstände herstellen oder gewinnen will, an
deren Herstellung, Gewinnung, Wegbringung oder Verbrauch eine
Abgabepflicht geknüpft ist, hat dies der Abgabenbehörde vor
Eröffnung des Betriebes anzuzeigen.
(2) Wer Erzeugnisse oder Waren, für die eine
Abgabenbegünstigung unter einer Bedingung gewährt worden ist,
in einer Weise verwenden will, die der Bedingung nicht
entspricht, hat dies vorher der Abgabenbehörde anzuzeigen.

§ 96. In Abgabenvorschriften enthaltene besondere Bestimmungen
über die Anzeigepflicht bleiben unberührt.

3. Führung von Büchern und Aufzeichnungen

§ 97. (1) Wer nach der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr.
194/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 660/1989
zur Führung und Aufbewahrung von Büchern oder Aufzeichnungen
verpflichtet ist, hat diese Verpflichtung auch im Interesse der
von den Abgabenbehörden der Stadt Wien verwalteten Abgaben zu
erfüllen.
(2) In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über die
Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht bleiben unberührt.

§ 98. Die Abgabenbehörde ist berechtigt, für einzelne Fälle
Erleichterungen von der Pflicht zur Führung von Büchern und
Aufzeichnungen zu bewilligen, wenn die geführten Bücher und
Aufzeichnungen des Abgabepflichtigen die Gewähr für eine
leichte Überprüfbarkeit bieten.

§ 99. (1) Bücher und Aufzeichnungen, die im Sinne der
vorstehenden Bestimmungen zu führen sind, oder ohne gesetzliche
Verpflichtung geführt werden, sind im Inland zu führen. Für sie
gelten insbesondere folgende Vorschriften:
1. Sie sollen in einer lebenden Sprache und mit den
Schriftzeichen einer solchen geführt werden. Soweit die Bücher
und die Aufzeichnungen nicht in deutscher Sprache geführt
werden, hat der Abgabepflichtige auf Verlangen der
Abgabenbehörde eine beglaubigte Übersetzung der vorgelegten
Kontoauszüge, Bilanzabschriften oder Belege beizubringen.
Soweit es für die Durchführung einer Nachschau (§§ 114 bis 116)
erforderlich ist, hat der Abgabepflichtige auf seine Kosten für
die Übersetzung der eingesehenen Bücher und Aufzeichnungen
Sorge zu tragen; hiebei genügt die Beistellung eines geeigneten
Dolmetschers.
2. Die Eintragungen sollen der Zeitfolge nach geordnet,
vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden.
Kasseneinnahmen und -ausgaben sollen mindestens täglich
aufgezeichnet werden.
3. Die Bezeichnung der Konten und der Bücher soll erkennen
lassen, welche Geschäftsvorgänge auf diesen Konten (in diesen
Büchern) verzeichnet werden. Konten, die den Verkehr mit
Geschäftsfreunden verzeichnen, sollen die Namen und Anschriften
der Geschäftsfreunde ausweisen.
4. Soweit Bücher oder Aufzeichnungen gebunden geführt werden,
sollen sie nach Maßgabe der Eintragung Blatt für Blatt oder
Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen versehen sein. Werden
Bücher oder Aufzeichnungen auf losen Blättern geführt, so
sollen diese in einem laufend geführten Verzeichnis
(Kontenregister) festgehalten werden.
5. Die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege
sollen derart geordnet aufbewahrt werden, daß die Überprüfung
der Eintragungen jederzeit möglich ist.
6. Die Eintragungen sollen nicht mit leicht entfernbaren
Schreibmitteln erfolgen. An Stellen, die der Regel nach zu
beschreiben sind, sollen keine leeren Zwischenräume gelassen
werden. Der ursprüngliche Inhalt einer Eintragung soll nicht
mittels Durchstreichens oder auf andere Weise unleserlich
gemacht werden. Es soll nicht radiert und es sollen auch solche
Veränderungen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit
ungewiß läßt, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder
erst später vorgenommen worden sind.
(2) Werden die Geschäftsvorfälle maschinell festgehalten,
gelten die Bestimmungen des Abs. 1 sinngemäß mit der Maßgabe,
daß durch gegenseitige Verweisungen oder Buchungszeichen der
Zusammenhang zwischen den einzelnen Buchungen sowie der
Zusammenhang zwischen den Buchungen und den Belegen klar
nachgewiesen werden soll; durch entsprechende Einrichtungen
soll der Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung
aller Geschäftsvorfälle leicht und sicher geführt werden
können.
(3) Zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen können
Datenträger verwendet werden, wenn die inhaltsgleiche,
vollständige und geordnete Wiedergabe bis zum Ablauf der
gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet ist;
die vollständige und richtige Erfassung aller Geschäftsvorfälle
soll durch entsprechende Einrichtungen gesichert sein.
(4) Wer Eintragungen in dieser Form vorgenommen hat, muß,
soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist, auf seine
Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur
Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar
zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare,
dauerhafte Wiedergaben beibringen.

§ 100. (1) Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern
und Aufzeichnungen gehörigen Belege und, soweit sie für die
Abgabenverwaltung von Bedeutung sind, auch die Geschäftspapiere
und die sonstigen Unterlagen sollen durch sieben Jahre,
Aufzeichnungen über die Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben
durch fünf Jahre aufbewahrt werden. Die Frist läuft vom Schluß
des Kalenderjahres, für das die letzte Eintragung in die Bücher
(Aufzeichnungen) vorgenommen worden ist.
(2) In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über die
Aufbewahrungspflicht bleiben unberührt.
(3) Hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Belege,
Geschäftspapiere und sonstigen Unterlagen kann die Aufbewahrung
auf Datenträgern geschehen, wenn die vollständige, geordnete,
inhaltsgleiche und urschriftgetreue Wiedergabe bis zum Ablauf
der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet
ist. Soweit solche Unterlagen nur auf Datenträgern vorliegen,
entfällt das Erfordernis der urschriftgetreuen Wiedergabe.
(4) Wer Aufbewahrungen in Form des Abs. 3 vorgenommen hat, muß,
soweit er zur Einsichtgewährung verpflichtet ist, auf seine
Kosten innerhalb angemessener Frist diejenigen Hilfsmittel zur
Verfügung stellen, die notwendig sind, um die Unterlagen lesbar
zu machen, und, soweit erforderlich, ohne Hilfsmittel lesbare,
dauerhafte Wiedergaben beibringen.

4. Abgabenerklärungen

§ 101. (1) Die Abgabenvorschriften bestimmen, wer zur
Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur
Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der
Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch
durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.
(2) Sind amtliche Vordrucke für Abgabenerklärungen aufgelegt,
so sind die Abgabenerklärungen unter anleitungsgemäßer
Verwendung dieser Vordrucke abzugeben.

§ 102. (1) Der Abgabepflichtige darf abweichend von der in der
Abgabenvorschrift enthaltenen Verpflichtung zur Abrechnung für
kürzere Zeiträume die Abgabenerklärung jeweils für ein
Kalenderviertel einreichen, wenn bei einer regelmäßig
wiederkehrenden Abgabenleistung der monatliche Abgabenbetrag
nicht mehr als 7,27 Euro beträgt. In diesem Fall ist die
Abgabenerklärung spätestens am nächsten, in der
Abgabenvorschrift vorgesehenen Einreichungstag, der auf das
Kalenderviertel folgt, einzureichen. Das Recht zur Einreichung
der Abgabenerklärung für ein Kalenderviertel geht nicht
verloren, wenn der Abgabenbetrag ausnahmsweise in einzelnen
Monaten mehr als 7,27 Euro beträgt, sofern der vierteljährliche
Betrag 29,07 Euro nicht übersteigt.
(2) Abgabepflichtigen, die die Einreichungsfrist wiederholt
versäumen oder bei denen Gründe vorliegen, die die Entrichtung
der Abgabe gefährden oder erschweren, kann die Abgabenbehörde
statt der im Abs. 1 vorgesehenen vierteljährlichen
Einreichungsfrist die in der Abgabenvorschrift vorgesehene Ein-
reichungsfrist vorschreiben.
(3) In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über die
Berechtigung der Abgabenbehörde, die Frist zur Einreichung
einer Abgabenerklärung zu verkürzen, bleiben unberührt.

§ 103. Die Abgabenbehörde kann im Einzelfall auf begründeten
Antrag die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur
Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern. Wird einem
Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung der
Abgabenerklärung nicht stattgegeben, so ist für die Einreichung
der Abgabenerklärung eine Nachfrist von mindestens einer Woche
zu setzen.

§ 104. (1) Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung
einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde
einen Zuschlag bis zu 10% der festgesetzten Abgabe
(Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht
entschuldbar ist. Bei Berechnung des Verspätungszuschlages
findet § 153 sinngemäß Anwendung.
(2) Die Anforderung eines Säumniszuschlages (§§ 164 ff.)
schließt die Festsetzung eines Verspätungszuschlages nicht aus.

§ 105. Wenn in Abgabenerklärungen Wertangaben zu machen sind
und der angegebene Wert vom Regelfall (Nennwert, Kurswert,
Anschaffungs- oder Herstellungskosten) abweicht, hat der
Abgabepflichtige die Tatsachen anzuführen, die für den in der
Abgabenerklärung ausgewiesenen Wert maßgebend waren.

§ 106. Abgabepflichtige, die gemäß § 97 zur Führung von Büchern
verpflichtet sind oder Bücher ohne gesetzliche Verpflichtung
führen, haben, sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes
bestimmen, auf Verlangen eine Abschrift ihrer
Vermögensübersicht (Bilanz) einzureichen. Wurde eine Gewinn-
und Verlustrechnung erstellt, so ist auch diese auf Verlangen
beizufügen; das gleiche gilt für Jahresberichte
(Geschäftsberichte) oder Treuhandberichte (Wirtschaftsprü-
fungsberichte).

§ 107. (1) Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben die
Abgabepflichtigen und die diesen im § 109 gleichgestellten
Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 92) zur
Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu
erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen.
Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet
werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
(2) Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und
Urkunden sind auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung
vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von
Bedeutung sind.

§ 108. Wenn ein Abgabepflichtiger nachträglich, aber vor dem
Ablauf der Verjährungsfrist (§§ 154 bis 156) erkennt, daß er in
einer Abgabenerklärung oder in einem sonstigen Anbringen der
ihm gemäß § 92 obliegenden Pflicht nicht oder nicht voll
entsprochen hat und daß dies zu einer Verkürzung von Abgaben
geführt hat oder führen kann, so ist er verpflichtet, hierüber
unverzüglich der Abgabenbehörde Anzeige zu erstatten.

§ 109. Die Bestimmungen der §§ 92 und 108 gelten auch für
Personen, die zur Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben oder zur
Zahlung gegen Verrechnung mit der Abgabenbehörde verpflichtet
sind.

5. Hilfeleistung bei Amtshandlungen

§ 110. Die Abgabepflichtigen haben den Organen der
Abgabenbehörde die Vornahme der zur Durchführung der
Abgabengesetze notwendigen Amtshandlungen zu ermöglichen. Sie
haben zu dulden, daß Organe der Abgabenbehörde zu diesem Zweck
ihre Grundstücke, Geschäfts- und Betriebsräume innerhalb der
üblichen Geschäfts- oder Arbeitszeit betreten, haben diesen
Organen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und einen zur
Durchführung der Amtshandlungen geeigneten Raum sowie die
notwendigen Hilfsmittel unentgeltlich beizustellen.
(2) Die im Abs. 1 geregelten Verpflichtungen treffen auch
Personen, denen nach den Abgabenvorschriften als
Haftungspflichtigen die Entrichtung oder Einbehaltung von
Abgaben obliegt, sowie Personen, die zur Zahlung gegen
Verrechnung mit der Abgabenbehörde verpflichtet sind.

§ 111. (1) Inhaber von Betrieben, die nach dem
Verbrauchsteuervor
schriften der amtlichen Aufsicht unterliegen, haben die dem
Überwachungszweck dienenden Einrichtungen unentgeltlich
beizustellen.
(2) Die im Abs. 1 bezeichneten Personen haben zu gestatten, daß
verbrauchsteuerpflichtige Gegenstände oder Stoffe, die zu deren
Herstellung bestimmt sind, sowie Waren, die
verbrauchsteuerpflichtige Gegenstände enthalten oder enthalten
können, als Proben unentgeltlich entnommen werden.

§ 112. In Abgabenvorschriften enthaltene besondere Bestimmungen
über die Hilfeleistung bei Amtshandlungen bleiben unberührt.

C. Befugnisse der Abgabenbehörden

§ 113. (1) Zur Erfüllung der im § 89 bezeichneten Aufgaben ist
die Abgabenbehörde berechtigt, Auskunft über alle für die
Verwaltung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die
Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um
seine persönliche Abgabepflicht handelt.
(2) Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und
Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung
schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere
schriftliche Unterlagen, die für die Feststellung von
Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen oder die
Einsichtnahme in diese zu gestatten.
(3) Die Bestimmungen der §§ 131 bis 134 finden auf
Auskunftspersonen (Abs. 1) sinngemäß Anwendung.

