StGN 1/2/3/2012, 8 f
Robert Koch
Landes-Lustbarkeitsabgabe
wurde als verfassungskonform bestätigt
VfGH-Erkenntnis
B 533/11 vom 5. 12. 2011
Eine auf Basis der seit
1.10.2010 (mit LGBl. Nr. 84/2010) erhöhten Landes-Lustbarkeitsabgabefestsetzung
der Stadtgemeinde Gleisdorf von der Fachabteilung 4A des Amtes der Steiermärkischen
Landesregierung bestätigende Berufungsentscheidung wurde mit VfGH-Beschwerde
angefochten. Der VfGH hat die Beschwerde erfreulicherweise bereits abgewiesen.
Beschwerdevorbringen
Weil mit Wirkung vom
1. 10. 2010 pro Geldspielapparat und Monat die Lustbarkeitsabgabe auf € 370,00
und die Landes-Lustbarkeitsabgabe auf € 630,00 (zusammen also auf € 1.000,00),
erhöht wurden, handle es sich in Kenntnis der „politischen Vorgeschichte“
um eine Erdrosselungssteuer mit konfiskatorischem Charakter mit der Absicht,
die Ausübung eines Erwerbszweiges unmöglich zu machen und über
den Umweg einer Steuererhöhung in der Steiermark erlaubte Apparate zu
verbieten. Die Erhöhung sei verfassungswidrig, verstoße als Pauschalabgabe
gegen Art. 2 StGG bzw. Art. 7 B-VG, stelle eine Verletzung in den verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem
Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsausübung
dar und verletze den Beschwerdeführer wegen Anwendung eines verfassungswidrigen
Gesetzes in seinen Rechten.
Argumentiert wird das
Vorbringen damit, dass die Geldspielapparate seit der Erhöhung der Abgabe(n)
nicht mehr wirtschaftlich rentabel aufgestellt werden könnten, weswegen
die Steuererhöhungen den Großteil der steirischen Aufsteller im
Hinblick auf die nach den Glücksspielgesetznovellen für die Übergangsfristen
bis Ende 2014 (richtig: Ende 2015) getätigten Investitionen in den wirtschaftlichen
Ruin treiben würden. Der Beschwerdeführer legte eine Wirtschaftlichkeitsrechnung
vor, welche einen Verlust ausweist. Die eigens hergestellten „Steiermark-Geräte“
seien zudem anderswo unverkäuflich (weil in Wien unwirtschaftlich oder
in Kärnten gesetzwidrig). Die Anschaffung neuer Geräte mit niedrigeren
Auszahlungsquoten komme im Hinblick auf die begrenzte Übergangsfrist
von Vornherein nicht in Betracht, außerdem wären dabei die Spieler
die „Leidtragenden“. Bei der Anzahl aufgestellter Geräte wird seit der
Abgabenerhöhung ein 25%iger Rückgang behauptet.
Erwägungen
und Begründung des VfGH
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Gleich
einleitend bemerkt der VfGH ausdrücklich ein Déjà-vu-Erlebnis:
„Die Beschwerde macht nahezu wörtlich jene Bedenken geltend, mit denen
sich der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der zu B 385/82 protokollierten,
gegen Bestimmungen des Wiener Vergnügungssteuergesetzes gerichteten
Beschwerde im Erkenntnis VfSlg. 9750/1983 auseinandergesetzt hat“ – und
damals hat der VfGH diese nahezu wortgleiche Beschwerde abgewiesen. Es ist
daher auch nicht weiter verwunderlich, dass der VfGH auch nun ausdrücklich
keinen Anlass zu einer Änderung dieser Rechtsprechung sieht:
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Die
damals vom Wiener Vergnügungssteuergesetz geforderte Geldleistung (monatlich
ATS 10.000,00) sei unzweifelhaft als Abgabe zu qualifizieren und würde
nicht als „Erdrosselungssteuer“ wirken (somit die Steuerquelle nicht überhaupt
praktisch zur Gänze zum Versiegen bringen).
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Der
Gesetzgeber darf verfassungsrechtlich unbeanstandet die seinem Zugriff offenstehenden
Steuerquellen bestmöglich erschließen und dabei auch andere als
fiskalische Zwecke mitverfolgen – etwa zu verhindern, dass mehr Geldspielapparate
aufgestellt werden oder eine Eindämmung der Automatenaufstellung oder
des Spielens mit Hilfe einer Erhöhung der Abgabenbelastung.
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Wenn
sich dadurch notgedrungen die Gewinnquoten verschlechtern, werden damit
potentielle Spieler wegen mangelnder Attraktivität vom Spielen abgehalten
– und liege auch “dies genau in der – verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden
– Absicht des Gesetzgebers“.
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Durch
eine hohe Besteuerung wird die Rentabilität solcher Automaten herabgesetzt,
was unzweifelhaft Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen
kann, welcher Effekt aber bei jeder Besteuerung eintreten kann. Wer seinem
Erwerb ausschließlich oder vorwiegend mit jenen Geräten nachgeht,
die ein Gesetz höher besteuert oder gar verbietet, wird dadurch besonders
hart getroffen – und sicher könnten einige Standorte nicht mehr wirtschaftlich
rentabel betrieben werden, was ebenso kein unzulässiger Eingriff in
verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen sei.
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Dass
durch die Erhöhung der Abgaben die Ausübung eines ganzen Erwerbszweiges
als solcher zum Erliegen kommt oder unmöglich gemacht werde, sei nicht
erkennbar. Schließlich sei es nun in der Steiermark nach den von der
Steiermärkischen Landesregierung vorgelegten (und nicht zu bezweifelnden)
Zahlen bei den betroffenen Apparaten im Zeitraum März 2010 bis Februar
2011 lediglich zu einem unerheblichen Rückgang gekommen.
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Die
Ausgestaltung der Abgabe als nicht umsatzabhängige Pauschalabgabe hält
der VfGH weiterhin für gleichheitsrechtlich unbedenklich, da der Gesetzgeber
bei der Besteuerung des Haltens von Spielautomaten methodisch nicht unbedingt
an die Ertragsfähigkeit, den Ertrag oder an den Umsatz anknüpfen
muss, sondern der Gesetzgeber kann einfach die veranstaltete Vergnügung,
somit „auch jede Spielgelegenheit mit dem gleichen Betrag belegen“.
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Im
Jahr 2007 hatte sich der VfGH mit einer (neben eine Belastung mit Bundesabgaben
tretende) Erhöhung der Wiener Vergnügungssteuer auf € 1.400,00
pro Monat – somit um fast 100 % – zu befassen, befand diese aber angesichts
der Geldentwertungsrate über die vergangenen Jahre als nicht unverhältnismäßig
und damit nicht als exzessive Regelung, welche das Wesen der Grundrechte
auf Unversehrtheit des Eigentums und Freiheit der Erwerbsausübung beeinträchtigen
würde.
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Weiters
dürften nun die Automatenaufsteller in der Steiermark für die
Dauer der „Übergangsfrist“ bis 31. 12. 2015 zwar auf Grundlage landesgesetzlicher
Bewilligungen weiterhin Geldspielautomaten betreiben, dies sei „aber nicht
so zu verstehen, dass die Länder (oder Gemeinden) die Abgabenbelastung
für diese Automaten in diesem Zeitraum unverändert zu lassen hätten,
sie insbesondere nicht erhöhen dürften. Im Hinblick auf das oben
Ausgeführte ist auch nicht davon auszugehen, dass die in Rede stehende
Abgabenerhöhung einem (vorgezogenen) Verbot, die Automaten zu betreiben,
gleichzuhalten wäre.“