StGN 4/2008, S 4-6
Lustbarkeitsabgabe: Der „700-Euro-Apparat“
Von Robert Koch
In
Kürze: Das Lustbarkeitsabgabegesetz 2003 (LAG) ermächtigt
steirische Gemeinden, für das Halten von Spielapparaten mit der Darstellung
aggressiver Handlungen pro Gerät monatlich 700,00 Euro Lustbarkeitsabgabe
einzuheben (§ 4 Abs 5 Z 3 LAG).
Leider sind in diesem Bereich in vielen Gemeinden massive Vollzugsdefizite festzustellen,
was nicht nur aus budgetären Gründen bedauerlich ist, sondern auch
den vom Landesgesetzgeber offensichtlich beabsichtigten Lenkungseffekt nicht
ausreichend unterstützt. Als erstes gilt es daher, diese Geräte überhaupt
erst einmal aufzuspüren und in der erforderlichen LAO-Beweisqualität
zu dokumentieren. Dies deswegen, weil bei diesen Geräten einfache und sofort
mögliche „Softwareanpassungen“ die Gemeinden wirklich blitzartig
in schwer lösbare Beweisschwierigkeiten bringen können.
Nachstehend ein kleines Know-how rund um Geräte, welche nicht selten zu
Unrecht auf Basis des § 4 Abs 5 Z 1 LAG mit nur 20,00 Euro monatlicher
„Alibi-Lustbarkeitsabgabe“ weiter unbehelligt belassen werden: Der
potentielle monatliche Abgabenausfall von 680,00 Euro pro Gerät sollte
allerdings zum Nachdenken anregen...
Abgabenrechtliche Voraussetzungen
Aus der Zusammenschau der
Bestimmungen des § 14 Abs 1 Z 8 und 9 sowie § 15 Abs 1 Z 3 Finanzausgleichsgesetz
2008 - FAG 2008, BGBl I 103/2007, und der landesgesetzlichen Ermächtigung
im Lustbarkeitsabgabegesetz 2003 – LAG, LGBl 50/2003, handelt es sich
bei der Lustbarkeitsabgabe um eine ausschließliche Gemeindeabgabe auf
Grund freien Beschlussrechtes. Daher müssen Gemeinden – wenn sie
eine derartige Abgabe einheben wollen – von dieser bundes- und landesgesetzlichen
Ermächtigung ausdrücklich durch Erlassung einer selbständigen
Verordnung zur Ausschreibung der Lustbarkeitsabgabe im Sinne des § 41 Abs
2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 - GemO, LGBl 1967/115 in der Fassung
LGBl 49/2004, Gebrauch machen. Zuständig zur Erlassung dieser Verordnung
ist der Gemeinderat auf Grund seiner Generalkompetenz in § 43 Abs 1 GemO.
Falls Sie bei der Beschlussfassung Ihrer Lustbarkeitsabgabe-Einhebungsverordnung
der Empfehlung des Steiermärkischen Gemeindebundes gefolgt sind, so haben
Sie von der Ermächtigung, eine Besteuerung von „Spielapparaten und
Spielautomaten, die optisch oder akustisch aggressive Handlungen, wie insbesondere
Verletzungen oder Tötung oder Kampfhandlungen gegen Ziele darstellen“
vorzunehmen, im bereits erwähnten Höchstausmaß von 700,00 Euro
in Anspruch genommen.
In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass wir unsere beiden Lustbarkeitsabgabe(ver)ordnungsentwürfe
auf Basis des LAG im Herbst 2006 überarbeitet und dabei auch einige „Tarife“
im Rahmen des Gesetzes erheblich angehoben sowie eine ausdrückliche auch
zeitlich determinierte Erklärungspflicht eingearbeitet haben. Die aktuellen
Musterverordnungen stehen auf unserer Homepage im Mitgliederservice (Fachbereich
„Lustbarkeitsabgabe“) als Word-Dokumente zum Herunterladen bereit.
Rahmenbedingungen für die Aufstellung von Unterhaltungsspielapparaten
Betrieb und Aufstellung
von Unterhaltungsspielapparaten müssen bei der Bezirkshauptmannschaft sowie
bei der Gemeinde (ausgenommen in Statutarstädten) angezeigt werden und
bedürfen überdies einer Bewilligung der Landesregierung (§ 3
Z 2, § 4, § 5a Abs 1 Steiermärkisches Veranstaltungsgesetz, LGBl
192/1969 idF LGBl 148/2006).