§ 114. (1) Für Zwecke der Abgabenverwaltung kann die
Abgabenbehörde bei Personen, die nach abgabenrechtlichen
Vorschriften Bücher oder Aufzeichnungen zu führen haben,
Nachschau halten und hiebei alle für die Abgabenverwaltung
bedeutsamen Umstände feststellen. Nachschau kann auch bei einer
anderen Person gehalten werden, wenn Grund zur Annahme besteht,
daß gegen diese Person ein Abgabenanspruch gegeben ist, der auf
andere Weise nicht festgestellt werden kann.
(2) In Ausübung der Nachschau (Abs. 1) dürfen Organe der
Abgabenbehörde Gebäude, Grundstücke und Betriebe betreten und
besichtigen, die Vorlage der nach den Abgabenvorschriften zu
führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstiger für die
Abgabenverwaltung maßgeblicher Unterlagen verlangen, in diese
Einsicht nehmen und hiebei prüfen, ob die Bücher und
Aufzeichnungen fortlaufend, vollständig sowie formell und
sachlich richtig geführt werden.

§ 115. (1) Für Zwecke der Verwaltung der Verbrauchsteuern
unterliegen Gebäude, Grundstücke, Betriebe, Transportmittel und
Transportbehältnisse auch dann der Nachschau, wenn die
Vermutung besteht, daß sich dort verbrauchsteuerpflichtige,
aber diesen Abgaben nicht unterzogene Gegenstände oder daraus
hergestellte Waren befinden.
(2) Eine Nachschau ist ferner in allen Fällen zulässig, in
denen durch die Verbrauchsteuervorschriften Gegenstände unter
amtliche Aufsicht gestellt sind.

§ 116. Die mit der Vornahme einer Nachschau beauftragten Organe
haben sich zu Beginn der Amtshandlung unaufgefordert über ihre
Person und darüber auszuweisen, daß sie zur Vornahme einer
Nachschau berechtigt sind. Über das Ergebnis dieser Nachschau
ist, soweit erforderlich, eine Niederschrift aufzunehmen.

§ 117. In den im § 95 Abs. 1 bezeichneten Betrieben können
verbrauchsteuerpflichtige Gegenstände und deren Umschließungen
sowie Geräte, die zur Herstellung verbrauchsteuerpflichtiger
Gegenstände dienen, von der Abgabenbehörde für die Dauer einer
in Ausübung der amtlichen Aufsicht vorgenommenen Amtshandlung
unter Verschluß gelegt werden. Hiedurch dürfen notwendige
Maßnahmen zur Sicherung der Gegenstände vor Verderb nicht
behindert werden.

§ 118. (1) Die im § 95 Abs. 1 bezeichneten Betriebe können von
der Abgabenbehörde besonderen Überwachungsmaßnahmen unterworfen
werden,
a) wenn Tatsachen vorliegen, die die verbrauchsteuerrechtliche
Unzuverlässigkeit des Inhabers des Betriebes oder des
verantwortlichen Betriebsleiters dartun, oder
b) wenn im Betrieb ein Verstoß gegen die
Verbrauchsteuervorschriften begangen wurde, der in einem
Verwaltungsstrafverfahren als Übertretung wegen Verkürzung oder
Gefährdung der Abgabe festgestellt worden ist.
(2) Die besonderen Überwachungsmaßnahmen (Abs. 1) können darin
bestehen, daß der Betrieb oder ein Teil des Betriebes unter
ständige Überwachung gestellt oder angeordnet wird, daß das
Wegbringen verbrauchsteuerpflichtiger Gegenstände erst nach
vorheriger Anmeldung bei der Abgabenbehörde oder nach
abgabenbehördlicher Behandlung oder nach Sicherheitsleistung
für die entfallenden Abgaben erfolgen dürfe.
(3) Die Anordnung besonderer Überwachungsmaßnahmen ist
aufzuheben, sobald die Umstände weggefallen sind, die für die
Anordnung maßgebend waren, in den Fällen des Abs. 1 lit. b,
sobald ausreichende Gewähr gegeben ist, daß Zuwiderhandlungen
gegen die Verbrauchsteuervorschriften nicht mehr vorkommen.

§ 119. (1) Die Abgabenbehörde kann verbrauchsteuerpflichtige
Gegenstände, deren Herkunft oder Erwerb ungeklärt ist, samt
ihren Umschließungen in amtliche Verwahrung nehmen. Befinden
sich diese Gegenstände in der Gewahrsame einer Person, so ist
die Übernahme in amtliche Verwahrung durch einen dieser Person
zuzustellenden Bescheid anzuordnen.
(2) Würde die amtliche Verwahrung unverhältnismäßige Kosten
verursachen, ist demjenigen, der die im Abs. 1 bezeichneten
Gegenstände in seiner Gewahrsame hat, ein Bescheid zuzustellen,
durch den das Verbot erlassen wird, über diese Gegenstände zu
verfügen.
(3) Die gemäß Abs. 1 und 2 angeordneten Maßnahmen sind
aufzuheben, wenn die Entrichtung der Verbrauchsteuern
nachgewiesen oder nicht binnen zwei Wochen die Beschlagnahme
der Gegenstände angeordnet wird.
(4) Gegen die nach Abs. 1 oder 2 erlassenen Bescheide ist ein
abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

§ 120. In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über
weitergehende Befugnisse der Abgabenbehörden bleiben unberührt.

D. Beistandspflicht

§ 121. (1) Die Abgabenbehörden sind für Zwecke der
Abgabenverwaltung einschließlich des abgabenrechtlichen
Verwaltungsstrafverfahrens berechtigt, mit allen Dienststellen
der Körperschaften des öffentlichen Rechtes (soweit sie nicht
als gesetzliche berufliche Vertretungen tätig sind)
unmittelbares Einvernehmen durch Ersuchschreiben zu pflegen.
Derartigen Ersuchschreiben ist mit möglichster Beschleunigung
zu entsprechen oder es sind die entgegenstehenden Hindernisse
sogleich bekanntzugeben; erforderlichenfalls ist Akteneinsicht
zu gewähren.
(2) Die Beantwortung von Ersuchschreiben gemäß Abs. 1 darf mit
dem Hinweis auf gesetzliche Verpflichtungen zur
Verschwiegenheit nur dann abgelehnt werden, wenn diese
Verpflichtungen Abgabenbehörden gegenüber ausdrücklich
auferlegt sind.
(3) Die Dienststellen der Gebietskörperschaften sind ferner
verpflichtet, den Abgabenbehörden jede zur Durchführung der
Abgabenverwaltung dienliche Hilfe zu leisten.
(4) Die Vorschriften zum Schutz des Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnisses bleiben unberührt.

§ 122. § 121 Abs. 1 gilt auch für Ersuchschreiben an Notare,
soweit sich das Ersuchen auf die Tätigkeit der Notare im Rahmen
ihres gesetzlichen Wirkungskreises als Gerichtskommissäre oder
auf Notariatsakte mit Ausnahme der noch nicht kundgemachten
letztwilligen Anordnungen bezieht. Die Beantwortung solcher
Ersuchschreiben darf nicht mit dem Hinweis auf gesetzliche Ver-
pflichtungen zur Verschwiegenheit abgelehnt werden.

5. ABSCHNITT
XE "Ermittlung der Grundlagen für die Abgabenverwaltung und
Festsetzung der Abgaben"
Ermittlung der Grundlagen für die Abgabenverwaltung und
Festsetzung der Abgaben
XE "Ermittlungsverfahren# Abgabenordnung"
A. Ermittlungsverfahren

1. Prüfung der Abgabenerklärungen

§ 123. (1) Die Abgabenbehörde hat die Abgabenerklärungen zu
prüfen (§ 90). Soweit nötig, hat sie, tunlichst durch
schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, daß die
Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel
beseitigen (Ergänzungsauftrag).
(2) Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der
Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen,
die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie
kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur
Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt).
Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.
(3) Wenn von der Abgabenerklärung abgewichen werden soll, sind
dem Abgabepflichtigen die Punkte, in denen eine wesentliche
Abweichung zu seinen Ungunsten in Frage kommt, zur vorherigen
Äußerung mitzuteilen.

§ 124. Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des § 99
entsprechen, haben die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für
sich und sind der Festsetzung der Abgaben zugrunde zu legen,
wenn nicht ein begründeter Anlaß gegeben ist, ihre sachliche
Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

§ 125. (1) Die Abgabenbehörde soll die Vorlage von Büchern,
Aufzeichnungen und Geschäftspapieren vom Abgabepflichtigen erst
verlangen, wenn dessen Auskunft nicht genügt oder Bedenken
gegen ihre Richtigkeit bestehen. Unter den gleichen
Voraussetzungen oder bei Gefahr im Verzug hat der Abga-
bepflichtige auf Verlangen Wertsachen vorzulegen und Einsicht
in verschlossene Behältnisse zu gewähren oder zu verschaffen.
(2) Bücher, Aufzeichnungen und Geschäftspapiere sind auf
Verlangen des Abgabepflichtigen tunlichst in seinen
Geschäftsräumen oder in seiner Wohnung einzusehen.

§ 126. Andere Personen sollen erst dann befragt oder zur
Vorlage von Büchern und Aufzeichnungen herangezogen werden,
wenn die Verhandlungen mit dem Abgabepflichtigen nicht zum Ziel
führen oder keinen Erfolg versprechen. Nur unter diesen
Voraussetzungen sollen auch die in den §§ 130 bis 143
bezeichneten Beweismittel herangezogen werden.

2. Beweise

a) Allgemeine Bestimmungen

§ 127. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in
Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes
geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

§ 128. (1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig
sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine
Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger
Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach
freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen
anzunehmen ist oder nicht.

b) Urkunden

§ 129. Die Beweiskraft von öffentlichen und Privaturkunden ist
von der Abgabenbehörde nach den Vorschriften der §§ 292 bis
294, 296, 310 und 311 der Zivilprozeßordnung zu beurteilen.

c) Zeugen

§ 130. Soweit sich aus diesem Gesetz nicht anderes ergibt, ist
jedermann verpflichtet, vor den Abgabenbehörden als Zeuge über
alle ihm bekannten, für ein Abgabenverfahren maßgebenden
Tatsachen auszusagen.

§ 131. Als Zeugen dürfen nicht vernommen werden
1. Personen, die zur Mitteilung ihrer Wahrnehmungen unfähig
sind oder die zur Zeit, auf die sich ihre Aussage beziehen
soll, zur Wahrnehmung der zu beweisenden Tatsache unfähig
waren;
2. Geistliche darüber, was ihnen in der Beichte oder sonst
unter dem Siegel geistlicher Amtsverschwiegenheit zur Kenntnis
gelangt ist;
3. Organe der Gebietskörperschaften, wenn sie durch ihre
Aussage das ihnen obliegende Amtsgeheimnis verletzen würden,
insofern sie der Pflicht zur Geheimhaltung nicht entbunden
sind.

§ 132. (1) Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden
a) wenn er ein Angehöriger (§ 23) des Abgabepflichtigen ist;
b) über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder seinen
Angehörigen (§ 23), seinem Vormund, Mündel oder
Pflegebefohlenen die Gefahr einer strafgerichtlichen oder
abgabenstrafbehördlichen Verfolgung zuziehen würde;
c) über Fragen, die er nicht beantworten könnte, ohne eine ihm
obliegende gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit,
von der er nicht gültig entbunden wurde, zu verletzen oder ein
Kunst- oder technisches Betriebsgeheimnis zu offenbaren.
(2) Die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Personen
und ihre Angestellten können die Zeugenaussage auch darüber
verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Vertreter der
Partei über diese zur Kenntnis gelangt ist.
(3) Will ein Zeuge die Aussage verweigern, so hat er die Gründe
seiner Weigerung glaubhaft zu machen.

§ 133. (1) Soweit jemand als Zeuge zur Aussage verpflichtet
ist, hat er auf Verlangen der Abgabenbehörde auch
Schriftstücke, Urkunden und die einschlägigen Stellen seiner
Geschäftsbücher zur Einsicht vorzulegen, die sich auf bestimmt
zu bezeichnende Tatsachen beziehen.
(2) Wenn es zur Erforschung der Wahrheit unbedingt erforderlich
oder wenn Gefahr im Verzug ist, hat der Zeuge auch Wertsachen,
die er für den Abgabepflichtigen verwahrt, vorzulegen und
Einsicht in verschlossene Behältnisse zu gewähren, die er dem
Abgabepflichtigen zur Benützung überlassen hat. Die
Abgabenbehörde kann in einem solchen Fall verlangen, daß dem
Abgabepflichtigen während einer angemessenen kurzen Frist nur
unter Zuziehung eines von der Abgabenbehörde zu bezeichnenden
Organs Zutritt zum Behältnis gewährt wird.

§ 134. (1) Wenn die Abgabenbehörde das persönliche Erscheinen
des Zeugen nicht für erforderlich erachtet, kann die Aussage
des Zeugen auch schriftlich eingeholt und abgegeben werden.
(2) Einem Zeugen, der einer Vorladung (§ 65) ohne genügende
Entschuldigung nicht Folge leistet oder seinen Verpflichtungen
gemäß § 133 ohne Rechtfertigung nicht nachkommt, kann,
abgesehen von Zwangsstrafen, die Verpflichtung zum Ersatz aller
durch seine Säumnis oder Weigerung verursachten Kosten
bescheidmäßig auferlegt werden.

§ 135. (1) Jeder Zeuge ist zu Beginn seiner Vernehmung über die
für die Vernehmung maßgebenden persönlichen Verhältnisse zu
befragen, erforderlichenfalls über die gesetzlichen
Weigerungsgründe zu belehren und zu ermahnen, daß er die
Wahrheit anzugeben habe und nichts verschweigen dürfe; er ist
auch auf die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage
aufmerksam zu machen.
(2) Öffentliche Organe, die einen Diensteid oder eine
Angelobung geleistet haben, sind als Zeugen über ihre
dienstlichen Wahrnehmungen unter Erinnerung an ihren Diensteid
oder ihre Angelobung zu vernehmen.

