StGN 7/8/9/10/2012, 13

Robert Koch, Gemeindebund Steiermark

Elektronische Zustellung an Rechtsanwälte und Notare „in den ERV“

In Kürze:
Rechtsanwälte und Notare nutzen in der Kommunikation mit den Gerichten seit Jahren den „Elektronischen Rechtsverkehr“ (ERV). Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Justiz haben (auf Grundlage des § 33 Abs. 1 iVm § 35 Abs. 9 Zustellgesetz in der ab 1. 1. 2011 anzuwendenden Fassung) dazu kürzlich eine Art Gateway-Funktion zur Anbindung an die Zustelldienste eingerichtet.
Wird nun seitens der vorgenannten Berufsgruppen diese entsprechende Koppelung einmalig in der ERV-Software einrichtet, erfolgen elektronische Zustellungen „in den ERV“ mit derselben (der BAO entsprechenden und darüber hinaus nachweislichen) Zustellqualität wie über einen sonstigen vom Bundeskanzler zugelassenen Zustelldienst.

Die Abhandlung „Die elektronische Zustellung nach der Bundesabgabenordnung (BAO)“ hat sich in der Ausgabe März/April 2011 der Steirischen Gemeindenachrichten umfassend und abschließend mit den (nach wie vor unverändert) aktuellen Möglichkeiten rechtskonformer und wirksamer Zustellungen behördlicher Erledigungen befasst. Im gemeindlichen E-Government-Bereich vor allem seitens einiger Software- und Diensteanbieter verwendete Schlagworte, welche gesetzlich definierte Begriffe nur suggerieren, in Wahrheit aber ohne eindeutige Rechtsgrundlage verwendet werden (zB duale Zustellung, ELAK - elektronischer Akt, registered mail, fire & forget), wurden dabei unverhohlen als „moderne E-Government-Märchen“ bezeichnet.

Inzwischen ist aber die Palette der rechtlich einwandfreien elektronischen Zustellvorgänge um einen Aspekt reicher: Rechtsanwälte und Notare, welche in der Kommunikation mit den Gerichten schon jahrelang verpflichtend an den „Elektronischen Rechtsverkehr“ (ERV) angeschlossen sind, können deren ERV-Systeme mit einem einmaligen Vorgang einfach und dauerhaft an das „allgemeine“ elektronische Zustellsystem anbinden. In der Folge erhalten Rechtsanwälte und Notare Zustellungen über die bei den erwähnten Berufsständen bereits gewohnte ERV-Umgebung, wobei solche Zustellungen in ihrer rechtlichen Auswirkung einer nachweislichen Zustellung über einen vom Bundeskanzler zugelassenen Zustelldienst gleichgestellt sind.

Diese Möglichkeit gibt es in der Theorie zwar schon seit 1. 1. 2011 (§ 33 Abs. 1 zweiter Satz in Verbindung mit § 35 Abs. 9 Zustellgesetz - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010), doch wurde die praktische Umsetzbarkeit durch ein erst vor kurzem vom Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Justiz abgeschlossenes Projekt ermöglicht – und zwar durch eine vom Bundesrechenzentrum umgesetzte Koppelung des Systems der elektronischen Zustellung mit dem ERV durch eine Art Gateway-Funktion beim ERV.

Elektronische Zustellungen, die am Ende der Zustellkette über den ERV „ausgefolgt“ werden, haben somit auch aus dem Blickwinkel der BAO den Status nachweislicher (elektronischer) Zustellungen im Sinne des Zustellgesetzes. Damit ist dafür Vorsorge getroffen, dass Standesangehörige zweier im Bereich behördlicher Zustellungen sehr wesentlicher Empfänger- bzw Berufsgruppen nun zeitgemäß (und auch kostenmäßig günstiger) erreicht werden können.

Im Falle einer elektronischen Zustellung durch eine Gemeinde läuft diese „Umleitung“ in den ERV aber ohnehin automatisch und unbemerkt im Hintergrund ab.

Robert Koch, 5.9.2012