Der Bewilligungsinhaber – allenfalls ein von der Bewilligungsbehörde
genehmigter Geschäftsführer oder Pächter oder ein der Behörde
konkret mitgeteilter Stellvertreter – hat den Spielbetrieb in einer genehmigten
Betriebsstätte (§§ 20 ff leg cit) persönlich zu überwachen
(§§ 13, 19, 19a leg cit). Sofern es sich nicht ausdrücklich um
einen als solchen genehmigten „Spielsalon“ handelt, dürfen
in einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsstätte nur höchstens
sechs angezeigte Spielapparate (Geld- und Unterhaltungsspielapparate) aufgestellt
und betrieben werden, wobei Geld- und Unterhaltungsspielapparate nicht in ein
und demselben Betriebsraum zugleich aufgestellt und betrieben werden dürfen
(§ 22a leg cit).
Zuständige Überwachungsbehörde ist der Bürgermeister
Gemäß § 31 VeranstaltungsG ist der Bürgermeister zuständige Überwachungsbehörde für die „Aufgaben nach § 29 Abs.1, § 30 Abs.2, § 30a und § 30b“ VeranstaltungsG; darunter fallen folgende Agenden:
Praktische Erfahrungen
Exkurs: Geldspielapparate in der Praxis
Letztendlich profitiert der Sozialhilfeverband von unrechtmäßig
aufgestellten Geld- und Unterhaltungsspielapparaten
Festgestellte abgabenrechtliche
und veranstaltungsgesetzliche Verstöße müssen gemäß
§ 25 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) vom Bürgermeister
als zuständiger Abgaben- und Überwachungsbehörde an die zuständige
Strafbehörde (örtliche Bezirkshauptmannschaft/Expositur) mitgeteilt
(angezeigt) werden. Wenn unsere Mitgliedsgemeinden selbst solche Erhebungen
durchführen und Verstöße niederschriftlich dokumentiert haben,
so können wir für diese folgende Anzeige unser Musterschreiben Nr.
103 anbieten, welches Sie jederzeit bei uns anfordern können.
Auf Grund der Strafbestimmung des § 37 Abs 2 VeranstG muss dann die zuständige
Bezirkshauptmannschaft zB sämtliche ohne Bewilligung aufgestellte und betriebene
Geld- und Unterhaltungsspielapparate einschließlich des darin enthaltenen
Geldes für verfallen erklären. Die Bezirkshauptmannschaft wird dabei
nach den §§ 39 und 17 VStG 1991 und nach der Verfallsverordnung, BGBl
386/1927, vorgehen und dabei die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls aussprechen
(Form 24 der VwFormV) sowie im folgenden Straferkenntnis Geräte und Geld
für verfallen erklären müssen (§ 17 VStG 1991; Verfallserklärungsbescheid).
Die Geldstrafen wie auch der Erlös der verfallenen Sachen fließen
nach nutzbringender Verwertung dem örtlichen Sozialhilfeverband zu (§
15 VStG 1991).
Zusammenfassung
Eine zeitnahe Erfassung
wie eine rechts- und sachkundige Dokumentation der tatsächlichen Geräte-Aufstellungsverhältnisse
beugen unerwünschten Fehlbeurteilungen und letztendlich Abgabenausfällen
in mitunter sehr bedeutender Höhe vor (Ausfälle für mehrere Geräte
über längere Zeiträume „summieren sich“).
Auch wenn Geräte als „abgezogen“ (nicht mehr aufgestellt) angezeigt
werden, lohnt sich oft – am besten sehr zeitnah – ein kurzer Blick
an den bisherigen Aufstellungsort, ob dies den Tatsachen entspricht und ob nicht
vielleicht schon ein „Ersatzgerät“ aufgestellt ist.
Dem Gerätetypus der Spielapparate mit der Darstellung aggressiver Handlungen
und seiner Spezifikation und Dokumentation ist auch aus rein finanziellen Aspekten
ausreichend Bedeutung beizumessen.
Zu Ihrer Unterstützung führt auch der Steiermärkische Gemeindebund
bereits seit vielen Jahren „Lustbarkeitsabgabe-Erhebungen“ durch,
welche – besonders seit 2 Jahren – sehr detailliert durchgeführt
und mit einer entsprechenden Niederschrift abgeschlossen werden. Diese Feststellungen
sind für das weitere Abgabenverfahren der Gemeinde sehr wesentlich, da
bei unterschiedlichen Auffassungen – somit in der Regel in jedem Berufungsverfahren
– abgabenrechtlich sehr maßgebliche in der Vergangenheit liegende
Sachverhalte – wenn überhaupt – sonst meist nur mehr sehr aufwändig
festgestellt werden könnten.
Robert Koch, 5.3.2008