§ 136. Hält die Abgabenbehörde die eidliche Einvernahme eines
Zeugen über bestimmte Tatsachen von besonderer Tragweite für
unbedingt erforderlich, so kann der Zeuge durch einen ihr
zugewiesenen rechtskundigen Bediensteten unter Beiziehung eines
Schriftführers eidlich vernommen werden. Die Bestimmungen des
Gesetzes vom 3. Mai 1868, RGBl. Nr. 33, zur Regelung des
Verfahrens bei den Eidesablegungen vor Gericht finden sinngemäß
Anwendung.

§ 137. Zeugen haben Anspruch auf Ersatz von Reise- und
Aufenthaltskosten und auf Entschädigung für Zeitversäumnis
unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Ausmaß wie
Zeugen im zivilgerichtlichen Verfahren. Der Ersatzanspruch ist
bei sonstigem Verlust spätestens an dem der Vernehmung
folgenden Tag bei der Abgabenbehörde geltend zu machen, die die
Einvernahme durchgeführt hat. Hierüber ist der Zeuge zu
belehren.

d) Sachverständige

§ 138. (1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch
Sachverständige notwendig, so sind die für Gutachten der
erforderlichen Art öffentlich bestellten Sachverständigen
beizuziehen.
(2) Die Abgabenbehörde kann aber ausnahmsweise auch andere
geeignete Personen als Sachverständige heranziehen, wenn es mit
Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten erscheint.
(3) Der Bestellung zum Sachverständigen hat Folge zu leisten,
wer zur Erstattung von Gutachten der erforderlichen Art
öffentlich bestellt ist oder wer die Wissenschaft, die Kunst
oder die Tätigkeit, deren Kenntnis die Voraussetzung der
Begutachtung ist, öffentlich als Erwerb ausübt oder zu deren
Ausübung öffentlich angestellt oder ermächtigt ist.

§ 139. (1) Aus den Gründen, welche einen Zeugen zur
Verweigerung der Aussage berechtigen (§ 132), kann die
Enthebung von der Bestellung als Sachverständiger begehrt
werden.
(2) Öffentliche Bedienstete sind überdies auch dann als
Sachverständige zu entheben oder nicht beizuziehen, wenn ihnen
die Tätigkeit als Sachverständige von ihren Vorgesetzten aus
dienstlichen Gründen untersagt wird oder wenn sie durch
besondere Anordnungen der Pflicht, sich als Sachverständige
verwenden zu lassen, enthoben sind.

§ 140. (1) Die Vorschriften des § 50 finden auf die
Sachverständigen sinngemäß Anwendung.
(2) Sachverständige können von den Parteien abgelehnt werden,
wenn diese Umstände glaubhaft machen, die die Unbefangenheit
oder Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel stellen. Die
Ablehnung kann vor der Vernehmung des Sachverständigen, später
aber nur dann erfolgen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß
sie den Ablehnungsgrund vorher nicht erfahren oder wegen eines
für sie unüberwindlichen Hindernisses nicht rechtzeitig geltend
machen konnte. Gegen den über die Ablehnung ergehenden Bescheid
der Abgabenbehörde ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht
zulässig.

§ 141. (1) Ist der Sachverständige für die Erstattung von
Gutachten der erforderten Art im allgemeinen beeidet, so genügt
die Erinnerung an den geleisteten Eid. Ist er noch nicht
vereidigt, so hat er, falls es die Abgabenbehörde wegen der
besonderen Tragweite des Falles für erforderlich hält, vor
Beginn der Beweisaufnahme den Sachverständigeneid zu leisten.
(2) Die Vorschriften des § 136 finden auf die Sachverständigen
sinngemäß Anwendung.

§ 142. (1) Sachverständige haben Anspruch auf Ersatz von Reise-
und Aufenthaltskosten sowie der notwendigen Barauslagen, auf
Entschädigung für Zeitversäumnis und auf Entlohnung ihrer
Mühewaltung unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen
Ausmaß wie Sachverständige im zivilgerichtlichen Verfahren.
(2) Der Ersatzanspruch ist bei sonstigem Verlust binnen zwei
Wochen ab Erstattung des Gutachtens oder, wenn dieses entfällt,
nach Entlassung des Sachverständigen mündlich oder schriftlich
bei der Behörde geltend zu machen, bei der der Sachverständige
vernommen worden ist. Hierüber ist der Sachverständige zu
belehren.

e) Augenschein

§ 143. (1) Zur Aufklärung der Sache kann die Abgabenbehörde
auch einen Augenschein, nötigenfalls mit Zuziehung von
Sachverständigen, vornehmen.
(2) Die Abgabenbehörde hat darüber zu wachen, daß der
Augenschein nicht zur Verletzung eines Kunst- oder technischen
Betriebsgeheimnisses mißbraucht wird.

f) Beweisaufnahme

§ 144. (1) Beweise sind von Amts wegen oder auf Antrag
aufzunehmen.
(2) Die Abgabenbehörde kann die Beweisaufnahme auch im Wege der
Amtshilfe durch andere Abgabenbehörden vornehmen lassen.
(3) Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen,
soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 128 Abs. 1 zu
entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist
abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als
richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die
Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden
wäre, es sei denn, daß der Abgabepflichtige sich zur Tragung
der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet,
oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der
offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten
worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien
angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht
zulässig.
(4) Den Parteien ist vor Erlassung des abschließenden
Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten
Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen
und sich dazu zu äußern.

3. Schätzung der Grundlagen für die Abgabenverwaltung

§ 145. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die
Abgabenverwaltung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie
diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen,
die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der
Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden
Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über
Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen
(Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher
oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu
führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder
Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle
Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit
der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
(4) In Abgabenvorschriften enthaltene weitergehende
Bestimmungen über die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörden
bleiben unberührt.

XE "Festsetzung der Abgaben" B. Festsetzung der Abgaben

§ 146. (1) Soweit die Abgabenvorschriften nicht anderes
zulassen, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch
Abgabenbescheide festzusetzen.
(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der
Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der
Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.

§ 147. Sind zur Entrichtung einer Abgabe mehrere Personen als
Gesamtschuldner verpflichtet, so kann gegen sie ein
einheitlicher Abgabenbescheid erlassen werden, und zwar auch
dann, wenn nach dem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis
die Abgabe nicht von allen Gesamtschuldnern zu tragen ist.

§ 147 a. (1) In den Fällen, in denen eine Abgabe nach einem
Hundertsatz des Steuermeßbetrages zu berechnen ist, werden den
Abgabenbescheiden die Steuermeßbeträge und die in der
Festsetzung des Steuermeßbetrages liegenden Feststellungen der
sachlichen und persönlichen Abgabenpflicht zugrunde gelegt,
auch wenn die Meßbescheide noch nicht rechtskräftig geworden
sind.
(2) Ist ein Abgabenbescheid auf Grund einer Entscheidung
ergangen, die in einem anderen abgabenrechtlichen Bescheid im
Sinne des Abs. 1 getroffen wurde, und wurde gegen diesen
Bescheid Berufung erhoben, so ist im Hinblick auf diese
Anfechtung ein Ansuchen um Aussetzung der Einhebung des
Abgabenbetrages zulässig. Die Entscheidung über ein derartiges
Ansuchen obliegt der Behörde, die den Abgabenbescheid erlassen
hat.
(3) Ein Grundsteuerbescheid wirkt auch gegen den
Rechtsnachfolger, auf den der Steuergegenstand nach dem
Feststellungszeitpunkt übergegangen ist oder übergeht. Das
gleiche gilt bei Nachfolge im Besitz.

§ 148. (1) Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig
festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens
die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder
wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß ist.
(2) Wenn die Ungewißheit (Abs. 1) beseitigt ist, ist die
vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung
zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewißheit zu einer
Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlaß, so ist
ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen
Abgabenbescheid erklärt.

§ 149. (1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung
einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne
abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, gilt die
Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbst-
bemessung festgesetzt.
(2) Die Abgabenbehörde hat die Abgabe mit Bescheid
festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der
Erklärung unterläßt oder wenn sich die Erklärung als
unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist.
Von der bescheidmäßigen Festsetzung ist abzusehen, wenn der
Abgabepflichtige nachträglich die Mängel behebt.

§ 150. § 149 gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften
die Selbstbemessung und Einreichung der Erklärung einem
abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. An die Stelle
eines Abgabenbescheides tritt ein Haftungsbescheid.

§ 151. Bei Abgaben, die nach den Abgabenvorschriften in
Wertzeichen zu entrichten sind, ist ein Abgabenbescheid nur zu
erlassen, wenn die Abgabe in Wertzeichen nicht vorschriftsmäßig
entrichtet worden ist.

§ 152. Wenn die Abgabenvorschriften die Festsetzung einer
Abgabe durch formlose Zahlungsaufforderung zulassen, ist ein
Abgabenbescheid nur zur erlassen, wenn die Abgabepflicht
bestritten wird.

§ 153.

XE "Verjährung# Abgabenordnung" C. Verjährung

§ 154. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach
Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, bei hinterzogenen
Abgaben zehn Jahre.
(3) Das Recht zur Verhängung von Ordnungsstrafen und zur
Anforderung von Kostenersätzen im Abgabenverfahren verjährt in
einem Jahr.

§ 154 a. (1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer
Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht der Eintritt der
Verjährung nicht entgegen.
(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar
von der Erledigung einer Berufung oder eines in
Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages ab, so steht der
Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen,
wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt
eingebracht wurde.

§ 155. Die Verjährung beginnt
a) in den Fällen des § 154 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in
dem der Abgabenanspruch entstanden ist;
b) in den Fällen des § 154 Abs. 3 mit dem Ablauf des Jahres, in
dem die Voraussetzung für die Verhängung der genannten Strafen
oder für die Anforderung der Kostenersätze entstanden ist;
c) in den Fällen des § 148 mit dem Ablauf des Jahres, in dem
die Ungewißheit beseitigt wurde.

§ 156. (1) Die Verjährung wird durch jede zur Geltendmachung
des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des
Abgabepflichtigen (§ 51) von der Abgabenbehörde unternommene,
nach außen erkennbare Amtshandlung, durch jede Selbstbemessung
sowie durch jedes auf Festsetzung der Abgabe gerichtete An-
bringen (§ 59 Abs. 1) unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in
welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die
Verjährungsfrist neu zu laufen.
(2) Die Verjährung ist gehemmt, solange die Geltendmachung des
Anspruches wegen einer Aussetzung der Entscheidung (§ 216) oder
innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen
höherer Gewalt nicht möglich ist.
(3) Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt spätestens,
wenn seit der Entstehung des Abgabenanspruches (§ 3) 15 Jahre
verstrichen sind.

6. ABSCHNITT
XE "Einhebung der Abgaben# Abgabenordnung# "
Einhebung der Abgaben

A. Fälligkeit und Entrichtung

1. Fälligkeit

§ 157. (1) Abgaben werden unbeschadet der in
Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit
Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 71) des
Abgabenbescheides fällig.
(2) Werden Abgaben an einem Samstag, Sonntag, einem
gesetzlichen Feiertag oder an einem Karfreitag fällig, so gilt
als Fälligkeitstag der nächste Werktag.

2. Entrichtung

§ 158. (1) Abgaben gelten in nachstehend angeführten Fällen als
entrichtet:
a) Bei Barzahlungen am Tag der Zahlung, bei Abnahme von Bargeld
durch den Vollstrecker am Tag der Abnahme;
b) bei Einzahlungen mit Erlagschein am Tag, der sich aus dem
Tagesstempel des Aufgabepostamtes ergibt;
c) bei Einzahlung durch Postanweisung,
1. wenn der eingezahlte Betrag der empfangsberechtigten Kasse
bar ausgezahlt wird, am Tag der Auszahlung,
2. wenn der eingezahlte Betrag auf das Postscheckkonto der
empfangsberechtigten Kasse überwiesen wird, am Tag der
Überweisung durch das Abgabepostamt;
d) bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges
Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift;
e) bei Einziehung einer Abgabe durch Postauftrag am Tag der
Einlösung;
f) bei Zahlung mit Scheck an dem in lit. a oder lit. d
bezeichneten Tag, je nachdem der Scheck bar oder im
Verrechnungsweg eingelöst wird;
g) bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben eines Abgabe-
pflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten desselben
Abgabepflichtigen am Tag der Entstehung der Guthaben, auf
Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen am Tag
der nachweislichen Antragstellung;
h) bei Entrichtung in Wertzeichen mit der vorschriftsmäßigen
Verwendung der Wertzeichen;
i) bei Entrichtung durch Hingabe von Wertpapieren nach Maßgabe
der gesetzlichen Vorschriften, die diese Entrichtungsform
gestatten.
(2) Die Entrichtung von Abgaben durch Hingabe von Wechseln ist
unzulässig.
(3) Sofern amtliche Vordrucke zur Entrichtung der Abgabe
aufgelegt werden, hat die Entrichtung unter anleitungsgemäßer
Verwendung dieser amtlichen Vordrucke zu erfolgen, insoweit mit
dem Abgabepflichtigen nicht der Einzugsverkehr über ein
Geldinstitut vereinbart wurde.

