StGN 09/10/2009, S 10 f

In gut zwei Monaten ist die LAO nur mehr Geschichte...
Von Robert Koch

 

Die BAO gilt ab 1. 1. 2010 auch für Gemeindeabgaben

Wie bereits in den Steirischen Gemeindenachrichten mehrfach – erstmals in der Ausgabe 6/2008, 5 – erwähnt, treten per 1. 1. 2010 landesgesetzliche Vorschriften zur Regelung des Landes- und Gemeindeabgabenverfahrensrechts außer Kraft, nachdem BGBl. I Nr. 103/2007 in § 7 Abs. 6 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 die kompetenzrechtliche Grundlage geschaffen hat, dass die allgemeinen Bestimmungen und das Verfahren auch für die von den Abgabenbehörden der Länder und der Gemeinden verwalteten Abgaben nunmehr durch die Bundesgesetzgebung geregelt werden.
Bereits zu diesem Zeitpunkt haben wir auf das in § 17 Abs. 3d vierter Satz leg. cit. normierte diesbezügliche (nicht vollständige!) Außerkrafttreten der Landesabgabenordnungen per 1. 1. 2010 und den bevor stehenden umfassenden Vorbereitungs- und Anpassungsbedarf auch auf Gemeindeebene hingewiesen.

Ab 1. 1. 2010 ist somit für die gesamte gemeindliche Abgabenverwaltung (!) das „Bundesgesetz über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung - BAO)“, BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2009, anzuwenden. Kund gemacht wurden die maßgeblichen Gesetzesänderungen schon im BGBl. I Nr. 20/2009 vom 25. 3. 2009, allerdings hinsichtlich der Anwendbarkeit auf Gemeindeebene erst mit Wirksamkeit per 1. 1. 2010.

Nachfolgend soll auf zwei wichtige Neuerungen hingewiesen werden, welche in ausnahmsweise besonders lange dauernden Verfahren sogar noch heuer dringend Verwaltungshandlungen erfordern könnten.

 

Rückwirkende Abschaffung der Bemessungsverjährungsunterbrechung und rückwirkende Verkürzung der Bemessungsverjährungsfrist

Gemäß dem ab 1. 1. 2010 auch auf Gemeindeebene anwendbaren § 207 BAO verjährt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, grundsätzlich nach fünf Jahren (Bemessungsverjährung, Festsetzungsverjährung). Davon abweichend verjähren Zwangs-, Ordnungs-, Mutwillensstrafen und Kostenersätze nach einem Jahr, Verbrauchsteuern und bestimmte Gebühren nach drei Jahren sowie hinterzogene Abgaben nach sieben Jahren.

Weiterhin beginnt die Verjährungsfrist mit dem Ablauf des Jahres, in welchem der Abgabenanspruch entstanden ist, zu laufen.

Neu ist allerdings, dass innerhalb der Verjährungsfrist gesetzte nach außen erkennbare zur Geltendmachung des Abgabenanspruches (oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen) von der Abgabenbehörde unternommene Amtshandlungen keine Verjährungsunterbrechung (Neulauf der gesamten Frist) mehr bewirken, sondern nur mehr die Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr (§ 209 Abs. 1 BAO)!

In den Gemeinden wird daher bei gelegentlich vorkommenden langwierigen Verfahrenssachverhalten sicherlich ein elementares Umdenken in Richtung zeitnäherer Umsetzung statt finden müssen. Schließlich hat die gewohnte ehemalige „Verjährungsunterbrechungshandlung“ ja auf einen Schlag „4 Jahre weniger Wirkung“.

 

Verkürzung der absoluten Verjährungsfrist auf zehn Jahre

Die absolute Verjährung stellt die zeitliche Grenze dar, bis zu welcher die Bemessungsverjährung durch bisherige Verjährungsunterbrechungen (und nunmehrige um jeweils ein Jahr wirkende Bemessungsverjährungsverlängerungen) ausgedehnt werden kann.

Die absolute Verjährung verkürzt sich per 1. 1. 2010 von fünfzehn Jahren ab Entstehung des Abgabenanspruchs auf hinkünftig nur mehr zehn Jahre (§ 209 Abs. 3 BAO).

In diesem Lichte erscheint der (von wenigen Ausnahmen abgesehen) zumeist längstens in den Jahren 2006 bis 2008 erfolgte Abschluss der letzten Getränkeabgabeverfahren auch rückwirkend betrachtet als absolut „in letzter Sekunde“.

 

Achtung: Übergangsbestimmungen wirken teils sogar dramatisch Frist verkürzend!

