Steiermärkisches Gemeindewasserleitungsgesetz 1971

Quelle: RIS (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes, Stand 24.8.2003)
RIS- Dokumentnummer LRST/6930/001

 

Titel
Gesetz vom 16. Februar 1971 über die von den Gemeinden errichteten
öffentlichen Wasserleitungen (Steiermärkisches Gemeindewasserleitungsgesetz 1971)

Stammfassung: LGBl. Nr. 42/1971
Novellen: (1) LGBl. Nr. 82/1995
(2) LGBl. Nr. 7/2002


Text
Der Steiermärkische Landtag hat beschlossen:


Abschnitt I (1)
Ausführungsbestimmungen zu § 36 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959,
BGBl. Nr. 215, zuletzt in der Fassung des Gesetzes BGBl, Nr. 185/1993.

§ 1

(1) In jeder Gemeinde, die eine öffentliche Wasserleitung errichtet
oder errichtet hat, haben, unbeschadet der Bestimmungen des § 3 Abs.
2, die Eigentümer jener Gebäude, die mit Wasser aus der öffentlichen
Wasserleitung versorgt werden können, auf eigene Kosten in diesen
Gebäuden eine Wasserleitung (Hausleitung) herzustellen und dauernd in
gesundheitlich einwandfreiem Zustand zu erhalten sowie das notwendige
Trink- und Nutzwasser ausschließlich aus der öffentlichen
Wasserleitung zu beziehen, wenn der Gemeinderat dies beschließt und
eine Wasserleitungsordnung (§ 9) aufstellt. (1)
(2) Als Gebäude, die mit Wasser aus der öffentlichen Wasserleitung
versorgt werden können, also im Verpflichtungsbereich nach Abs. 1
liegen, sind jene zu betrachten, bei denen die kürzeste Verbindung zu
einer Versorgungsleitung der öffentlichen Wasserleitung nicht mehr als
150 m mißt.
(3) Im Verpflichtungsbereich der öffentlichen Wasserleitung haben die
Gemeinden die Versorgungsleitung und die Anschlußleitung herzustellen
sowie das notwendige Trink- und Nutzwasser zu liefern. Die Eigentümer
sind berechtigt, das ganze in ihren Gebäuden benötigte Trink- und
Nutzwasser der öffentlichen Wasserleitung zu entnehmen, soweit nicht
im Hinblick auf die nicht zureichende Wassermenge, sei es allgemein
durch die Wasserleitungsordnung oder von Fall zu Fall durch
Gemeinderatsbeschluß, eine Beschränkung des Wasserverbrauches auf
bestimmte Verbrauchszwecke oder bestimmte Wassermengen angeordnet
wird.
(4) Die Eigentümer der im Verpflichtungsbereich der öffentlichen
Wasserleitung gelegenen Gebäude haben die Inanspruchnahme ihrer
Grundstücke durch die Gemeinde zur Herstellung und Erhaltung der
Anschlußleitung zu den ihnen gehörenden Gebäuden unentgeltlich zu
gestatten. Die Verpflichtung der Gemeinde zur Herstellung und
Erhaltung der Anschlußleitung entfällt oder wird entsprechend
abgeändert, wenn die Eigentümer der Gebäude im Wege eines
Übereinkommens mit der Gemeinde die Herstellung und Erhaltung oder nur
eines von beiden übernehmen.
(5) Die Gemeinde kann im Wege einer Vereinbarung Eigentümern von
Gebäuden und Liegenschaften, die außerhalb der im Abs. 2 angeführten
Entfernung von der öffentlichen Wasserleitung liegen, gestatten, die
Anschlußleitung zu einer Versorgungsleitung der öffentlichen
Wasserleitung herzustellen und das Wasser daraus zu beziehen, wenn
dadurch die öffentliche Wasserversorgung nicht beeinträchtigt wird.
(6) Hausleitungen müssen in allen ihren Teilen nach den Erfahrungen
der technischen Wissenschaften so hergestellt und instandgehalten
werden, daß sie den Anforderungen der Sicherheit, der Hygiene, der
Beschaffenheit des Wassers sowie den örtlichen Boden- und
Druckverhältnissen entsprechen. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen
ist jedenfalls durch den Nachweis der Anwendung der ÖNormen im Sinne
des Normengesetzes, BGBl. Nr. 64/1954, erbracht. Die Errichtung,
Erweiterung und Abänderung von Hausleitungen ist vor Beginn der
Arbeiten der Gemeinde anzuzeigen. Diese Anzeige ist von der Gemeinde
zur Kenntnis genommen, wenn nicht innerhalb einer Frist von 4 Wochen
die Arbeiten untersagt oder Vorschreibungen erlassen werden.

