StGN 4/5/6/2012, 8

Robert Koch

Adressierung und Zustellung von Bescheiden an „Firmen“

Nachfolgend soll die Frage untersucht werden, wie bei natürlichen und juristischen Personen sowie bei  Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit Bescheidadressat und Empfänger bezeichnet werden müssen.

 

Form und Inhalt der Empfängerbezeichnung – Zustellverfügung für natürliche und juristische Personen

Abgesehen von der maßgeblichen Bezeichnung des Bescheidadressaten im Spruch des Bescheides ist bei schriftlichen Ausfertigungen auch der Begriff des Empfängers bedeutsam:

Der Empfänger ist demnach „die von der Behörde in der Zustellverfügung im Sinne des § 5 Zustellgesetz – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 i. d. F. BGBl. I Nr. 111/2010, zwar eine namentlich zu bezeichnende Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll“. In Verfahren, welche der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2012,  unterliegen, genügt daher eine für den Zusteller erkennbare Bezeichnung des Empfängers eines Bescheides beispielsweise im Adressfeld des Bescheides (oberhalb des Bescheidspruchs, falls ein geeignetes Fensterbriefkuvert verwendet wird) oder am Briefkuvert.

Eine Zustellverfügung im Sinne des § 5 ZustG unterliegt keiner sonstigen Formvorschrift – etwa einer Selbstbezeichnungspflicht als solcher oder als formal gesondert erkennbarer Bescheidbestandteil an bestimmter Stelle des Bescheides, da dies ja nur eine die Zustellung selbst betreffende Regelung darstellt.

Nach aktueller Kommentarmeinung (Ritz, Bundesabgabenordnung, 4. Auflage) ist – auch unter Hinweis auf andere Kommentarmeinungen zum Zustellrecht – „Empfänger eine natürliche Person“, welche „mit Vor- und Zunamen zu bezeichnen“ ist; „Bei juristischen Personen ist der gesetzliche oder satzungsgemäß festgelegte Name zu verwenden.“

 

Bezeichnung des Adressaten und Zustellung bei natürlichen und juristischen Personen

Im Spruch eines BAO-Bescheides ist gemäß § 92 Abs. 2 BAO der Adressat des Bescheides anzuführen: „Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.“

Neben natürlichen Personen, welche mit Vor- und Zuname zu bezeichnen sind, sind daher jedenfalls auch juristische Personen (zB GmbH, AG) taugliche Bescheidadressaten.

Bei juristischen Personen braucht aber in der Zustellverfügung keine natürliche Person gesondert als Empfänger im Sinne des ZustG (§ 2 Z 1 ZustG) genannt werden – ausgenommen es wurde ein Post- oder Zustellbevollmächtigter gegenüber der Behörde namhaft gemacht.

Im Ergebnis ist daher – soweit nicht ausdrücklich ein Zustellungsbevollmächtigter oder eine von der Zustellung ausgeschlossene Person gegenüber der Behörde bekannt gegeben wurde – die Nennung der juristischen Person sowohl als Adressat im Spruch als auch in der Empfängerbezeichnung ausreichend.

 

Bezeichnung des Adressaten bei Personenvereinigungen oder Personengemeinschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit

Abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind von den Geschäftsführern und – wenn solche nicht bestellt sind – von den Gesellschaftern oder Mitgliedern zu erfüllen (§ 81 Abs. 1 BAO).

Die genaue (!) Bezeichnung der Personenvereinigung oder der Personengemeinschaft wäre tauglicher Bescheidadressat, allerdings ist hier sehr wohl zusätzlich eine bestimmte natürliche Person im Sinne des § 81 BAO Abs. 2 BAO zu nennen – das ist entweder eine von den Gesellschaftern oder Mitgliedern als gegenüber der Abgabenbehörde namhaft gemachte vertretungsbefugte Person (aus ihrer Mitte oder einen anderer gemeinsamer Bevollmächtigter) oder eine von der Abgabenbehörde als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellte Person.

Konstitutiver Rechtsfolgenhinweis: Auch unter der Voraussetzung, dass an eine im Sinne des § 81 BAO ordnungsgemäß vertretungsbefugte Person zugestellt wird, ist in der Ausfertigung trotzdem ausdrücklich auf die Rechtsfolge hinzuweisen, dass mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen gilt, damit diese Zustellwirkung auch tatsächlich eintritt (§ 101 Abs. 3 letzter Satz BAO).

 

Zustellung an juristische Personen und Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit

§ 13 Abs. 3 ZustG sieht vor, dass ein Dokument einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen ist, wenn der Empfänger keine natürliche Person ist.

Bei juristischen Personen genügt dabei die Bezeichnung der juristischen Person (zB GmbH), da die „Zustellung an einen zur Empfangnahme befugten Vertreter“ nicht (!) im zustellrechtlichen Sinn zu verstehen ist. Ersatzzustellungen sind diesfalls zulässig. 

Wenn die Behörde aber einen bestimmten zeichnungs- oder mitzeichnungsberechtigten Gesellschafter oder einen Prokuristen als Vertreter der juristischen Person hier nun als Empfänger bezeichnet, schließt sie damit Zustellungen an andere zur Empfangnahme befugte Vertreter (zB an andere Geschäftsführer) oder etwa Ersatzzustellungen an Arbeitnehmer der juristischen Person aus, was daher nicht zu empfehlen ist.

 

Exkurs: Schriftliche Ausfertigungen an mehrere Personen, welche dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden

Wenn eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet ist, welche dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder welche gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind und welche der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekannt gegeben haben, kann zwar auch die Rechtswirkung der an alle vollzogenen Zustellung erzeugt werden, wenn bei der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird (§ 101 Abs. 1 BAO).

Dieser Fall unterscheidet sich jedoch von der vorgeschilderten Konstellation der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit insofern erheblich, als dort im Sinne des § 81 Abs. 2 BAO zuvor zwingend die Frage geklärt werden muss, wer gegenüber der Abgabenbehörde als gemeinsamer (auch zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigter) Bevollmächtigter und derart vertretungsbefugte Person namhaft gemacht oder von der Behörde dazu bestellt wird!

 

Lebring, am 22.6.2011

                                            Robert Koch