§ 159. (1) Abgabepflichtige, die eine Abgabenerklärung gemäß §
102 Abs. 1 für eine Kalenderviertel einreichen, dürfen den in
der Erklärung ausgewiesenen Abgabenbetrag abweichend von den in
der Abgabenvorschrift bestimmten Fälligkeitstagen bis zum
nächsten auf das Kalenderviertel folgenden Fälligkeitstag
entrichten.
(2) Abgabepflichtigen, die die Frist zur Entrichtung der Abgabe
wiederholt versäumen oder bei denen Gründe vorliegen, die die
Entrichtung der Abgabe gefährden oder erschweren, kann die
Abgabenbehörde statt der im Abs. 1 vorgesehenen
vierteljährlichen Zahlungsfrist die in der Abgabenvorschrift
vorgesehene Zahlungsfrist vorschreiben.
(3) In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über die
Berechtigung der Abgabenbehörde, die Frist zur Entrichtung der
Abgabe zu verkürzen, bleiben unberührt.

§ 160. (1) Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die
Abgabenbehörde den Zeitpunkt der Entrichtung einer Abgabe
hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten
bewilligen, wenn die sofortige oder volle Entrichtung der
Abgabe für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten
verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgabe durch den
Aufschub nicht gefährdet wird.
(2) Werden für aushaftende Abgabenschuldigkeiten
Zahlungserleichterungen (Abs. 1) bewilligt, so kann die
Bewilligung von Bedinungen, die die Einbringung sichern,
abhängig gemacht werden. Für Abgabenschuldigkeiten, die den
Betrag von insgesamt 72,68 Euro übersteigen, sind,
a) solange auf Grund eines Ansuchens um Zahlungserleichterung
Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden
dürfen (§ 177 Abs. 2 bis 4 und 7) oder
b) soweit infolge einer gemäß Abs. 1 erteilten Bewilligung von
Zahlungserleichterungen ein Zahlungsaufschub eintritt,
Stundungszinsen in der Höhe von 5% pro Jahr zu entrichten. Im
Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld sind die
Stundungszinsen, die auf den Minderungsbetrag entfallen,
abzuschreiben.
(3) Wird die Bewilligung einer Zahlungserleichterung durch
Abänderung oder Zurücknahme des Bescheides widerrufen (§ 228),
so ist für die Entrichtung des noch aushaftenden
Abgabenbetrages eine Nachfrist von zwei Wochen zu setzen.

§ 160 a. (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe
unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung
abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit
auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar
auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf
einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt,
zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei
einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden
Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die
Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a) insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig
erfolgversprechend erscheint, oder
b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten
angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des
Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung
der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist, oder
d) bei Berufungen gegen Bescheide, mit denen Zwangs- oder
Ordnungsstrafen festgesetzt werden.
(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur
Entscheidung über die Berufung (Abs. 1) gestellt werden. Sie
sind zurückzuweisen, wenn sie nicht die Darstellung der
Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht
kommenden Abgabenbetrages enthalten. Weicht der vom
Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus
Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der
Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht
entgegen.
(4) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem
Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder
ihrem Widerruf (§ 228). Der Ablauf der Aussetzung tritt nach
Eintritt der Rechtskraft einer über die Berufung (Abs. 1)
ergehenden
a) Berufungsvorentscheidung oder
b) Berufungsentscheidung oder
c) anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung
ein. Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag
sowohl Zahlungserleichterungen als auch eine Aussetzung der
Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung
oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der
Aussetzung ein.
(5) Für die Entrichtung einer Abgabe, deren Einhebung
ausgesetzt wurde, steht dem Abgabepflichtigen eine Frist von 4
Wochen nach Ablauf der Aussetzung (Abs. 4) oder der Bekanntgabe
eines die Aussetzung betreffenden Bescheides gemäß § 228 zu.
(6) Zur Verrechnung auf Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung
ausgesetzt ist, dürfen Zahlungen und sonstige Gutschriften (§
161 Abs. 1) sowie Guthaben (§ 162 Abs. 1) nur auf Verlangen des
Abgabepflichtigen verwendet werden.
(7) Für Abgabenschuldigkeiten sind,
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der
Einhebung Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch
fortgesetzt werden dürfen (§ 177 Abs. 6 und 7) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein
Zahlungsaufschub (einschließlich der Nachfrist nach Abs. 5)
eintritt,
Aussetzungszinsen in der Höhe von 3% pro Jahr zu entrichten.
Im Falle der Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung
der Aussetzungszinsen unter Berücksichtigung des
Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Aussetzungszinsen sind erst
nach Ablauf (Abs. 4) oder Widerruf der Aussetzung festzusetzen.
Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht statt-
gegeben, so sind Aussetzungszinsen erst nach der Erlassung des
diesen Antrag erledigenden Bescheides festzusetzen.

§ 161. (1) Zahlungen und sonstige Gutschriften sind, soweit die
Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen, auf die dem
Fälligkeitstag nach ältesten Schuldigkeiten des
Abgabepflichtigen zu verrechnen.
(2) Von der Verrechnung auf die älteste Fälligkeit (Abs. 1)
sind Zahlungen und sonstige Gutschriften auf
Abgabenschuldigkeiten ausgenommen, deren Entrichtung durch
Bewilligung einer Zahlungserleichterung (§ 160) hinausgeschoben
worden ist.
(3) Dem der Abgabenbehörde bekanntgegebenen Verwendungszweck
entsprechend zu verrechnen sind Zahlungen und sonstige
Gutschriften, die
a) sich auf Schuldigkeiten beziehen, deren Höhe nach den
Abgabenvorschriften vom Abgabepflichtigen selbst bemessen
wurde, oder
b) die Abfuhr einbehaltener Abgabenbeträge betreffen oder
c) in der gemäß § 158 Abs. 1 lit. i vorgesehenen Form erfolgen
oder
d) im Abgabenstrafverfahren verhängte Geldstrafen betreffen.
(4) Zahlungen und sonstige Gutschriften, die unter bezugnahme
auf eine Mahnung oder im Zug eines Vollstreckungsverfahrens
erfolgen, sind auf die Schuldigkeiten zu verrechnen, die
Gegenstand der Mahnung (der Vollstreckung) sind. Zahlungen
eines Haftenden sind auf die durch die Haftung gesicherte
Abgabenschuld zu verrechnen.

§ 162. (1) Guthaben des Abgabepflichtigen sind zur Tilgung
fälliger Schuldigkeiten zu verwenden.
(2) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 zu verwenden sind, sind
sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 185 zurückzuzahlen.

§ 163. Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der
Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine
Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten
Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde
darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid).

3. Säumniszuschlag XE "Säumniszuschlag# Abgabenordnung"

§ 164. (1) Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag
entrichtet, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung
zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der
Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 7
hinausgeschoben wird. Auf Nebengebühren der Abgaben (§ 2 Abs. 2
lit. d) finden die Bestimmungen über den Säumniszuschlag keine
Anwendung.
(2) Wird ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 160 Abs. 1)
spätestens eine Woche vor dem Fälligkeitstag eingebracht und
wird diesem Ansuchen stattgegeben, tritt die Verpflichtung zur
Entrichtung des Säumniszuschlages erst bei Terminverlust (§ 177
Abs. 5) ein. In diesem Fall ist der Säumniszuschlag von der
gesamten vom Terminverlust betroffenen Abgabenschuld zu
entrichten.
(3) Abs. 2 gilt sinngemäß, wenn ein neuerliches Ansuchen um
Zahlungserleichterung spätestens eine Woche vor Ablauf einer
bewilligten Stundung oder einer Woche vor dem für die
Entrichtung einer Rate vorgesehenen Zahlungstermin eingebracht
wurde.
(4) Wird einem gemäß Abs. 2 oder 3 zeitgerecht eingebrachten
Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht stattgegeben, so steht
für die Zahlung der Abgabe eine Nachfrist von zwei Wochen zu,
mit deren ungenütztem Ablauf die Verpflichtung zur Entrichtung
des Säumniszuschlages eintritt.
(5) Wird eine Zahlungserleichterung, die auf Grund eines
zeitgerecht eingebrachten Ansuchens bewilligt worden ist,
nachträglich widerrufen
(§ 228), so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des
Säumniszuschlages mit dem ungenützten Ablauf der im § 160 Abs.
3 vorgesehenen Nachfrist ein.
(6) Wird eine Abgabe im Überweisungsverkehr (§ 158 Abs. 1 lit.
d) entrichtet, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des
Säumniszuschlages erst ein, wenn die Gutschrift nicht vor
Ablauf von zwei Werktagen nach den in Abs. 1 bis 5 bezeichneten
Zeitpunkten erfolgt; dies gilt sinngemäß auch bei Einzahlungen
durch Postanweisung (§ 158 Abs. 1 lit. c). Hiebei gelten
Samstage nicht als Werktage.
(7) Im Falle des § 159 tritt die Verpflichtung zur Entrichtung
des Säumniszuschlages erst bei Nichteinhaltung der Frist zur
vierteljährlichen
Entrichtung ein.
(8) Wird auf Grund eines vor Ablauf der für die Entrichtung
einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachten
Antrages die Aussetzung der Einhebung einer Abgabe (§ 160 a
Abs. 1) bewilligt, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung
eines Säumniszuschlages für den von der Bewilligung betroffenen
Teil der Abgabe erst mit ungenütztem Ablauf der Frist des § 160
a Abs. 5 ein.
(9) Insoweit einem gemäß Abs. 8 zeitgerecht eingebrachten
Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben wird,
tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages
erst ein, wenn die Abgabe nicht spätestens 2 Wochen nach
Bekanntgabe des den Antrag erledigenden Bescheides entrichtet
wird. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Voraussetzungen des §
160 a Abs. 1 erfüllt sind und der Antrag nicht zurückzuweisen
ist.

§ 165. Bei Anforderung einer Abgabenerhöhung wegen nicht
rechtzeitiger Entrichtung einer Abgabe tritt die Verpflichtung
zur Entrichtung des Säumniszuschlages von der Abgabe erst dann
ein, wenn die Abgabe einschließlich der Erhöhung nicht
innerhalb der für die Zahlung der erhöhten Abgabe bestimmten
Frist entrichtet wird.

§ 166. Der Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht
entrichteten Abgabenbetrages. Bei Berechnung des
Säumniszuschlages findet § 153 sinngemäß Anwendung. Im Fall der
nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld ist der
Säumniszuschlag, der auf den Minderungsbetrag entfällt,
abzuschreiben.

§ 167. (1) Der Säumniszuschlag wird im Zeitpunkt des
Eintrittes der Verpflichtung zu seiner Entrichtung fällig.
(2) Die Festsetzung des Säumniszuschlages kann durch formlose
Zahlungsaufforderung erfolgen.

§ 168. Die Verpflichtung zur Entrichtung eines
Säumniszuschlages entsteht nicht, wenn er im Einzelfall 1,46
Euro nicht erreicht oder wenn der Abgabepflichtige nur
ausnahmsweise säumig ist und die Säumnis nicht mehr als fünf
Tage beträgt.
XE "Sicherheitsleistung und Geltendmachung von Haftungen#
Abgabenordnung# "
B. Sicherheitsleistung und Geltendmachung von Haftungen

1. Sicherheitsleistung

§ 169. (1) Die Bestellung einer nach den Abgabenvorschriften zu
leistenden oder vom Abgabepflichtigen angebotenen Sicherheit
erfolgt durch Erlag von Geld oder von inländischen
Wertpapieren, die sich nach den hierüber bestehenden
Vorschriften zur Anlegung der Gelder von Minderjährigen eignen,
und nur in Ermangelung solcher durch Erlag von anderen
inländischen, an einer Börse notierten Wertpapieren, die nach
Ermessen der Abgabenbehörde genügende Deckung bieten. Die
Wertpapiere dürfen nicht außer Kurs gesetzt und müssen mit den
laufenden Zins- oder Gewinnanteilscheinen und
Erneuerungsscheinen versehen sein. Sie sind nach dem Kurs des
Erlagstages zu bewerten und bei der Abgabenbehörde zu
hinterlegen. Diese kann auch Einlagebücher des Postspar-
kassenamtes oder einer inländischen Kreditunternehmung als
Sicherheitsleistung zulassen.
(2) Mit dem Erlag bei der Abgabenbehörde wird an dem Gegenstand
des Erlages ein Pfandrecht für den Anspruch begründet, in
Ansehung dessen die Sicherheitsleistung erfolgt.
(3) Die Abgabenbehörde kann, wenn der zur Sicherheitsleistung
Verpflichtete eine Sicherheit nach Abs. 1 nicht oder nur schwer
zu beschaffen vermag, eine Sicherheitsleistung mittels einer
gesetzliche Sicherheit bietenden Hypothek an einem inländischen
Grundstück, durch zahlungsfähige inländische Bürgen (§ 1357
ABGB.), durch Verpfändung von Bankdepots oder durch Abtretung
von Forderungen gegen zahlungsfähige inländische Schuldner
zulassen.
(4) In Abgabenvorschriften enthaltene besondere Bestimmungen
über die Art der Sicherheitsleistung bleiben unberührt.

§ 170. (1) Wer Sicherheit geleistet hat, ist berechtigt, die
Sicherheit oder einen Teil davon durch eine andere den
Vorschriften des § 169 entsprechende Sicherheit zu ersetzen.
(2) Wird eine Sicherheit unzureichend, so ist sie zu ergänzen
oder es ist eine anderweitige Sicherheit zu leisten.

2. Geltendmachung von Haftungen

§ 171. Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen
Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend
gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf
die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht
begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet,
binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Wenn es die
Abgabenbehörde für zweckmäßig erachtet, kann sie die Haftung
für Teile der Abgabenschuld auch in gesonderten Bescheiden
geltend machen. Ein erfüllter Ausgleich oder Zwangsausgleich
hindert nicht die Geltendmachung von Haftungen.