§ 2

(1) Die im § 1 festgelegte Verpflichtung zum Anschluß an die
öffentliche Wasserleitung und zum Bezug des Wassers aus derselben
betrifft die bereits bestehenden, im Verpflichtungsbereich gelegenen
Gebäude nur dann, wenn das Wasser der für diese Gebäude schon
vorhandenen privaten Wasserversorgungsanlagen (Hausbrunnen,
Wasserleitungen) zu menschlichem Gebrauch und Genuß nicht vollkommen
geeignet ist oder nicht in genügender Menge zur Verfügung steht. Wenn
eine bestehende private Wasserversorgungsanlage im Laufe der Zeit in
einer dieser Hinsichten mangelhaft wird und wenn der Mangel in einer
von der Gemeinde zu setzenden, angemessenen Frist nicht behoben wird,
sind die Eigentümer verpflichtet, ihre Gebäude der öffentlichen
Wasserleitung anzuschließen. Industrielle, gewerbliche und
landwirtschaftliche Anlagen sowie Anlagen von öffentlichen Eisenbahnen
im Verpflichtungsbereich der öffentlichen Wasserleitung sind von der
Verpflichtung zum Anschluß an dieselbe hinsichtlich des Bezuges des
Nutzwassers für Betriebszwecke insoweit ausgenommen, als ihre
bisherige private Nutzwasserversorgung ohne Gefährdung
gesundheitlicher, feuerpolizeilicher und sonstiger öffentlicher
Interessen belassen werden kann. Private Hausbrunnen in dicht
besiedelten Orten befreien in keinem Fall von der im § 1 festgelegten
Verpflichtung zum Anschluß an die öffentliche Wasserleitung
hinsichtlich des Wasserbezuges zu menschlichem Gebrauch und Genuß.
(2) Eine zum menschlichen Genuß und Gebrauch vollkommen genügende
Menge Wassers ist dann als vorhanden anzunehmen, wenn nach Abzug der
für landwirtschaftliche, industrielle oder gewerbliche Zwecke
erforderlichen Wassermengen unter gewöhnlichen Verhältnissen jederzeit
täglich mindestens 100 Liter für jeden Hausbewohner und 30 Liter für
jede zwar nicht im Hause wohnende, aber im Hause beschäftigte Person
bezogen werden können.
(3) Die Verpflichtung zum Anschluß an die öffentliche Wasserleitung
entfällt, wenn der Anschluß aus technischen Gründen (Wasserlauf,
Rutschterrain, Höhenlage u. dgl.) überhaupt nicht oder nur mit
unverhältnismäßig hohen Kosten hergestellt werden könnte. Im letzteren
Fall darf die Anschlußleitung nur im Wege einer Vereinbarung zwischen
der Gemeinde und dem Eigentümer des in Betracht kommenden Gebäudes
hergestellt werden. Diese Vereinbarung hat auch die Frage zu regeln,
wer die Kosten der Herstellung und Erhaltung der Anschlußleitung zu
tragen hat.
(4) Die Wasserleitungsordnung hat die Bestimmung zu enthalten, daß
Befreiungsansprüche im Sinne des Abs. 1 innerhalb einer Frist, die
nicht weniger als 6 Monate betragen darf, beim Gemeindeamt anzumelden
sind, widrigenfalls die Ansprüche erloschen sind. Von der Entstehung
der Anschlußpflicht ist der Verpflichtete nachweislich zu
verständigen.

