StGN 3/2008, S 4
VwGH: Telefax-Eingaben sind vollkommen unbeachtlich
Von Robert Koch
In den Steirischen
Gemeindenachrichten 12/2005, 10 f, wurde unter Hinweis auf den VwGH-Beschluss
97/17/0164 vom 23.3.1998 davon ausgegangen, dass Telefaxeingaben nach der Burgenländischen
und sinngemäß auch nach der Steiermärkischen Landesabgabenordnung
(LAO) zwar als mangelhaft, jedenfalls aber als „Anbringen“ anzusehen
sind – sprach doch das Höchstgericht ausdrücklich von „der
Einbringung eines mit einem Formgebrechen behafteten Antrags“ und „dass
bis zur Verbesserung des vorliegenden Formgebrechens kein Antrag vorliegt, der
die Entscheidungspflicht der belangten Behörde ausgelöst hätte.“
Daraus
wurde der Schluss gezogen, dass die Abgabenbehörde im Sinne des §
62 Abs 2 LAO die Behebung des Mangels der „Nicht-Schriftlichkeit“
innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist aufzutragen
hatte – mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass die mangelhafte Eingabe
ansonsten als zurück genommen gilt.
Die
VwGH-Rechtsprechung verdeutlicht ihre Linie zur Steiermärkischen Landesabgabenordnung
Der VwGH wird nun in seinem Beschluss 2005/16/0186 vom 28.6.2007 zur Steiermärkischen Landesabgabenordnung sehr deutlich: Im Fall einer Säumnisbeschwerde gegen die Stadt Graz spricht der VwGH – nachdem über eine Telefax-Berufung nicht entschieden wurde – ausdrücklich davon, dass solche Anbringen nicht bloß mit einem Formgebrechen behaftet sondern „gar nicht rechtswirksam eingebracht worden“ sind und nicht einmal die Verpflichtung der Behörde zur Erlassung eines Mängelbehebungsauftrags begründen:
„Gemäß
§ 62 Abs. 1 Stmk. LAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder
zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge,
Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen
des Abs. 3 (über mündliche Anbringen) schriftlich, telegrafisch oder
durch Fernschreiben einzureichen (Eingaben). … Wird ein Anbringen auf
einem nicht zugelassenen Weg der Abgabenbehörde zugeleitet, so gilt es
als nicht eingebracht und kann daher auch keine Entscheidungspflicht auslösen
….
Die Frage der wirksamen Einbringung einer Berufung ist im Beschwerdefall ausschließlich
nach § 62 Abs. 1 Stmk. LAO zu beurteilen. Daraus ergibt sich, dass eine
solche nur auf den dort genannten Wegen, nämlich schriftlich, telegrafisch
oder durch Fernschreiben zulässig ist.
Im Beschwerdefall wurde die Berufung unstrittig weder schriftlich noch telegrafisch
oder durch Fernschreiben eingereicht, sondern ausschließlich im Wege des
Telefax (Telekopierer).
Daraus folgt, dass die im Wege des Telefax (Telekopierers) übermittelte
’Berufung’ der beschwerdeführenden Partei gegenüber der
belangten Behörde gar nicht rechtswirksam eingebracht worden ist….
Dabei ist nicht von Belang, dass die belangte Behörde - offensichtlich
in Verkennung der Rechtslage - anfänglich von der wirksamen Einbringung
einer Berufung ausgegangen ist und die Entscheidung darüber unter Hinweis
auf § 211 Abs. 1 Stmk. LAO ausgesetzt hat. Es kann auch nicht davon ausgegangen
werden, dass es sich im Beschwerdefall um ein bloßes Formgebrechen - wie
etwa das Fehlen einer Unterschrift - handelt, welches nach § 62 Abs. 2
Stmk. LAO die Verpflichtung der Behörde zur Erlassung eines Mängelbehebungsauftrags
begründen würde, weil auch für die Einleitung eines Mängelbehebungsverfahrens
das Vorliegen einer an sich wirksam erhobenen, wenn auch mit einem Formgebrechen
behafteten Eingabe erforderlich ist.
Da die Geltendmachung der Entscheidungspflicht gemäß § 27 VwGG
voraussetzt, dass eine Entscheidungspflicht der belangten Behörde bestanden
hat…, setzt dies betreffend eine Berufung voraus, dass eine solche überhaupt
wirksam eingebracht wurde. Eine Säumnisbeschwerde, die auf die Entscheidung
des Verwaltungsgerichtshofes über eine Berufung gerichtet ist, ist daher
mangels wirksamer Einbringung einer solchen nicht zulässig.“
Zusammenfassung:
Weder Mängelbehebungsauftrag noch Zurückweisung sind erforderlich
Telefaxeingaben gelten
als nicht rechtswirksam eingebracht, stellen keine behandlungspflichtigen Anbringen
dar und erfordern nicht einmal einen Mängelbehebungsauftrag.
Die Zurückweisung derartiger Eingaben als unzulässig wäre (zB
bei Rechtsmitteln vor oder nach Ablauf der Rechtsmittelfrist) zwar an sich nicht
notwendig, hätte aber einen gewissen Informations- oder Servicecharakter
und wäre natürlich rechtlich zulässig, da damit keinerlei Parteienrechte
verletzt würden. Dass der in welcher Form auch immer
ergehende „rechtzeitige“ Hinweis auf eine unwirksam eingebrachte
Eingabe innerhalb offener Rechtsmittel- und/oder Verjährungsfristen als
Aufforderung zur wirksamen Einbringung von Parteienanbringen empfunden werden
kann, ist jeder LAO-Abgabenbehörde sicherlich klar…
Ausblick: Novellierungsüberlegungen
und Änderungen
Bis zum 29.2.2008 lief
ein Begutachtungsverfahren zur Novellierung der Steiermärkischen Landesabgabenordnung
ua in diesem Punkt, wonach dann schriftliche Anbringen in jeder technisch möglichen
Form (auch per E-Mail) eingebracht werden können sollen.
Auf Bundesebene hat
außerdem eine im Bundesministerium für Finanzen eingerichtete Arbeitsgruppe
die Aufgabe, ein Österreich weit einheitliches Verfahrensrecht für
Landes- und Gemeindeabgaben im Wege einer um einen zusätzlichen „Spezialabschnitt
für Landes- und Gemeindeabgaben“ erweiterten BAO zu schaffen, welches
ab 1.1.2010 die allgemeinen Bestimmungen und das Verfahren für die von
den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden verwalteten
Abgaben regelt; das Finanzverfassungsgesetz ist bereits dahin gehend angepasst
worden.
Durch das zukünftige Inkrafttreten der vorerwähnten Novellierungen
wird sich jedoch die Rechtsqualität bereits eingebrachter (bzw einzubringender
und bislang als nicht rechtswirksam eingebracht geltender) Eingaben nicht nachträglich
zu Lasten der Abgabenbehörden verändern.
Robert Koch, 10.2.2008