§ 172. (1) Sachliche Haftungen, die nach Abgabenvorschriften an
beweglichen Sachen bestehen, werden durch Erlassung eines die
Beschlagnahme der haftenden Sachen aussprechenden Bescheides
geltend gemacht.
(2) In Abgabenvorschriften vorgesehene sachliche Haftungen
unbeweglicher Sachen sind nach den Bestimmungen der
Exekutionsordnung geltend zu machen.
XE "Vollstreckbarkeit# Abgabenordnung"
C. Vollstreckbarkeit

§ 173. Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am
Fälligkeitstag (§ 157) entrichtet werden, sind vollstreckbar.

§ 174. (1) Vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten sind
einzumahnen.
(2) Die Mahnung wird durch Zustellung eines Mahnschreibens
vollzogen, in dem der Abgabepflichtige unter Hinweis auf die
eingetretene Vollstreckbarkeit aufgefordert wird, die
Abgabenschuld binnen zwei Wochen, von der Zustellung an
gerechnet, zu bezahlen (Mahnklausel). Ein Nachweis der Zustel-
lung des Mahnschreibens ist nicht erforderlich; bei Postversand
wird die Zustellung des Mahnschreibens am dritten Tag nach der
Aufgabe zur Post vermutet.
(3) Bei Abgabenschuldigkeiten, die durch Postauftrag eingezogen
werden sollen, gilt der Postauftrag als Mahnung.
(4) Eine Mahnung ist nicht erforderlich,
a) wenn dem Abgabepflichtigen spätestens eine Woche vor dem
Eintritt der Fälligkeit eine Verständigung (Lastschriftanzeige)
zugesendet wurde, die ihn über Art, Höhe und Zeitpunkt der
nächsten Abgabenfälligkeiten unterrichtet;
b) wenn eine vom Abgabepflichtigen oder von dem zur
Einbehaltung und Abfuhr Verpflichteten selbst bemessene Abgabe
zum Fälligkeitstag nicht entrichtet wurde;
c) insoweit der Zeitpunkt der Entrichtung einer Abgabe durch
Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder einer Aussetzung
der Einhebung hinausgeschoben wurde;
d) insoweit ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen oder ein
Antrag auf Aussetzung der Einhebung abgewiesen wurde;
e) wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines
Vollstreckungsbescheides gegeben sind (§ 177 Abs. 7);
f) bei Nichteinhaltung einer gemäß §§ 160 Abs. 3, 160 a Abs. 5,
181 Abs. 3 oder 183 Abs. 2 gesetzten Frist;
g) bei Zwangs- und Ordnungsstrafen (§§ 86 bis 88).

§ 175. (1) Im Falle einer Mahnung gemäß § 174 ist eine
Mahngebühr von einem halben Prozent des eingemahnten
Abgabenbetrages, mindestens jedoch 1,45 Euro und höchstens
14,53 Euro zu entrichten. Bei Berechnung der Mahngebühr findet
§ 153 sinngemäß Anwendung.
(2) Die Mahngebühr wird bei Zustellung des Mahnschreibens mit
der Zustellung, bei Einziehung des Abgabenbetrages durch
Postauftrag mit der Vorweisung des Postauftrages fällig.
(3) Die Festsetzung der Mahngebühr kann durch formlose
Zahlungsaufforderung erfolgen.

D. Allgemeine Bestimmungen über die Einbringung und
Sicherstellung

1. Rückstandsausweis

§ 176. Als Grundlage für die Einbringung ist über die
vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein
Rückstandsausweis auszufertigen. Dieser hat Namen und Anschrift
des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld,
zergliedert nach Abgaben und nach Jahren, die Nebenansprüche
und den Vermerk zu enthalten, daß die Abgabenschuld
vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der
Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das
abgabenbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

2. Hemmung der Einbringung

§ 177. (1) Wenn eine vollstreckbar gewordene
Abgabenschuldigkeit gemäß § 174 eingemahnt werden muß, dürfen
Einbringungsmaßnahmen erst nach ungenütztem Ablauf der
Mahnfrist, bei Einziehung durch Postauftrag, erst zwei Wochen
nach Absendung des Postauftrages oder bei früherem Rücklangen
des nicht eingelösten Postauftrages eingeleitet werden.
(2) Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterung (§ 160 Abs. 1)
spätestens eine Woche vor dem Fälligkeitstag eingebracht, so
dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens
nicht eingeleitet werden. Wird das Ansuchen abgewiesen, so
dürfen Einbringungsmaßnahmen frühestens zwei Wochen nach
Zustellung des abweislichen Bescheides, keinesfalls jedoch vor
dem Fälligkeitstag einsetzen.
(3) Abs. 2 gilt sinngemäß, wenn ein neuerliches Ansuchen um
Zahlungserleichterung spätestens eine Woche vor Ablauf einer
bewilligten Stundung oder eine Woche vor dem für die
Entrichtung einer Rate vorgesehenen Zahlungstermin eingebracht
wurde.
(4) Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nach dem in den
Abs. 2 oder 3 bezeichneten Zeitpunkt eingereicht, so kann die
Abgabenbehörde dem Ansuchen aufschiebende Wirkung hinsichtlich
der Maßnahmen zur Einbringung zuerkennen.
(5) Wurden Zahlungserleichterungen bewilligt, so dürfen
Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes
weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Erlischt eine
gewährte Zahlungserleichterung infolge Nichteinhaltung eines
Zahlungstermines oder infolge Nichterfüllung einer in den Be-
willigungsbescheid aufgenommenen Bedingung (Terminverlust), so
sind Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der gesamten vom
Terminverlust betroffenen Abgabenschuld zulässig.
(6) Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so
dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach
Maßgabe des § 160 a Abs. 1 betroffenen Abgaben bis zu seiner
Erledigung durch die Abgabenbehörde erster Instanz weder
eingeleitet noch fortgesetzt werden. Dies gilt jedoch nur für
einen innerhalb der Berufungsfrist gestellten Antrag und nur
dann, wenn die Voraussetzungen des § 160 a Abs. 1 erfüllt sind
und der Antrag nicht zurückzuweisen ist.
(7) Wird eine Zahlungserleichterung, eine Aussetzung der
Einhebung, eine Abschreibung oder eine Entlassung aus der
Gesamtschuld widerrufen (§ 228), so dürfen
Einbringungsmaßnahmen bis zum Ablauf der in den §§ 160 Abs. 3,
160 a Abs. 5, 181 Abs. 3 oder 183 Abs. 2 vorgesehenen Fristen
nicht eingeleitet werden.
(8) Kommen während der Zeit, in der gemäß Abs. 1 bis 7
Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden
dürfen, Umstände hervor, die die Einbringung einer Abgabe
gefährden oder zu erschweren drohen, so dürfen
Einbringungsmaßnahmen durchgeführt werden, wenn spätestens bei
Vornahme der Vollstreckungshandlung ein Bescheid zugestellt
wird, der die Gründe der Gefährdung oder Erschwerung der
Einbringung anzugeben hat (Vollstreckungsbescheid). Mit der
Zustellung dieses Bescheides treten bewilligte Zahlungs-
erleichterungen außer Kraft.

3. Aussetzung der Einbringung

§ 178. (1) Die Einbringung fälliger Abgaben kann ausgesetzt
werden, wenn Einbringungsmaßnahmen erfolglos versucht worden
sind oder wegen Aussichtslosigkeit zunächst unterlassen werden,
aber die Möglichkeit besteht, daß sie zu einem späteren
Zeitpunkt zum Erfolg führen können. Das gleiche gilt, wenn der
für die Einbringung erforderliche Verwaltungsaufwand außer Ver-
hältnis zu dem einzubringenden Betrag stehen würde.
(2) Wenn die Gründe, die zur Aussetzung der Einbringung geführt
haben (Abs. 1), innerhalb der Verjährungsfrist (§ 184)
wegfallen, ist die ausgesetzte Einbringung wieder aufzunehmen.

4. Sicherstellung

§ 179. (1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand
verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die
Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem
Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit
(§ 173) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag
erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der
Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann
durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden
Betrages erwirken, daß Maßnahmen zur Vollziehung des
Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene
Maßnahmen aufgehoben werden.
(2) Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten:
a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;
b) die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung
der Einbringung der Abgabe ergibt;
c) den Vermerk, daß die Anordnung der Sicherstellung sofort in
Vollzug gesetzt werden kann;
d) die Bestimmungen des Betrages, durch dessen Hinterlegung der
Abgabepflichtige erwirken kann, daß Maßnahmen zur Vollziehung
des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits
vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

§ 180. (1) Der Sicherstellungsauftrag ist Grundlage für das
abgabenbehördliche und gerichtliche Sicherungsverfahren.
(2) Auf Grund eines Sicherstellungsauftrages hat das Gericht
auf Antrag der Abgabenbehörde ohne Bescheinigung der Gefahr und
ohne Sicherheitsleistung die Exekution zur Sicherstellung des
Abgabenbetrages bis zu dessen Vollstreckbarkeit zu bewilligen.
Der Sicherstellungsauftrag kann zusammen mit der Verständigung
von der gerichtlichen Exekutionsbewilligung zugestellt werden.

XE "Abschreibung (Löschung und Nachsicht) und Entlassung aus
der Gesamtschuld" E. Abschreibung (Löschung und Nachsicht) und
Entlassung aus der Gesamtschuld

§ 181. (1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können von Amts wegen
durch Abschreibung gelöscht werden, wenn alle Möglichkeiten der
Einbringung erfolglos versucht worden oder
Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos sind und auf
Grund der Sachlage nicht angenommen werden kann, daß sie zu
einem späteren Zeitpunkt zu einem Erfolg führen werden.
(2) Durch die verfügte Abschreibung erlischt der
Abgabenanspruch.
(3) Wird die Abschreibung einer Abgabe widerrufen (§ 228), so
lebt der Abgabenanspruch wieder auf. Für die Zahlung, die auf
Grund des Widerrufes zu leisten ist, ist eine Frist von zwei
Wochen zu setzen.

§ 181 a. Von der Einhebung fälliger Säumniszuschläge kann von
Amts wegen Abstand genommen werden, wenn dies im Zuge der
Verrechnung von Abgaben mittels elektronischer
Datenverarbeitung zu einer Verwaltungsvereinfachung führt.

§ 182. (1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des
Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung
nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des
Falles unbillig wäre.
(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten
sinngemäß Anwendung. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb der
Frist des § 184 zulässig.
(3) Die Bestimmungen des § 181 Abs. 2 und 3 gelten auch für die
Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten.

§ 183. (1) Auf Antrag eines Gesamtschuldners kann dieser aus
der Gesamtschuld ganz oder zum Teil entlassen werden, wenn die
Einhebung der Abgabenschuld bei diesem nach der Lage des Falles
unbillig wäre. Durch diese Verfügung wird der Abgabenanspruch
gegen die übrigen Gesamtschuldner nicht berührt.
(2) Wird die Entlassung aus der Gesamtschuld widerrufen (§
228), so lebt der Abgabenanspruch gegen den bisher aus der
Gesamtschuld entlassenen Schuldner (Abs. 1) wieder auf. Für die
Zahlung, die auf Grund des Widerrufes zu leisten ist, ist eine
Frist von zwei Wochen zu setzen.
XE "Verjährung fälliger Abgaben# Abgabenordnung"
F. Verjährung fälliger Abgaben

§ 184. (1) Das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und
zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach
Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig
geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur
Festsetzung der Abgabe.
(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur
Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare
Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen,
durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch
Erlassung eines Bescheides gemäß §§ 149 Abs. 2 und 150,
unterbrochen, ebenso durch jede Entrichtung von Abgaben. Die
Unterbrechung der Verjährung wirkt gegen alle Gesamtschuldner,
auch wenn sie im Zeitpunkt der Unterbrechung noch nicht
Gesamtschuldner waren. Nach Ablauf des Kalenderjahres, in
welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die
Verjährungsfrist neu zu laufen.
(3) Die Verjährung ist gehemmt, solange
a) die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe
innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen
höherer Gewalt nicht möglich ist oder
b) die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist.
(4) Wenn fällige Abgaben durch Handpfand gesichert sind, findet
§ 1483 ABGB. sinngemäß Anwendung. Sind sie durch bücherliche
Eintragung gesichert, so kann innerhalb von dreißig Jahren nach
erfolgter Eintragung gegen die Geltendmachung der durch das
Pfandrecht gesicherten Forderung die seither eingetretene
Verjährung der Abgabe nicht eingewendet werden.
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G. Rückzahlung

§ 185. (1) Der Abgabepflichtige kann die Rückzahlung von
Guthaben (§ 162 Abs. 2) beantragen. Die Rückzahlung kann auch
von Amts wegen erfolgen.
(2) Gegen den Rückzahlungsbetrag können der Höhe nach
festgesetzte Abgabenschuldigkeiten aufgerechnet werden, die der
Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung
des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird.
(3) Ein Rückzahlungsanspruch steht insoweit nicht zu, als die
Abgabe wirtschaftlich von einem Anderen als dem
Abgabepflichtigen getragen wurde; insoweit führt die
Herabsetzung der Abgabenfestsetzung durch Selbstbemessung oder
Abgabenbescheid auch nicht zu einer Gutschrift. Soweit eine
derart überwälzte Abgabe noch nicht entrichtet wurde, hat die
Abgabenbehörde diese mit gesondertem Bescheid vorzuschreiben.
(4) Abs. 3 ist nicht anzuwenden auf Abgabepflichtige, soweit
ihnen die Anlassfallwirkung für eine vom Verfassungsgerichtshof
als rechtswidrig erkannte Abgabenvorschrift zukommt.