§ 3

(1) Die Gemeinden haben die von ihnen errichteten öffentlichen
Wasserleitungen jedenfalls unmittelbar nach Elementarereignissen im
Einzugsgebiet der Wasserversorgungsanlage, wie Wolkenbrüche, Erdbeben,
Erdrutschungen, Lawinen u. dgl., in technischer und sanitärer
Beziehung einer Überprüfung unterziehen zu lassen.
(2) Die Gemeinden haben für den Verpflichtungsbereich der öffentlichen
Wasserleitung den Eigentümern (§ 1 Abs. 1) die Weiterbenützung der
bestehenden privaten Wasserversorgungsanlagen für Trinkwasserzwecke zu
untersagen, wenn das daraus gewonnene Wasser für den menschlichen
Genuß ungeeignet ist. Über Antrag des Eigentümers ist mit Bescheid auf
Grundlage eines vorzulegenden Gutachtens festzustellen, ob und für
welche Zwecke die Verwendung als Nutzwasser zulässig und für welche
Zwecke unzulässig ist. Weiters ist die Anlegung neuer privater
Wasserversorgungsanlagen für Trink- und Nutzwasserzwecke im
Verpflichtungsbereich zu untersagen, wenn dadurch der Bestand der
öffentlichen Wasserleitung in wirtschaftlicher Beziehung verunmöglicht
werden könnte. (1)
(3) Bei Betriebsstörungen von mehr als 24 Stunden Dauer hat die
Gemeinde eine Notversorgung mit einwandfreiem Wasser zu bewirken.

Abschnitt II

§ 4

Die Gemeinden können auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen den
Eigentümern bestehender Gebäude, wenn es deren wirtschaftliche Lage
erfordert, auf Ansuchen die nachweisbar durch den Anschluß ihrer
Gebäude an die öffentliche Wasserleitung erwachsenden Kosten gegen
angemessene Verzinsung vorschießen.

§ 5

(1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 des
Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, auf Grund
eines Gemeinderatsbeschlusses für die Herstellung der Anschlußleitung
von der Versorgungsleitung der öffentlichen Wasserleitung zur
Hausleitung eine einmalige Abgabe bis zur Höhe der tatsächlichen
Herstellungskosten der Anschlußleitung zu erheben (Anschlußgebühr).
(2) Das Recht zur Erhebung der Anschlußgebühren nach Abs. 1 und des
Wasserleitungsbeitrages auf Grund des Wasserleitungsbeitragsgesetzes,
LGBl. Nr. 137/1962, in der Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969,
LGBl. Nr. 152, läßt das bundesgesetzlich eingeräumte Recht der
Gemeinden auf Ausschreibung von Wasserverbrauchsgebühren (Wasserzins)
und Wasserzählergebühren unberührt.
(3) Gegenstand der Anschlußgebühr nach Abs. 1 sind die an die
öffentliche Wasserleitung auf Grund des § 1 anschlußpflichtigen
Gebäude und die auf Antrag freiwillig anzuschließenden Liegenschaften.
(4) Abgabepflichtig ist der Liegenschaftseigentümer. Ist dieser mit
dem Gebäudeeigentümer nicht identisch, so ist der Eigentümer des
Gebäudes abgabepflichtig.
(5) Die Abgabepflicht nach Abs. 1 entsteht mit der Fertigstellung der
Anschlußleitung.
(6) Sofern die Wassergebührenordnung der Gemeinde nicht anderes
bestimmt, entsteht die Gebührenpflicht für den Wasserzins und die
Benutzung des Wasserzählers mit dem Anschluß an die öffentliche
Wasserleitung.

§ 6

Zur Ausschreibung der Anschluß-, Wasserverbrauchs- und
Wasserzählergebühren hat die Gemeinde eine Gebührenordnung zu
erlassen.

Abschnitt III
Gemeinsame Bestimmungen

§ 7

(1) Die Gemeinden sind berechtigt, die Einhaltung der Bestimmungen
dieses Gesetzes und der auf Grund derselben erlassenen
Wasserleitungsordnung durch ihre Organe zu überwachen, die zur
Geheimhaltung der zu ihrer Kenntnis gelangten Verhältnisse Dritten
gegenüber verpflichtet sind. Diese Organe haben Zutritt zu den
Hausleitungen und Meßapparaten unter Beiziehung des Eigentümers oder
einer erwachsenen Person aus dem Haushalt des Eigentümers.
(2) Die Gemeinden sind berechtigt, an den Verbrauchsstellen
Wasserzähler auf ihre Kosten aufzustellen. Die Erhaltung der
Wasserzähler obliegt den Gemeinden. Die Wasserleitungsordnung hat die
näheren Bestimmungen über Wasserzähler zu enthalten.

