StGN 3/4/2009, S 9

Herabsetzung und Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen gemäß § 165 Abs. 6 LAO (Teil 1)
Von Robert Koch

 

Rechtslage vom 22. 7. 2008 bis zum 31. 12. 2009

Die Steiermärkische Landesabgabenordnung (LAO) erhielt zum Vollzug des Säumniszuschlages – und zwar im Speziellen zu dessen Herabsetzung und Nichtfestsetzung – mit der zum oa Datum wirksamen Novelle LGBl. Nr. 68/2008 durch § 165 Abs. 6 LAO folgende neue Regelung:
„Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen oder nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei den nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.“

Während des Begutachtungsverfahrens sind sowohl dem Steiermärkischen Gemeindebund als auch dem Österreichischen Städtebund, Landesgruppe Steiermark, auf Sachbearbeiterebene absehbare Vollzugsschwierigkeiten aufgefallen. Nachdem diese Regelung aber eine Angleichung an § 217 Abs. 7 BAO darstellt und der verfahrensrechtliche Zug eindeutig nur in Richtung BAO (Vereinheitlichung aller LAO per 1. 1. 2010 durch die Anwendbarkeit der BAO für Landes- und Gemeindeabgaben) fährt, konnten sich Städte- und Gemeindebund in diesem Punkt mit den oa Bedenken im vorjährigen Gesetzwerdungsprozess der LAO-Novellierung (im Vorgriff auf die BAO und aus Gründen eines zu schaffenden möglich einheitlichen Verfahrensrechtes) nicht durchsetzen.

§ 169 Abs. 2 LAO sieht in den Fällen der nicht fristgerechten Abgabenentrichtung eine Säumniszuschlagfestsetzung zwingend ab Euro 1,46 vor, d. h. ab einer maßgeblichen Bemessungsgrundlage von € 73,00.
Der Vollzug durch entsprechende kommunale Software ist zwar vorderhand als weitestgehend unbemerkte „automatische Rechenaufgabe“ steuerbar, doch gestaltet sich der Vollzug zumindest als „lästig“, sobald Anträge im Sinne des § 165 Abs. 6 LAO zu behandeln sind: Und zwar besonders angesichts eines Missverhältnisses zwischen dem notwendigen Verwaltungsaufwand und den oft minimalen in Rede stehenden Beträgen...

 

Leichte Verbesserung der Rechtslage ab 1. 1. 2010

Das Abgabenverwaltungsreformgesetz (AbgVRefG) wurde am 26. 2. 2009 in der Plenarsitzung des Nationalrats beschlossen. Demnach wird die Bundesabgabenordnung bekanntlich auch auf Landes- und Gemeindeabgaben anwendbar – und zwar nach dem neuen § 323a Abs. 1 Z 1 BAO per 1. 1. 2010.

Im Anwendungsbereich der Bundesabgaben sieht § 217 Abs. 10 BAO derzeit vor, dass Säumniszuschläge (bezogen auf die Summe der Säumniszuschläge für Nachforderungen gleichartiger, jeweils mit einem Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid geltend gemachter Abgaben) erst ab € 50,00 festzusetzen sind.

Die in Z 61 der geplanten Novelle per 1. 1. 2010 wirksame neue Bestimmung des § 217a BAO sieht jedoch in deren Z 3 vor, dass Säumniszuschläge auf Landes- und Gemeindeabgaben (abweichend von § 217 Abs. 10 erster Satz BAO) ab € 5,00 festzusetzen sind.
Dies entspricht dann ab 1. 1. 2010 einer Mindestbemessungsgrundlage von € 250,00 für den Säumniszuschlag.

Angesichts des Umstandes, dass im Bereich der Landes- und Gemeindeabgaben häufig derart geringe Beträge anfallen (jedenfalls wesentlich häufiger als im Bereich der Bundesabgaben), dürften Überlegungen in die Richtung, diese maßgebliche Bemessungsgrundlagen-Untergrenze für den Säumniszuschlag weiter zu erhöhen, überwiegend eher nicht im Sinne der Gemeinden sein, da dann eine für viele Abgabenforderungen grundsätzlich sehr einfach und automatisiert anwendbare „Sanktion“ ersatzlos weg fiele: Die Festsetzung des Säumniszuschlages ist ja im Falle verspäteter Zahlungen weiterhin ohne jegliches Ermittlungsverfahren möglich.
Erst Herabsetzungs- und Nichtfestsetzungsanträge erfordern individuelle Verfahren und die Berücksichtigung von Umständen des Einzelfalles.

Hinweis: Auch die Festsetzung eines in der BAO vorgesehenen zweiten und dritten Säumniszuschlages findet ab 1. 1. 2010 auf Landes- und Gemeindeabgaben weiterhin keine Anwendung.

 

Die wesentliche Vollzugsfrage…

besteht nun bei auf die Säumniszuschlagsfestsetzung bezogenen Herabsetzungs- und Nichtfestsetzungsanträgen darin, dass festzustellen ist, ob (bzw inwieweit!) denn einen Abgabepflichtigen tatsächlich kein grobes Verschulden an der Säumnis der Abgabenentrichtung trifft.

Die „Vorbild-Bestimmung“ in der BAO wurde schon vor langer Zeit – nämlich durch das Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000 – eingeführt und hatten sich seither der VwGH und die Unabhängigen Finanzsenate (UFS) insgesamt bereits rund 600 Mal in strittigen Verfahren mit dem maßgeblichen Tatbestandselement des „groben Verschuldens“ zu befassen.
Daraus können zwei Erkenntnisse gewonnen werden: Erstens scheint ein eindeutiger, unbestrittener Vollzug der Bestimmung nicht möglich und zweitens liegen auf Grund der zahlreichen Judikate schon viele Anhaltspunkte für die Beurteilung der Umstände im Einzelfall vor, wann denn „grobes Verschulden“ anzunehmen ist und wann nicht. Letzteres könnte man unter der unerfreulichen erstgenannten Voraussetzung für den Vollzug in der Abgabenverwaltung als positiv werten...

Diese oftmalige und ausführliche Befassung der Rechtsprechung mit dem Thema führte schon zu einigen Zusammenfassungen und umfangreichen Kommentierungen. Beispielhaft seien dazu die meist ausführlichen Kommentarmeinungen zu § 217 BAO angeführt; aber auch die im Internet frei zugänglichen „Richtlinen zur Abgabeneinhebung - RAE“ des Bundes (eine Erlass- bzw Rechtsmeinung des BMF) erläutern sehr ausführlich, wann „grobes Verschulden an der Säumnis“ vorliegt und wann nicht (Abschnitt 9.9, Rz 974 bis 978).

 

Vorschau

Im zweiten Teil dieses Artikels, welcher in der nächsten Ausgabe der Steirischen Gemeindenachrichten erscheint, wird beispielhaft anhand der bisherigen Judikatur zusammenfassend aufgezeigt, in welchen Fällen nach Ansicht des VwGH und des UFS kein grobes Verschulden vorliegt und daher eine Herabsetzung oder Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen in Betracht kommt und in welchen Fallgruppen bzw. unter welchen Umständen diese Grenze hingegen als überschritten anzusehen ist und trotz eines Herabsetzung- oder Nichtfestsetzungsantrages von der Festsetzung eines Säumniszuschlages nicht Abstand genommen werden darf.

Robert Koch, 23.3.2009