§ 186. (1) Bei Abgaben, die für Rechnung eines
Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und
abzuführen sind, ist der Abfuhrpflichtige berechtigt, während
eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum
Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen
des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.
(2) Unterbleibt ein Ausgleich oder eine Rückzahlung gemäß Abs.
1, so kann der Abgabepflichtige bis zum Ablauf des dritten
Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, die
Rückzahlung des zu Unrecht entrichteten Betrages beantragen,
sofern nicht eine Rückzahlung oder ein Ausgleich durch die
Abgabenbehörde erfolgt oder bereits erfolgt ist.

§ 187. (1) Wurde eine Abgabe zu Unrecht zwangsweise
eingebracht, so ist der zu Unrecht entrichtete Betrag über
Antrag zurückzuzahlen.
(2) Wurden Wertzeichen in der Absicht verwendet, eine Abgabe zu
entrichten, so ist der entrichtete Betrag, soweit eine
Abgabenschuld nicht besteht, von der Abgabenbehörde auf Antrag
zurückzuzahlen.
(3) Anträge nach Abs. 1 und 2 können bis zum Ablauf des dritten
Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folgt, in dem
der Betrag zu Unrecht entrichtet wurde.
XE "Kleinbeträge# Abgabenordnung"
H. Behandlung von Kleinbeträgen

§ 188. Abgabenbeträge, die 3,64 Euro nicht übersteigen, sind
nicht zu vollstrecken; Guthaben (§ 162), die 3,64 Euro nicht
übersteigen, sind nicht zurückzuzahlen.


7. ABSCHNITT
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Rechtsschutz

A. Ordentliche Rechtsmittel

1. Berufung

§ 189. Gegen Bescheide, welche die Abgabenbehörden erster
Instanz erlassen, ist als Rechtsmittel die Berufung gegeben,
soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsmittel für
unzulässig erklärt wird.

§ 190. Gegen nur das Verfahren betreffende Verfügungen ist ein
abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Sie können erst in
der Berufung gegen den die Angelegenheit abschließenden
Bescheid angefochten werden.

2. Einbringung

§ 191. (1) Die Berufungsfrist beträgt einen Monat.
(2) Durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz
oder teilweise fehlenden Begründung (§ 67 Abs. 3 lit. a) wird
der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.
(3) Die Berufungsfrist kann aus berücksichtigungswürdigen
Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert
werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf
der Berufungsfrist gehemmt.
(4) Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der
Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag,
an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3)
über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den
Fällen des Abs. 3 kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen,
daß die Berufungsfrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem
letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.

§ 192. Zur Einbringung einer Berufung ist jeder befugt, an den
der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen
ist.

§ 193. (1) Wer zur Berufung gegen einen Haftungsbescheid (§
171) befugt ist, kann innerhalb der für die Einbringung der
Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch
gegen den Abgabenbescheid (§ 146) berufen, wenn ein solcher
bereits ergangen ist oder die Abgabe erstmals durch den
Haftungsbescheid festgesetzt wurde.
(2) Einem gemäß Abs. 1 zur Berufung Befugten ist ein
vorangegangener Abgabenbescheid zur Kenntnis zu bringen. § 191
Abs. 2 und 4 gilt sinngemäß.
(3) Wurde die Abgabe durch Selbstbemessung (§§ 149 und 150)
festgesetzt, so steht auch dann, wenn die Verjährungsfrist
bereits abgelaufen ist, dem zur Berufung gegen den
Haftungsbescheid Befugten noch innerhalb der Berufungsfrist das
Recht zur Berichtigung der Abgabenerklärung zu. Durch eine
solche Berichtigungserklärung wird die Verjährung neu in Lauf
gesetzt. § 191 Abs. 2 und 4 gilt sinngemäß.
(4) Wird gemäß § 171 die Haftung in Teilen geltend gemacht, so
stehen die Rechte nach Abs. 1 bis 3 hinsichtlich der davon
jeweils betroffenen Abgabenfestsetzung nur anläßlich des ersten
Haftungsbescheides zu.
(5) Die Rechte nach Abs. 1 bis 3 stehen Personen, die einer
Berufung gegen den Abgabenbescheid beigetreten sind oder
während des ganzen Laufes der Berufungsfrist gegen den
Abgabenbescheid oder während der ganzen Zeit von der
Abgabenfestsetzung durch Selbstbemessung bis zum Ablauf der
Verjährungsfrist dem in den §§ 54 bis 56 umschriebenen
Personenkreis angehört haben, nicht zu.
(6) Eine Berufung nach Abs. 1 ist insoweit als unzulässig
zurückzuweisen, als der Haftungsbescheid eingeschränkt oder
behoben wird. Unter der gleichen Voraussetzung verliert eine
von dem zur Haftung Herangezogenen abgegebene
Berichtigungserklärung (§§ 149 und 150) ihre Wirkung, ohne daß
es diesbezüglich einer gesonderten Erledigung bedarf.

§ 194. (1) Die Berufung ist bei der Abgabenbehörde
einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Die
Berufung kann jedoch auch bei der Abgabenbehörde zweiter
Instanz eingebracht werden.
(2) Die Einbringung bei einer anderen als im Abs. 1 genannten
Stelle gilt nur dann als rechtzeitig, wenn die Berufung noch
vor Ablauf der Berufungsfrist der Abgabenbehörde, die den
angefochtenen Bescheid erlassen hat, oder der zur Entscheidung
über die Berufung zuständigen Abgabenbehörde zweiter Instanz
zukommt.

3. Inhalt und Wirkung

§ 195. Die Berufung muß die Bezeichnung des Bescheides
enthalten, gegen den sie sich richtet.

§ 196. Bescheide, die an die Stelle eines früheren Bescheides
treten, sind in vollem Umfang anfechtbar. Das gleiche gilt für
endgültige Bescheide, die an die Stelle eines vorläufigen
Bescheides (§ 148) treten, und für Bescheide, die einen
vorläufigen zum endgültigen Bescheid erklären.

§ 197. Liegen einem Abgabenbescheid Entscheidungen zugrunde,
die in einem Meßbescheid oder in einem Zerlegungsbescheid
getroffen worden sind, so kann der Abgabenbescheid nicht mit
der Begründung angefochten werden, daß die in dem Meßbescheid
oder Zerlegungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend
seien.

§ 198. Durch Einbringung einer Berufung wird die Wirksamkeit
des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die
Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht
aufgehalten.

4. Verzicht und Zurücknahme

§ 199. (1) Auf die Einbringung einer Berufung kann verzichtet
werden. Der Verzicht ist schriftlich oder zur Niederschrift (§
61) zu erklären.
(2) Vor Erlassung eines Bescheides kann ein Verzicht
rechtswirksam nur abgegeben werden, wenn aus der
Verzichtserklärung (Niederschrift) hervorgeht, daß dem
Verzichtenden im Zeitpunkt ihrer Abgabe der Inhalt des zu
erwartenden Bescheides, bei Abgabenbescheiden die Grundlagen
der Abgabenfestsetzung, die Höhe der Abgabe und die
Abweichungen von den bisherigen Festsetzungen, bekannt waren.
(3) Eine trotz Verzicht eingebrachte Berufung ist unzulässig.

§ 200. (1) Berufungen können bis zur Unterzeichnung der
Berufungsentscheidung zurückgenommen werden. Die Zurücknahme
ist schriftlich oder zur Niederschrift (§ 61) zu erklären.
(2) Wurden Beitrittserklärungen abgegeben, ist die Zurücknahme
der Berufung nur wirksam, wenn ihr alle zustimmen, die der
Berufung beigetreten sind.

5. Beitritt zur Berufung

§ 201. (1) Einer Berufung, über die noch nicht entschieden ist,
kann beitreten, wer nach Abgabenvorschriften für die den
Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als
Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtiger (§ 171) in
Betracht kommt.
(2) Wer einer Berufung beigetreten ist, kann die gleichen
Rechte geltend machen, die dem Berufungswerber zustehen.

§ 202. (1) Der Beitritt ist bei der Abgabenbehörde, die den
angefochtenen Bescheid erlassen hat, schriftlich zu erklären.
Die Abgabenbehörde hat die Beitrittserklärung der Vorlage der
Berufung (§ 211 Abs. 2) anzuschließen oder, falls diese schon
vorgelegt ist, nachträglich vorzulegen.
(2) Die im Abs. 1 bezeichnete Abgabenbehörde hat eine
Beitrittserklärung durch Bescheid zurückzuweisen,
a) wenn im Zeitpunkt des Einlangens der Beitrittserklärung über
die Berufung durch eine wie eine Berufungsentscheidung wirkende
Berufungsvorentscheidung (§ 211 Abs. 1) oder durch
Berufungsentscheidung (§ 223) bereits rechtskräftig entschieden
war;
b) wenn sie von jemandem abgegeben wurde, der zum Beitritt
nicht befugt ist. In diesem Fall darf die Berufungsentscheidung
erst nach Rechtskraft des Zurückweisungsbescheides ergehen.

6. Entscheidungsbefugnis

§ 203. Der Abgabenberufungskommission als Abgabenbehörde
zweiter Instanz obliegt die Entscheidung über Berufungen.

§ 204. Die Abgabenberufungskommission besteht aus dem
Vorsitzenden, sechs Beisitzern und sechs Stellvertretern der
Beisitzer.

§ 205. Vorsitzender ist der Magistratsdirektor oder ein von ihm
bestimmter Vertreter. Dieser muß ein rechtskundiger Beamter des
Magistrates sein, der an der Verwaltung der Abgaben in erster
Instanz nicht mitwirken darf.

§ 206. (1) Je zwei der Beisitzer und Stellvertreter sind von
der Landesregierung auf Vorschlag der stärksten, je einer auf
Vorschlag der zweitstärksten Partei des Gemeinderates auf die
Dauer der Wahlperiode des Gemeinderates zu ernennen. Weisen
mehrere Parteien des Gemeinderates die gleiche Anzahl von
Sitzen auf, so ist für das Vorschlagsrecht die höhere Zahl von
Wählerstimmen bei der letzten Gemeinderatswahl ausschlaggebend.
Bei Gleichheit der Wählerstimmen entscheidet das Los.
(2) Diese Beisitzer und Stellvertreter müssen zum Gemeinderat
wählbare Personen sein und zu Beginn des Jahres der Ernennung
das 30. Lebensjahr vollendet haben. Sie dürfen niemals wegen
Hinterziehung einer Abgabe der Stadt Wien bestraft oder wegen
eines Finanzvergehens (mit Ausnahme einer
Finanzordnungswidrigkeit) finanzstrafbehördlich oder
gerichtlich schuldig befunden worden sein.
(3) Die Beisitzer und Stellvertreter haben beim Eintritt in
ihre Tätigkeit vor dem Landeshauptmann folgendes Gelöbnis zu
leisten: "Ich gelobe, daß ich bei den Sitzungen der
Abgabenberufungskommission ohne Ansehung der Person
unparteiisch nach bestem Wissen und Gewissen vorgehen, die
Gesetze befolgen und, was mir durch die Verhandlungen
überhaupt, insbesondere von den Verhältnissen der
Abgabepflichtigen, bekannt wird, strengstens geheimhalten
werde." Die Beifügung einer religiösen Beteuerung ist zulässig.
(4) Nach einer Neuwahl des Gemeinderates sind die Beisitzer und
Stellvertreter nach den Vorschriften des Abs. 1 neu zu
bestellen. Bis zu dieser Neubestellung bleiben die bisherigen
Beisitzer und Stellvertreter im Amt. Ihre neuerliche Ernennung
ist zulässig.
(5) Ein Beisitzer oder Stellvertreter ist von der
Landesregierung vorzeitig abzuberufen, wenn er eine der
Voraussetzungen des Abs. 2 nicht erfüllt hat oder nicht mehr
erfüllt oder wenn ein neuer Ernennungsvorschlag der hiezu
berechtigten Partei eingereicht worden ist. Eine vorzeitige
Abberufung ist ferner aus wichtigen Gründen zulässig. Ein
wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Beisitzer oder
Stellvertreter die Geheimhaltungspflicht oder eine sonstige
Amtspflicht verletzt hat.

§ 207. Die drei weiteren Beisitzer und Stellvertreter müssen
rechtskundige Beamte des Magistrates sein, die an der
Verwaltung der Abgaben in erster Instanz nicht mitwirken
dürfen. Sie sind von der Landesregierung auf unbestimmte Zeit
zu ernennen und können von dieser jederzeit abberufen werden.

§ 207a. (Verfassungsbestimmung) Der Vorsitzende, sein
Vertreter, alle Beisitzer und deren Stellvertreter sind bei
Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.

7. Berufungsverfahren

§ 208. (1) Die Abgabenbehörde erster Instanz hat eine Berufung,
die gegen einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden
ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
(2) Eine Berufung darf nicht deshalb als unzulässig
zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Berufungsfrist
eingebracht wurde oder weil sie unrichtig bezeichnet ist.

§ 209. Wurde gegen einen vorläufigen Bescheid (§ 148) oder
gegen einen nachträglich geänderten Bescheid eine Berufung
eingebracht, über die im Zeitpunkt der Erlassung des
endgültigen oder des ändernden Bescheides noch nicht
entschieden war, dann ist sie mit der Erlassung des endgültigen
oder des ändernden Bescheides insoweit gegenstandslos, als der
endgültige oder der ändernde Bescheid dem Berufungsbegehren
Rechnung trägt. Im übrigen gilt die gegen den vorläufigen oder
gegen den geänderten Bescheid eingebrachte Berufung als auch
gegen den endgültigen oder gegen den ändernden Bescheid
gerichtet.