§ 8

(1) Handlungen und Unterlassungen, wodurch die Anschlußgebühren, der
Wasserzins und die Wasserzählergebühren schuldhafterweise verkürzt
oder der Verkürzung ausgesetzt werden, sind mit einer Geldstrafe bis
zu EUR 727,-, jedoch höchstens bis zum Dreifachen des Betrages, um den
die Gebühren verkürzt oder der Verkürzung ausgesetzt wurden, zu
bestrafen. (2)
(2) Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des § 1 Abs. 1, 4 erster
Satz und 6 erster Satz, des § 2 Abs. 1, des § 3 Abs. 2 oder der auf
Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sind mit einer
Geldstrafe bis zu EUR 2.180,- zu bestrafen. (2)
(3) Die Ahndung der Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 und 2 obliegt
den Bezirksverwaltungsbehörden. Die Geldstrafen fließen der Gemeinde
zu, in deren Bereich die Verwaltungsübertretung begangen wurde.

§ 9

(1) Zur näheren Durchführung dieses Gesetzes haben die Gemeinden unter
Bedachtnahme auf die Wasserversorgungsverhältnisse
Wasserleitungsordnungen zu erlassen, die insbesondere zu enthalten
haben:
1. Die Feststellung des Verpflichtungsbereiches der öffentlichen
Wasserleitung (§ 1 Abs. 1 und 2);
2. die allfällige Einschränkung des Wasserbezuges auf bestimmte
Verbrauchszwecke oder bestimmte Wassermengen (§ 1 Abs. 3);
3. Bestimmungen über die Anmeldung und Herstellung des Hausanschlusses
oder Abänderung desselben und des Beginnes des Wasserbezuges aus der
öffentlichen Wasserleitung (§ 1 Abs. 6);
4. Bestimmungen über die Anmeldung der Befreiungsansprüche (§ 2 Abs. 1
und 4);
5. die Festsetzung des Tages, an dem jährlich die Bewohnerzahl und der
Viehstand ermittelt werden, falls der Wasserzins nach der Bewohnerzahl
und dem Viehstand eingehoben werden soll (§ 5 Abs. 2);
6. Bestimmungen über die Aufstellung der Wasserzähler und die
Durchführung der Kontrolle des Wasserbezuges (§ 7 Abs. 2);
7. die Festsetzung der Bedingungen, unter denen der Bezug des Wassers aus
den öffentlichen Auslaufbrunnen zulässig ist;
8. nähere Bestimmungen über die Führung der Rohrleitungen und Rohrweiten
unter Rücksichtnahme auf die Löschwasserbereitstellung, weiters über
die Aufstellung und Benützung der Hydranten.
(2) Die Wasserleitungsordnungen der Gemeinden bedürfen, soweit sie
sich auf die Ausführungsbestimmungen des Abschnittes I beziehen, des
vorherigen Einvernehmens mit der Landesregierung.

§ 10

Eine Gemeinde, die eine öffentliche Wasserleitung errichtet oder
errichtet hat, kann auch die Versorgung von Nachbargemeinden mit dem
notwendigen Trink- und Nutzwasser übernehmen.

§ 11

Die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde sind solche des
eigenen Wirkungsbereiches.

§ 11a (1)

Alle Personenbezeichnungen, die in diesem Gesetz sprachlich in der
männlichen Form verwendet werden, gelten sinngemäß auch in der
weiblichen Form.

§ 12

(1) Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Kundmachung in Kraft.
(2) Gleichzeitig verlieren die Bestimmungen des Gesetzes vom 22.
Dezember 1931, LGBl. Nr. 8/1932, betreffend die von den Gemeinden
errichteten öffentlichen Wasserleitungen, in der Fassung des Gesetzes
vom 21. Februar 1947, LGBl. Nr. 8, und der Kundmachung LGBl. Nr.
17/1970, ihre Geltung.

§ 13 (2)
Inkrafttreten von Novellen

(1) Die Neufassung der Überschrift des Abschnittes I, des § 1 Abs. 1,
des § 3 Abs. 2 und des § 11a durch die Novelle LGBl. Nr. 82/1995 ist
am 1. Dezember 1995 in Kraft getreten.
(2) Die Neufassung des § 8 Abs. 1 und 2 durch die Novelle LGBl. Nr.
7/2001 tritt mit 1. Jänner 2002 in Kraft.