StGN 1/2008, S 5 f

Inkassobüros, Gläubigerschutzvereinigungen, Finanzdienstleister & Co:
Keine zwangsweise Einbringung von Gemeindeabgaben durch behördenfremde Personen und Einrichtungen!

Von Robert Koch

 

1. Allgemeines

a) Inkassobüros, Gläubigerschutzvereinigungen und Finanzdienstleister – teils in Vereinsform betrieben – bieten den Gemeinden immer wieder Mahnungs- und Einbringungsdienstleistungen hinsichtlich ausständiger Gemeindeabgaben und werben dabei mit unterschiedlichen Argumenten wie

b) Nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 - GemO, LGBl 1967/115 in der Fassung LGBl 49/2004, hat die gesamte Gebarung der Gemeinde entsprechend den Gesetzen und sonstigen Vorschriften sowie wirtschaftlich, zweckmäßig und sparsam geführt zu werden.

c) Sind mit der Beauftragung Dritter Kosten verbunden, so ist zu bedenken, dass sich eine allgemeine Ersatzpflicht des Verpflichteten sich nur auf die „notwendigen Kosten des Exekutionsverfahrens“ erstreckt.
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellt aber die Inanspruchnahme eines Kreditschutzverbandes oder eines Inkassobüros keine zur Eintreibung und Mahnung notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung dar, welche eine Ersatzpflicht des Verpflichteten nach sich ziehen würde (AnwBl 1982/1639): Grundsätzlich wird daher die Gemeinde die auflaufenden Kosten (Honorare, Provisionen, Spesenersätze ) selbst zu tragen haben; ausgenommen die Gemeinde hätte im privatwirtschaftlichen Bereich vertraglich Abweichendes vereinbart.

 

2. Privatwirtschaftlicher Bereich der Gemeinde

a) Im Bereich des privatwirtschaftlichen Handelns der Gemeinde darf die Gemeinde – etwa als Betreiber eines Kindergartens oder als Vermieter – behördenfremde Personen oder Einrichtungen (zB einen Rechtsanwalt, einen Gläubigerschutzverband, ein Inkassobüro oder auch einen sonstigen Vertreter) mit der Einforderung von Verbindlichkeiten beauftragen.

b) Ob und inwieweit dann für die Vertretung anfallende Kosten tatsächlich gegenüber dem Schuldner im Rahmen seiner Ersatzpflicht geltend gemacht werden können, hängt von der vertraglichen Gestaltung (bzw von allenfalls vereinbarten Geschäftsbedingungen) ab.

 

3. Bereich der Gemeinde als Abgabenbehörde

a) Bei den abgabenbehördlichen Aufgaben handelt die Gemeinde im hoheitlichen Bereich und unterliegt somit dem verfassungsgesetzlichen Legalitätsprinzip (Artikel 18 Abs 1 B-VG), wonach sämtliche Verwaltungstätigkeiten nur aufgrund ausdrücklichen gesetzlichen Auftrages vorgenommen werden dürfen.
Die GemO spricht dazu in § 95 Abs 1 eine klare Sprache: „Fällige Gemeindeabgaben ... hat der Bürgermeister nach den für die Einhebung, Einbringung und Sicherung der für öffentliche Abgaben des Landes und der Gemeinde geltenden Vorschriften einzubringen“: Demnach muss der Bürgermeister die jeweils in der Steiermärkische Landesabgabenordnung (LAO), LGBl 158/1963 in der Fassung LGBl 69/2001, vorgesehenen Maßnahmen setzen: Erlassung entsprechender Bescheide; Mahnung im Sinne des § 175 LAO; Ausfertigung eines Rückstandsausweises im Sinne des § 177 LAO und Einleitung des abgabenbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahrens.
Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass allein schon deswegen der Bürgermeister als zuständige Abgabenbehörde (und auch sonst niemand in der Gemeinde!) keinesfalls behördenfremde Personen, Vereinigungen oder Einrichtungen mit der Einforderung von abgabenrechtlichen Verbindlichkeiten beauftragen darf.

b) Außerdem gibt es – bedingt durch die vorgeschilderte äußerst starke Position der Gemeinde im Abgabenverfahren, sogar den Exekutionstitel selbst ausstellen zu können – keinen Anlass, den Exekutionsantrag nicht selbst zu stellen; auch anwaltliche Vertretung ist hierbei nicht geboten und aus Kostengründen unzweckmäßig.

Es bestehen aber noch weitere gewichtige Gründe, die Einbringung von Gemeindeabgaben als Gemeinde bzw durch den Bürgermeister als zuständige Abgabenbehörde selbst zu veranlassen:

c) Während sich Parteien im Exekutionsverfahren gemäß § 52 EO (grundsätzlich) durch Bevollmächtigte vertreten lassen können und für den Verpflichteten gemäß § 74 EO (nur) für alle von „ihm verursachten, zur Rechtsverwirklichung nothwendigen Kosten des Executionsverfahrens zu erstatten“ sind, unterliegen Organe der Gemeinde jedoch darüber hinaus dem Amtsgeheimnis (§ 310 Strafgesetzbuch), der Amtsverschwiegenheit und der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht im Sinne des § 238 LAO (Steuergeheimnis): Daher dürfen weder Rechtsanwälten noch Gläubigerschutzverbänden und Inkassobüros noch sonstigen behördenfremden Personen irgendwelche Daten der Abgabenverwaltung zugänglich gemacht werden: Eine Verletzung dieser Pflichten ist – wie oben beschrieben – sogar strafrechtlich relevant.
Von einer Verletzung der oben angeführten Pflichten bzw von einem ungesetzmäßigen Vorgehen ist daher dringend abzuraten!

 

4. Zusammenfassung

a) Im privatrechtlichen Bereich der Gemeinde kann die rechtlich zulässige Beauftragung eines Gläubigerschutzverbandes (oder einer sonstigen behördenfremden Person oder Einrichtung), wenn die dafür auflaufenden Kosten unter Beachtung des faktischen Ergebnisses (schnellere Einbringung?, tatsächlich bessere Einbringungsquote?) in angemessener Relation stehen, durchaus in Frage kommen – insbesondere in Fällen, wo auch (vertraglich vereinbart) die dafür anfallenden (Mehr-) Kosten überwälzt werden können.

b) Im Bereich der Abgabenverwaltung der Gemeinde scheidet die Beauftragung behördenfremder Personen mit Handlungen, welche mit der Forderungsgeltendmachung in Zusammenhang stehen, absolut von Vornherein aus: Dies aus Gründen sonstiger verfassungs- und einfachgesetzlicher Rechtswidrigkeit sowie aus Gründen der Verletzung der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht, des Amtsgeheimnisses und der Amtsverschwiegenheit – somit strafrechtlich relevanter Tatbestände! – und aus Gründen der nicht überwälzbaren Kosten (siehe auch Steirische Gemeindenachrichten 4/1999, 9).

Robert Koch, 28.11.2007