§ 210. Wenn eine Berufung nicht dem im § 195 umschriebenen
Erfordernis entspricht, so hat die Abgabenbehörde erster
Instanz dem Berufungswerber die Behebung dieses inhaltlichen
Mangels mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Berufung nach
fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden an-
gemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

§ 211. (1) Liegt ein Anlaß zur Zurückweisung (§ 208) nicht vor
und sind etwaige Mängel behoben (§ 59 Abs. 2 und § 210), so
kann die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung nach Durch-
führung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen durch
Berufungsvorentscheidung erledigen und hiebei den angefochtenen
Bescheid nach jeder Richtung abändern oder aufheben oder die
Berufung als unbegründet abweisen. Ein solcher Bescheid wirkt
wie eine Entscheidung über die Berufung.
(2) Gegen eine Berufungsvorentscheidung kann innerhalb der
unerstreckbaren Frist von einem Monat beantragt werden, die
Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung
vorzulegen. Auf dieses Antragsrecht ist in der
Berufungsvorentscheidung aufmerksam zu machen. Das Antragsrecht
steht dem Berufungswerber zu und ferner auch jedem, gegen den
die Berufungsvorentscheidung wirkt. Ein verspätet eingebrachter
Antrag ist von der Abgabenbehörde erster Instanz durch Bescheid
zurückzuweisen.
(3) Wird ein Antrag gemäß Abs. 2 rechtzeitig eingebracht, so
gilt die Berufung von der Einbringung des Antrages an wiederum
als unerledigt; die Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidung
bleibt jedoch bis zur neuerlichen Entscheidung über die
Berufung unberührt.
(4) Bei wirksamer Zurücknahme des Antrages gemäß Abs. 2 gilt
die Berufung wieder als durch die Berufungsvorentscheidung
erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu
Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der wirksamen
Zurücknahme aller dieser Anträge.
(5) Die Abgabenbehörde erster Instanz hat eine Berufung, über
die eine Berufungsvorentscheidung nicht erlassen wird, nach
Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen
ungesäumt der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.
Gleiches gilt im Falle eines zeitgerecht eingebrachten Antrages
nach Abs. 2.

§ 212. Ist ein Bescheid von mehreren Berufungswerbern
angefochten oder sind gegen einen Bescheid mehrere Berufungen
eingebracht, so sind diese Berufungen zu einem gemeinsamen
Verfahren zu verbinden.

§ 213. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat zu prüfen, ob ein
von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht aufgegriffener
Grund zur Zurückweisung der Berufung vorliegt. Ist ein solcher
Grund gegeben, so hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz die
Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen

§ 214. (1) Im Berufungsverfahren hat die Abgabenbehörde zweiter
Instanz die Obliegenheiten und Befugnisse, die der
Abgabenbehörde erster Instanz auferlegt und eingeräumt sind.
(2) Die Abgabenbehörde zweiter Instanz kann notwendige
Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens auch durch die
Abgabenbehörde erster Instanz vornehmen lassen.

§ 215. Auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der
Abgabenbehörde zweiter Instanz im Laufe des Berufungsverfahrens
zur Kenntnis gelangen, ist Bedacht zu nehmen.

§ 216. (1) Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage
eine Berufung anhängig oder schwebt sonst vor einem Gericht
oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von
wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung
ist, so kann die Entscheidung über diese unter Mitteilung der
hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht
überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.
(2) Eine Aussetzung der Entscheidung gemäß Abs. 1 ist von der
Abgabenbehörde zweiter Instanz auszusprechen. Nach
rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, das Anlaß zu
Aussetzung gemäß Abs. 1 gegeben hat, ist das ausgesetzte
Berufungsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
(3) Die Aussetzung der Entscheidung kann auch von der
Abgabenbehörde erster Instanz ausgesprochen werden. Dieser
Bescheid tritt außer Kraft, sobald eine Partei die Fortsetzung
des Berufungsverfahrens beantragt.

§ 217. Die Abgabenberufungskommission entscheidet ohne
mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung.

§ 218. (1) Die Sitzungen der Abgabenberufungskommission sind
vom Vorsitzenden anzuberaumen.
(2) Bei Anberaumung einer Sitzung hat der Vorsitzende jede
Berufung, über die in der Sitzung entschieden werden soll,
einem jener Beisitzer, die rechtskundige Beamte des Magistrates
sind, als Berichterstatter zuzuweisen.

§ 219. (1) An den Sitzungen haben der Vorsitzende und die
Beisitzer oder deren Stellvertreter teilzunehmen.
(2) Den Sitzungen ist ein Schriftführer beizuziehen.

§ 220. Die Abgabenberufungskommission hat über die Berufung zu
beraten und über die Entscheidung sowie über allfällige
Vorfragen abzustimmen. Sie ist beschlußfähig, wenn der
Vorsitzende und wenigstens drei Beisitzer oder Stellvertreter
anwesend sind.

§ 221. (1) Der Vorsitzende leitet die Beratung und Abstimmung.
Die Beratung beginnt mit dem Vortrag des Berichterstatters. Die
Reihenfolge der Stimmabgabe ist vom Vorsitzenden zu bestimmen.
Eine Stimmenthaltung gilt als Ablehnung.
(2) Die Abgabenberufungskommission faßt ihre Beschlüsse mit
einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gilt die
Meinung, der sich der Vorsitzende angeschlossen hat, als
angenommen. Bilden sich wegen eines Betrages, über den Beschluß
zu fassen ist, mehr als zwei Meinungen, so werden die Stimmen
für den höchsten Betrag jenen für den nächstniedrigen Betrag
hinzugezählt, bis sich eine Mehrheit ergibt.
(3) Über die Beratung und Abstimmung ist eine Niederschrift
aufzunehmen, die vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu
unterfertigen ist.

§ 222. (1) Dem Magistratsdirektor als Vorsitzenden der
Abgabenberufungskommission oder dem von ihm bestimmten
Vertreter (§ 205) obliegt es, die Entscheidungen der
Abgabenberufungskommission zu unterfertigen. Mit der Unter-
fertigung von Bescheiden kann der Vorsitzende der
Abgabenberufungskommission einen Beisitzer beauftragen.
(2) Die Bürogeschäfte der Abgabenberufungskommission hat der
Magistrat zu führen.

8. Berufungsentscheidung

§ 223. Die Berufungsentscheidung hat zu enthalten:
a) die Namen der Parteien des Berufungsverfahrens und ihre
Vertreter;
b) die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides;
c) den Spruch;
d) die Begründung.

§ 224. (1) Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat, sofern die
Berufung nicht gemäß § 213 zurückzuweisen ist, immer in der
Sache selbst zu entscheiden. Sie kann aber auch die
Abgabenbehörde erster Instanz zur Erlassung einer
Berufungsvorentscheidung anweisen, sofern in dem anhängigen
Verfahren eine solche noch nicht ergangen ist.
(2) Die Abgabenbehörde zweiter Instanz ist berechtigt, sowohl
im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung
an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen
und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung
abzuändern oder aufzuheben oder die Berufung als unbegründet
abzuweisen.

§ 225. (1) Im Berufungsverfahren können nur einheitliche
Entscheidungen getroffen werden. Die Berufungsentscheidung
wirkt für und gegen die gleichen Personen wie der angefochtene
Bescheid.
(2) Eine Berufungsentscheidung über das Bestehen und die Höhe
einer Abgabenschuld, die auf Grund eines vom
Haftungspflichtigen eingebrachten Rechtsmittels (§ 193) ergeht,
wirkt auch für und gegen den Abgabepflichtigen.

§ 226. Gegen Berufungsentscheidungen und gegen sonstige
Bescheide der Abgabenbehörde zweiter Instanz ist ein
ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

B. Sonstige Abänderung von Bescheiden

1. Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 227. Die Abgabenbehörde kann in ihrem Bescheid unterlaufene
Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem
ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich
auf dem Einsatz einer automationsunterstützten
Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.

§ 228. (1) Eine Abänderung oder Zurücknahme eines Bescheides,
der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von
Pflichten betrifft, durch die Abgabenbehörde, die den Bescheid
erlassen hat, ist - soweit nicht Widerruf oder Bedingungen
vorbehalten sind - nur zulässig,
a) wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die
für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind, oder
b) wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse auf Grund
unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht angenommen
worden ist.
(2) Die Abänderung oder Zurücknahme kann mit rückwirkender
Kraft nur ausgesprochen werden, wenn der Bescheid durch
wissentlich unwahre Angaben oder durch eine strafbare Handlung
herbeigeführt worden ist.
(3) Die Bestimmungen der Abgabenvorschriften über die Änderung
und den Widerruf von Bescheiden der im Abs. 1 bezeichneten Art
bleiben unberührt.

§ 229. Beruht ein Bescheid auf einem Meß- oder
Zerlegungsbescheid, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die
Rechtskraft eingetreten ist oder nicht, im Fall der Änderung
des zugrunde liegenden Bescheides von Amts wegen durch einen
neuen Bescheid zu ersetzen. Mit der Erlassung des neuen
Bescheides kann gewartet werden, bis die Änderung des Meß- oder
Zerlegungsbescheides rechtskräftig geworden ist.

§ 230. Ein Abgabenbescheid, in dem der Abgabenbetrag auf Grund
eines Steuermeßbetrages unter Anwendung eines Hundertsatzes
(Hebesatzes) berechnet wurde, ist im Fall einer nachträglichen
Änderung des Hebesatzes von Amts wegen durch einen neuen
Abgabenbescheid zu ersetzen.

§ 231. In Ausübung des Aufsichtsrechtes kann ein Bescheid einer
Abgabenbehörde erster Instanz von der Landesregierung
aufgehoben werden,
a) wenn er von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht
richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde, oder
b) wenn der dem Bescheid zugrunde liegende Sachverhalt in einem
wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig
angenommen wurde, oder
c) wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei
deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen
werden können, oder
d) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder
e) wenn er mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen
Vereinbarungen im Widerspruch steht.

§ 232. Die Abgabenberufungskommission kann einen von ihr
erlassenen Bescheid unbeschadet der sich aus den §§ 227 und 228
ergebenden Befugnisse aus den Gründen des § 231 abändern oder
zurücknehmen, wenn er mit Beschwerde beim
Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof angefochten
ist.

§ 233. Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den §§ 231 und
232 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes steht
niemandem ein Anspruch zu.

§ 234. (1) Maßnahmen gemäß §§ 227 bis 230 und gemäß § 231 lit.
e sind nach Ablauf der Verjährungsfrist, Maßnahmen gemäß § 231
lit. a bis d sind jedoch bereits nach Ablauf von einem Jahr
nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides nicht mehr
zulässig.
(2) Eine Klaglosstellung (§ 33 des
Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10; § 86 des
Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953, BGBl. Nr. 85) durch Aufhe-
bung des beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichts-
hof mit Beschwerde angefochtenen Bescheides gemäß § 232 darf in
jedem Abgabenverfahren nur einmal erfolgen.

2. Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 235. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines
durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben,
wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr
zulässig ist und
a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis
oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder
sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im
abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht
geltend gemacht werden konnten, oder
c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich
über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde
(Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit
dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders
lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 ist binnen
Monatsfrist von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller
nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat,
bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen
Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
(3) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter
den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen
zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu
hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden
sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in
Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im
Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

§ 236. Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist eine Wiederaufnahme
des Verfahrens ausgeschlossen.

§ 237. (1) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme des
Verfahrens steht der Abgabenbehörde zu, die den Bescheid in
letzter Instanz erlassen hat.
(2) Wurde ein Wiederaufnahmsgrund anläßlich einer Nachschau (§§
114 bis 116) festgestellt, so steht die Verfügung der
Wiederaufnahme des Verfahrens der Abgabenbehörde zu, die den
Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

§ 238. Zwecks Beurteilung der Frage, ob das Verfahren wieder
aufzunehmen ist, sind frühere Ermittlungen und Beweisaufnahmen,
die durch die Wiederaufnahmsgründe nicht betroffen werden,
keinesfalls zu wiederholen.

§ 239. (1) Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens
bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist unter
gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das
wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu
verbinden.
(2) In der Sachentscheidung darf eine seit Erlassung des
früheren Bescheides eingetretene Änderung der Rechtsauslegung,
die sich auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder
des Verwaltungsgerichtshofes stützt, nicht zum Nachteil der
Partei berücksichtigt werden.
(3) Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiederaufnahme durch
die Abgabenbehörde erster Instanz steht dem Antragsteller das
Recht der Berufung zu.

3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 240. (1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 83 bis 85) ist
auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen
Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie
durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne
ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Ein
minderer Grad des Verschuldens hindert die Bewilligung der
Wiedereinsetzung nicht.
(2) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände
gestützt werden, die die Abgabenbehörde schon früher für
unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten
Frist zu bewilligen.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen Monatsfrist nach
Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde eingebracht
werden, bei der die Frist wahrzunehmen war. Gleichzeitig mit
dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller die versäumte
Handlung nachzuholen.

