StGN 7/8/9/10/2012, 10 f
Die nächsten Schritte in den Landes-Lustbarkeitsabgabe-Rechtsmittelverfahren
In
Kürze: |
Ausgangslage sind nun bereits geklärte Rechtsfragen
In der vorigen Ausgabe der Steirischen Gemeindenachrichten haben wir nach der vom VfGH in seinem Erkenntnis B 533/11 vom 5. 12. 2011 festgestellten Verfassungskonformität der Erhöhung der Landes-Lustbarkeitsabgabe (siehe unsere Rundmail vom 10.2.2012 an alle Mitgliedsgemeinden) bereits darüber berichten können, dass die Beschwerde auch vor dem VwGH erfolglos war (VwGH-Beschluss 2012/17/0021 vom 27.4.2012). Das Steiermärkische Landes-Lustbarkeitsabgabegesetz ist daher weiterhin von den Gemeinden und von der Landesregierung in der derart „höchstgerichtlich bestätigten“ Fassung LGBl. Nr. 33/2011 zu vollziehen.
Auswirkung auf die Rechtsmittelverfahren
Für die zahllos bei den Gemeinden anhängig gewordenen Landes-Lustbarkeitsabgabe-Rechtsmittelverfahren bedeutet dies, dass die vollständigen Verwaltungsakte samt den Bezug habenden Unterlagen (auch aus den Nebenverfahren – Stichwort „Aussetzung der Einhebung“) weiterhin an die Landesregierung als zuständige Berufungsbehörde – und zwar im Wege der Abteilung 4 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung – zu übermitteln sind.
Erledigung der offenen Berufungen; vollständige Aktenübermittlungen
Zur in letzter Zeit häufig an uns heran getragenen Frage, wann die Erledigungen der Berufungsbehörde an die Abgabepflichtigen und an die Gemeinden zu erwarten sind, ist zu berichten, dass in der erwähnten Abteilung 4 nur ein Referent (unter anderem) diese derzeit rund 1.000 anhängigen Berufungsfälle abzuarbeiten hat. Deswegen ist die Abarbeitungsdauer dieser Verfahren noch nicht abschätzbar – sie wird aber sicherlich mehrere Monate betragen.
Ein wichtiger Beitrag der Gemeinden wäre hier, dass die Unterlagen der Abteilung 4 immer vollständig zur Verfügung gestellt werden; auch später folgende Ausweitungen des Verfahrens sollen bitte aus eigenem jeweils unverzüglich nachträglich übermittelt werden.
Anträge auf Aussetzung der Einhebung behandeln!
Nachdem bis zur Entscheidung über die Berufung insbesondere Aussetzungsanträge gestellt werden konnten und können, darf keinesfalls die auf Seiten der Gemeinden (!) liegende Entscheidungszuständigkeit über diese Anträge übersehen werden: Die Erledigung dieser Aussetzungsanträge erfolgt auf relativ einfache Art und Weise mit erstinstanzlichem Bescheid (siehe z. B. unser Musterbescheid Nr. 125) – und zwar in Form einer Abweisung wegen geringer Erfolgsaussichten des Rechtsmittels.
Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung muss behandelt werden, da die Vollstreckbarkeit der Landes-Lustbarkeitsabgabe während allein aufgrund des eingebrachten Antrages auf Aussetzung der Einhebung gehemmt ist und somit seitdem (und auch weiterhin!) keine zwangsweisen Einbringungsmaßnahmen mehr gesetzt werden dürfen.
Wird ein solcher Bescheid rechtskräftig, ist unverzüglich nach Ablauf der für die Zahlung zur Verfügung stehenden Nachfrist (zwingend!) die zwangsweise Einbringung der Abgabe (Exekution) zu veranlassen.
Wird hingegen auch ein solcher Bescheid mit Berufung angefochten, ist diese wiederum unter Beilage allenfalls noch nicht in der Abteilung 4 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung aufliegenden Aktenteile als zuständige Berufungsbehörde zu übermitteln.
Achtung: Unterlässt hingegen die Gemeinde die Behandlung des (teils „unauffällig“ in die Berufung eingebauten) Antrages auf Aussetzung der Einhebung, so kann natürlich auch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Abteilung 4) zum noch offenen Aussetzungsantrag keinen Abspruch tätigen!