Bei einer Vereinheitlichung des Verfahrensrechts zu einem bestimmten Stichtag sind naturgemäß – durch Veränderungen sowohl in die eine als auch in die andere Richtung – stellenweise auch gewisse Verfahrensnachteile („Verschlechterungen“) hin zu nehmen. Daher ordnet § 323a Abs. 1 Z. 3 BAO an, dass die BAO per 1. 1. 2010 bei Landes- und Gemeindeabgaben explizit für offene Fristen und auch für Verjährungsfristen anwendbar ist: Eine derart gewissermaßen sogar „rückwirkend“ eintretende Verkürzungswirkung auch der „alten“ Verjährungsunterbrechungshandlungen tritt einerseits durch das Inkrafttreten der oa Bemessungsverjährungsbestimmung des § 207 BAO per 1. 1. 2010 an sich, andererseits klar stellend gerade durch die betreffende Übergangsbestimmung ein: § 323a Abs. 1 Z. 5 BAO sieht explizit die Anwendung der §§ 207 und 209 BAO per 1. 1. 2010 vor. Ausdrücklich im Gesetzestext wird von einer „Verkürzung von Verjährungsfristen durch das Inkrafttreten der §§ 209 Abs. 1“ (und weiterer Bestimmungen) gesprochen, auch für bisherige – etwa „im Jahr 2009 unternommene Amtshandlungen, die nach landesrechtlichen Vorschriften die Verjährungsfrist unterbrochen haben.“

Beispiel:
Ein im Jahr 2000 entstandener Abgabenanspruch war im Jahr 2004 von einer Bemessungsverjährungsunterbrechungshandlung betroffen, sodass die Bemessungsverjährung mit Ablauf des Jahres 2009 eintreten würde. Wurde bzw. wird im Jahr 2009 (nach derzeitigem LAO-Recht) eine weitere Bemessungsverjährungsunterbrechungshandlung gesetzt, wirkt diese ab 1. 1. 2010 – gewissermaßen rückwirkend – nur mehr als einjährige Bemessungsverjährungsverlängerung!

 

Welche Übergangsbestimmungen können entschärfend zur Anwendung gebracht werden?

Die Übergangsbestimmungen kommen den Landes- und Gemeindeabgabenbehörden in einigen wenigen speziellen Verfahrenssituationen wenigstens minimal entgegen: In jenen Fällen, wo der Beginn einer Nachschau nach der LAO noch vor 1. 1. 2010 liegt, gilt die lediglich bemessungsverjährungsverlängernde Wirkung der (bisher bemessungsverjährungsunterbrechenden!) Amtshandlungen und die Verkürzung der absoluten Verjährung (siehe oben) erst ab 1. 1. 2011 – allerdings nur hinsichtlich der bereits 2009 festgestellten und zu Beweiszwecken am besten zumindest niederschriftlich festgehaltenen Nachforderungen und Gutschriften. Solche Verfahren dürfen also ab 1. 1. 2010 jedenfalls fortgesetzt werden, wobei diese ab dem erwähnten Zeitpunkt auch nur mehr bemessungsverjährungsverlängernd (und nicht mehr unterbrechend!) wirken.

Offene Berufungsverfahren zu Landes- und Gemeindeabgaben können auch weiterhin noch – entsprechend dem aktuellen § 158a LAO – nach Eintritt der Verjährung Abgabenfestsetzungen vornehmen (§ 209a BAO), im Speziellen auch nach von der Vorstellungsbehörde aufgehobenen Berufungsentscheidungen (§ 209b BAO).

Wo Gemeinden also vor der Geltendmachung von Abgabenansprüchen mit der Jahreswende 2009/2010 bereits an der Zehnjahresgrenze ab Entstehung des Abgabenanspruchs (1999) und damit vor der neuen zeitlichen Grenze der absoluten Verjährung stehen, muss noch im Jahre 2009 zumindest die (wirksame Zustellung der) Abgabenfestsetzung erfolgen, damit noch nach Eintritt der (verkürzten) absoluten Verjährung eine weitere Erledigung der Abgabenangelegenheit im Wege der Berufungserledigung erfolgen kann.

 

Zum neuen BAO-Verfahrensrecht für Gemeinden hält der Steiermärkische Gemeindebund voraussichtlich Ende Oktober bzw. bis Mitte November 2009 noch mehrere Informationsveranstaltungen für seine Mitgliedsgemeinden ab, über welche wir im Wege von Rundmails informieren, sobald Termine und Veranstaltungsorte feststehen.

 

Robert Koch, 6.10.2009