§ 241. (1) Nach Ablauf eines Jahres, vom Ende der versäumten
Frist an gerechnet, ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand nicht mehr zulässig.
(2) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des
Wiedereinsetzungsantrages (§ 240 Abs. 3) findet keine
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

§ 242. (1) Zur Entscheidung über den Antrag auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist die Abgabenbehörde,
bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war, bei Versäumung
einer Berufungsfrist die Abgabenbehörde erster Instanz berufen.
(2) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das
Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt
der Versäumung befunden hat.
(3) Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiedereinsetzung
durch die Abgabenbehörde erster Instanz steht dem Antragsteller
das Recht der Berufung zu.

C. Entscheidungspflicht

§ 243. (1) Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, über die in
Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen (§ 59) der Parteien
ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.
(2) Werden Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz mit
Ausnahme solcher Bescheide, die auf Grund von
Abgabenerklärungen zu erlassen sind, der Partei nicht innerhalb
von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen zugestellt, so
geht auf schriftliches Verlangen der Partei die Zuständigkeit
zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz über.
Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Abgabenbehörde
zweiter Instanz einzubringen; er ist abzuweisen, wenn die
Verspätung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Ab-
gabenbehörde erster Instanz zurückzuführen ist.
(3) Für Verfahren nach § 185 verlängert sich der in Abs. 2
genannte Zeitraum von sechs Monaten auf zwei Jahre.


8. ABSCHNITT
XE "Kosten# Abgabenordnung"
Kosten

A. Allgemeine Bestimmungen

§ 244. Sofern sich aus diesem Gesetz oder aus sonstigen
gesetzlichen Vorschriften nicht anderes ergibt, sind die Kosten
für die Tätigkeit der Abgabenbehörden von Amts wegen zu tragen.

§ 245. Die Parteien haben die ihnen im Abgabenverfahren
erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

B. Kosten im Verbrauchsteuerverfahren

§ 246. Im Verbrauchsteuerverfahren besteht Kostenpflicht
1. für alle Amtshandlungen, die auf Antrag zu einer vom
Antragsteller gewünschten bestimmten Zeit vorgenommen werden;
2. für besondere Überwachungsmaßnahmen im Sinn des § 118;
3. für Sachverständigengutachten und für chemische oder
technische Untersuchungen von Waren anläßlich der Prüfung von
Anträgen auf Gewährung von Begünstigungen.
§ 247. (1) Soweit nach § 246 Kostenpflicht besteht oder in
Verbrauchsteuervorschriften die Auferlegung von Kosten
vorgesehen ist, hat die Partei (§ 52) die der Abgabenbehörde
erwachsenen Barauslagen zu ersetzen und für Amtshandlungen
außerhalb des Amtes Kommissionsgebühren zu entrichten.
(2) Die Kommissionsgebühren sind in Bauschbeträgen (nach
Tarifen) oder, soweit keine Bauschbeträge (Tarife) festgesetzt
sind, als Barauslagen aufzurechnen. Die Bauschbeträge (Tarife)
sind nach der für die Amtshandlung aufgewendeten Zeit, nach der
Entfernung des Ortes der Amtshandlung vom Amt oder nach der
Zahl der notwendigen Amtsorgane festzusetzen.
(3) Die Festsetzung der Bauschbeträge (Tarife) erfolgt durch
Verordnung der Landesregierung.

§ 248. Die nach § 247 zu entrichtenden Kostenbeträge werden
eine Woche nach Zustellung des Kostenbescheides fällig.


9. ABSCHNITT
XE "Strafbestimmungen# Abgabenordnung"
Strafbestimmungen

§ 249. (1) Einer gerichtlich zu ahndenden Übertretung macht
sich schuldig:
a) wer persönliche, betriebliche oder geschäftliche, der
Öffentlichkeit unbekannte Verhältnisse oder der Öffentlichkeit
unbekannte Abgaben betreffende Umstände eines anderen unbefugt
preisgibt, obgleich sie ihm nur durch seine amtliche Stellung
oder durch seine Tätigkeit als Sachverständiger in einem
Abgabenverfahren oder in einem abgabenrechtlichen
Verwaltungsstrafverfahren bekannt sind;
b) wer den Inhalt von Akten eines Abgabenverfahrens oder eines
abgabenrechtlichen Verwaltungsstrafverfahrens unbefugt
preisgibt;
c) wer das Beratungs- und Abstimmungsgeheimnis der Abgaben-
berufungskommission unbefugt preisgibt.
(2) Die Preisgabe von Verhältnissen oder Umständen ist befugt,
wenn ihr der zustimmt, dessen Interessen geschützt werden
sollen, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Preisgabe
besteht oder wenn sie im zwingenden öffentlichen Interesse
gelegen ist. Vor der Entscheidung, ob die Preisgabe im
zwingenden öffentlichen Interesse gelegen war, hat das Gericht
die Landesregierung zu hören.
(3) Die Tat wird, wenn sie nicht einen mit strengerer Strafe
bedrohten Tatbestand erfüllt, mit Arrest bis zu drei Monaten
geahndet. Statt der Arreststrafe oder neben dieser kann auf
eine Geldstrafe bis zu 3 500 Euro erkannt werden.
(4) Die Tat wird vom öffentlichen Ankläger nur auf Antrag
verfolgt; antragsberechtigt ist, wessen Interessen durch die
Geheimhaltung geschützt werden sollen.

§ 250. (1) Eines gerichtlich zu ahndenden Vergehens macht sich
schuldig:
a) wer die Geheimhaltungspflicht aus Eigennutz oder in
Schadensabsicht verletzt;
b) wer die betrieblichen oder geschäftlichen Verhältnisse
unbefugt verwertet, die ihm nur durch seine amtliche Stellung
oder durch seine Tätigkeit als Sachverständiger in einem
Abgabenverfahren oder in einem abgabenrechtlichen
Verwaltungsstrafverfahren bekannt sind.
(2) Die Tat wird, wenn sie nicht einen mit strengerer Strafe
bedrohten Tatbestand erfüllt, mit strengem Arrest von drei
Monaten bis zu zwei Jahren geahndet. Neben der Freiheitsstrafe
kann auch auf Geldstrafe bis zu 14 000 Euro erkannt werden.

§ 251. (1) Einer Verwaltungsübertretung macht sich schuldig:
a) wer Abgaben, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sind,
nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder
abführt, es sei denn, daß der Zahlungs(Abfuhr)pflichtige bis zu
diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages und die
Gründe der nicht zeitgerechten Entrichtung (Abfuhr)
bekanntgibt; im übrigen ist die Versäumung eines
Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar;
b) wer für die Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten durch
unrichtige Angaben ungerechtfertigte Zahlungserleichterungen
erwirkt;
c) wer einen im Abgabenverfahren oder in einem
abgabenrechtlichen Verwaltungsstrafverfahren angelegten
amtlichen Verschluß verletzt oder durch solche Verschlüsse
gesicherte Räume, Umschließungen oder Teile von Vorrichtungen,
in denen sich verbrauchsteuerpflichtige Gegenstände befinden
oder die für solche Gegenstände bestimmt sind, beschädigt;
d) wer, ohne den Tatbestand einer anderen nach den
Abgabenvorschriften strafbaren Verwaltungsübertretung zu
erfüllen, als Abgabepflichtiger, zum Steuerabzug
Verpflichteter, abgabenrechtlich Begünstigter bzw. in Wahr-
nehmung der Angelegenheiten solcher Personen, Abgabengesetzen
sowie hiezu erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.
(2) Die Verwaltungsübertretung wird in den Fällen des Abs. 1
lit. b und d mit einer Geldstrafe bis zu 210 Euro, im
Nichteinbringungsfall mit Arrest bis zu einer Woche, in den
Fällen des Abs. 1 lit. a und c mit einer Geldstrafe bis zu 2
100 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Arrest bis zu sechs
Wochen, geahndet.
(3) Verletzungen amtlicher Verschlüsse der im Abs. 1 lit. c
genannten Art bilden nur insoweit eine Verwaltungsübertretung,
als die Tat nicht nach § 272 StGB zu bestrafen ist.


10. ABSCHNITT

Übergangs- und Schlußbestimmungen

§ 252. Abgabenrechtliche Begünstigungen, Berechtigungen oder
Befreiungen von Pflichten, welche bei Wirksamkeitsbeginn dieses
Gesetzes nach bisherigem Recht durch Bescheid zuerkannt waren,
bleiben aufrecht, sofern sie nicht mangels Vorliegens der nach
diesem Gesetz erforderlichen Voraussetzungen durch Bescheid
widerrufen werden.

§ 253. Die Fristen dieses Gesetzes gelten auch für jene Fälle,
in denen die Fristen des bisherigen Rechtes im Zeitpunkt des
Wirksamkeitsbeginnes dieses Gesetzes noch nicht abgelaufen
waren.

§ 254. (1) Mit dem Wirksamkeitsbeginn dieses Gesetzes werden
aufgehoben
1. die §§ 6, 7 und 9 des Gesetzes vom 16. Dezember 1921, LGBl.
für Wien Nr. 156, betreffend die Einhebung einer Gemeindeabgabe
für das Halten von Hunden in der Stadt Wien, in der Fassung der
Satzungen vom 6. November 1942, Verordnungs- und Amtsblatt für
den Reichsgau Wien Nr. 162, und vom 1. November 1944,
Verordnungs- und Amtsblatt für den Reichsgau Wien Nr. 132, und
der Gesetze vom 14. Februar 1946, LGBl. für Wien Nr. 1, vom 16.
Dezember 1949, LGBl. für Wien Nr. 2/1950, und vom 21. Dezember
1951, LGBl. für Wien Nr. 5/1952;
2. die Verordnung des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien
vom 28. Juni 1934, LGBl. für Wien Nr. 36, betreffend die
Abgabenberufungskommission, in der Fassung der Verordnung vom
2. August 1938, Verordnungsblatt für den Amtsbereich des
Bürgermeisters von Wien Nr. 10;
3. § 7 Abs. 2 und die §§ 9, 10, 12, 14 und 15 des
Anzeigenabgabegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 14/1946;
4. § 15 Abs. 4 und die §§ 40 und 42 des
Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1946, LGBl. für Wien Nr. 17,
in der Fassung der Gesetze vom 28. Oktober 1948, LGBl. für Wien
Nr. 30 vom 25. März 1949, LGBl. für Wien Nr. 19, vom 7. Oktober
1960, LGBl. für Wien Nr. 27, und vom 22. Juni 1962, LGBl. für
Wien Nr. 16;
5. § 5 Abs. 3 und die §§ 6, 9 und 11 des
Gebrauchsgebührengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 4/1948, in der
Fassung des Gesetzes vom 18. Februar 1949, LGBl. für Wien Nr.
14;
6. § 8 Abs. 4 und die §§ 10, 11, 14, 16 und 17 des Wiener
Ankündigungsabgabegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 7/1948, in der
Fassung des Gesetzes vom 22. Juni 1962, LGBl. für Wien Nr. 17;
7. die §§ 10, 11, 13 und 14 des Getränkesteuergesetzes für
Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1948;
8. die §§ 10, 12, 14, 16 und 17 des Gesetzes vom 25. März 1948,
LGBl. für Wien Nr. 17, über die Einhebung einer Steuer
anläßlich der entgeltlichen Abgabe von Gefrorenem im Gebiete
der Stadt Wien;
9. die §§ 7, 8 und 10 des Gesetzes vom 16. Dezember 1949, LGBl.
für Wien Nr. 7/1950, über die Einhebung einer Ausgleichsabgabe
auf Lebendvieh im Gebiete der Stadt Wien, in der Fassung der
Gesetze vom 21. September 1951, LGBl. für Wien Nr. 29, vom 14.
Dezember 1953, LGBl. für Wien Nr. 4/1954, und vom 17. Dezember
1956, LGBl. für Wien Nr. 4/1957;
10. die §§ 7, 8 und 10 des Gesetzes vom 16. Dezember 1949,
LGBl. für Wien Nr. 8/1950, über die Einhebung einer
Ausgleichsabgabe auf frisches Fleisch im Gebiete der Stadt
Wien, in der Fassung der Gesetze vom 21. September 1951, LGBl.
für Wien Nr. 30, und vom 14. Dezember 1953, LGBl. für Wien Nr.
3/1954, und vom 17. Dezember 1956, LGBl. für Wien Nr. 3/1957;
11. § 21 des Hauskehrichtabfuhrgesetzes 1954, LGBl. für Wien
Nr. 16, in der Fassung der Gesetzes vom 15. Dezember 1955,
LGBl. für Wien Nr. 4/ 1956, und vom 6. März 1959, LGBl. für
Wien Nr. 10;
12. die §§ 17 und 18 des Wiener
Fremdenverkehrsförderungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 13/1955;
13. § 45 des Wiener Garagengesetzes, LGBl. für Wien Nr.
22/1957;
14. § 24 des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl. für Wien Nr.
10;
15. § 18 Abs. 4 des Gesetzes vom 20. Oktober 1961, LGBl. für
Wien Nr. 17, über die Einhebung von Gebühren für die Benützung
und Räumung von Unratsanlagen.
(2) § 10 Abs. 2 des Gebrauchsgebührengesetzes, LGBl. für Wien
Nr. 4/1948, in der Fassung des Gesetzes vom 18. Februar 1949,
LGBl. für Wien Nr. 14, hat zu lauten:
"(2) Über Berufungen in Angelegenheiten der Gebrauchsgebühr
entscheidet die Abgabenberufungskommission".

§ 255. Wo in gesetzlichen Vorschriften auf durch dieses Gesetz
und durch die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961,
aufgehobene Bestimmungen hingewiesen wird, treten an deren
Stelle sinngemäß die Bestimmungen dieses Gesetzes.

§ 256. Dieses Gesetz tritt am 1. Jänner 1963 in Kraft.