Die Voraussetzungen für die zwangsweise Einbringung der Landes-Lustbarkeitsabgabe, für welche unzweifelhaft wieder die Gemeinde zuständig ist, sind unter verfahrensrechtlich derart „unsicheren“ bzw. „unsauberen“ Voraussetzungen zweifelhaft, zumindest aber höchst unangenehm. Eher wird man trotzdem die unterlassenen Entscheidungen nachholen müssen, wobei man sich dann derart erneut Rechtsmitteln und weiteren Verzögerungen aussetzt.
Aussetzungszinsen sind zwingend festzusetzen
Gemäß § 212a Abs. 9 BAO sind seitens der Gemeinden Aussetzungszinsen in Höhe von 3 % pro Jahr zwingend (!) festzusetzen, sofern diese einen Betrag von zumindest € 10,00 erreichen.
Diese Aussetzungszinsenberechnungen und -festsetzungen müssen ab dem Fälligkeitszeitpunkt allein schon aufgrund eines – allenfalls auch unbehandelt oder unerledigt gebliebenen! – Antrages auf Aussetzung der Einhebung durchgeführt werden, unabhängig davon, ob dem Antrag (später) entsprochen wird oder nicht.
Wird die beantragte Aussetzung der Einhebung abgewiesen, läuft die Verzinsung ab Einlangen des Antrages oder seit der Fälligkeit (je nach dem, was später war) bis zur Zustellung des entsprechenden Abweisungsbescheides, wenn bzw. insoweit die Aussetzung der Einhebung in Anspruch genommen wurde, also insoweit die nach dem Rechtsmittel aussetzungsfähige Abgabe nicht entrichtet wurde. Ab Zustellung des abweisenden Bescheides hat der Abgabepflichtige eine einmonatige Nachfrist (ohne Aussetzungszinsenbelastung), danach muss unverzüglich ein Rückstandsausweis ausgestellt und exekutiert werden.
Wem fließen Zinsen und Säumniszuschläge zu?
Die Abteilung 4 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung erklärt dazu, dass die Vorschreibung, Einhebung und zwangsweise Einbringung auch der Aussetzungszinsen auf Grundlage des analog anzuwendenden § 5 Abs. 2 Landes-Lustbarkeitsabgabegesetz den Gemeinden als Abgabenbehörden erster Instanz obliegen, wobei den Gemeinden (in analoger Anwendung des § 5 Abs 3 Landes-Lustbarkeitsabgabegesetz) von den eingehobenen (eingebrachten) Aussetzungszinsen eine sechsprozentige Erhebungsvergütung zusteht.
Die Erträge der Landes-Lustbarkeitsabgabe und der Nebenansprüche – darunter insbesondere der Nebengebühren wie der Stundungszinsen, der Aussetzungszinsen und der Säumniszuschläge – sind seitens der Gemeinden jeweils unter Einbehaltung der vorerwähnten Einhebungsvergütung nach Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres binnen Monatsfrist an das Land Steiermark abzuführen.
Insoweit zum Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung feststellbar ist (war), dass eine Abgabe im Sinne des Landes-Lustbarkeitsabgabegesetzes nicht fristgerecht (d. h. nicht spätestens am gesetzlichen Fälligkeitstag) entrichtet wurde, ist (war) auch ein Säumniszuschlag festzusetzen. Hier gilt ebenfalls, dass dieser zu 94 % dem Land Steiermark gebührt.
Allgemeine Hinweise für die laufende Lustbarkeitsabgabe- und Landes-Lustbarkeitsabgabeverwaltung
Sofern in den Gemeinden noch offene Lustbarkeitsabgabe- und/oder Landes-Lustbarkeitsabgabeverfahren, Rechtsmittelverfahren oder „Nebenverfahren“ (z. B. beantragte Aussetzungen der Einhebung oder Berufungen gegen deren Abweisung, Stundungs- und Ratenzahlungsansuchen) anhängig sind, ist im vorbeschriebenen Sinne vorzugehen. Im Bedarfsfall unterstützt die Prüfungsabteilung des Gemeindebundes Steiermark die Gemeinden weiterhin ergänzend – einerseits mit den erforderlichen Musterbescheiden, andererseits durch allenfalls vor Ort notwendige Ermittlungshandlungen, insbesondere insoweit in der Gegenwart vom Aktenstand her nicht eindeutig abgebildete Sachverhalte festzustellen, zu qualifizieren und zu dokumentieren sind. Wo sich Gemeinden oder Mitarbeiter immer wieder eigenständig mit Problemstellungen rund um Lustbarkeitsabgabe und Landes-Lustbarkeitsabgabe zu befassen haben, darf auf das Halbtagesseminar zu diesem Thema am 25. 2. 2013 im Rahmen unserer Steirischen Gemeindeverwaltungsakademie hingewiesen werden.
Rechtzeitige Beurteilung und Dokumentation von aufgestellten Geräten
Der Bereich notwendiger Ermittlungs- und Erhebungshandlungen lässt sich meist nicht von Vornherein eingrenzen.
Gemessen an den Auswirkungen unserer Erhebungen in den Gemeinden erweisen sich diese erfahrungsgemäß vor allem bei der Bezirksverwaltungsbehörde von Vornherein gar nicht angemeldeten Geldspielapparaten – etwa weil diese als „Testgeräte“ bezeichnet und daher (zu Unrecht!) für nicht abgabepflichtig gehalten werden, aber auch immer wieder neue Geräte („Online-Fernbedienungsterminals“, „Sportwetten-Annahmegeräte“, welche solche aber nicht sind) als am notwendigsten. Solche Geräte findet man an manchmal an noch gar nicht bekannten Aufstellungsorten, häufiger aber „neben“ ordnungsgemäß angemeldeten Geräten – was seitens der Aufsteller wohl quasi als Kavaliersdelikt des „geringfügigen Verzählens“ angesehen wird.
Ebenso wichtig ist die Kontrolle bestimmter altbekannter „Unterhaltungsspielapparate“ (Stacker, Greifer mit Warengewinnmöglichkeit wie Giga Crane oder Good Luck, Photo Play, Silverball usw.), welche nicht selten bereits auf Basis der geltenden Rechtslage u. a. auf Grund ihrer tatsächlichen Eigenschaft als Geldspielapparat höher als ein bloßer Unterhaltungsspielapparat zu besteuern sind, nun vereinzelt auch ganz neue versteckt einschaltbare Geldspielfunktionen aufweisen usw. Diese Geräte sind manchmal vollkommene „U-Boote“ (bei der Bezirkshauptmannschaft gar nicht gemeldet), häufiger aber (veranstaltungs- und abgabenrechtlich falsch qualifiziert) nur als „gewöhnlicher Unterhaltungsspielapparat“ bekannt.
Bei gewissen Geräten ist es nun – auch aus dem Blickwinkel der Lustbarkeitsabgabe betrachtet – nicht einmal mehr ausgeschlossen, dass diese gleichzeitig sowohl als Unterhaltungsspielapparat mit der Darstellung optisch oder akustisch aggressiver Handlungen als auch als ebenso verwendbarer Geldspielapparat anzusehen und daher „doppelt“ abgabepflichtig sein müssten.
Die an die Gemeinde (!) zu entrichtende Lustbarkeitsabgabe würde sich in solchen Fällen auf € 1.070,00 pro Gerät und Monat belaufen; zusätzlich wäre bei vorhandener Geldspielfunktion auch die Landes-Lustbarkeitsabgabe in Höhe von € 630,00 pro Gerät und Monat festzusetzen.
Abgabenrechtlich ist diese Mehrfachfunktion und gleichzeitige Subsumierbarkeit unter mehrere Spielapparatetypen allerdings noch nicht ausgefochten. Wo ein solches Gerät auftaucht, würde es sich allerdings sehr empfehlen, den Gang bis zum Höchstgericht anzutreten, zumal bisher alle aufgrund unserer Erhebungsfeststellungen vorgenommenen und dokumentierten abgabenrechtlichen Gerätequalifikationen bis zu den Höchstgerichten „haltbar“ und siegreich waren.
Es bestätigt sich auch heute wie schon vor Jahren an dieser Stelle festgestellt: Die Branche ist und bleibt im Wettbewerb „kreativ“. Nicht zuletzt deswegen, weil das Betreiben von Geldspielapparaten auf Grund der erfolgten Novellierung des Glücksspielgesetzes weithin ein absolutes und sehr nahes bereits auf den Bewilligungsplaketten der Geräte ablesbares Ablaufdatum trägt...
Robert Koch, 12.9.2012