StGN 8/9/2007, S 6-7

Aussetzungszinsen auf Abgabenrückstände in Berufungsverfahren aller Landes- und Gemeindeabgaben und -gebühren müssen festgesetzt werden

Von Robert Koch

In Kürze: Die gegen einen Bescheid eingebrachte Berufung wirkt im Sinne des § 198 LAO nicht hemmend, sodass insbesondere Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe bzw eines Abgabenrückstandes nicht aufgehalten werden.
Wenn nun in einem Berufungsverfahren die Aussetzung der Einhebung (oder ein dahin gehend umzudeutender Antrag) lediglich beantragt wird, ist die Festsetzung von Aussetzungszinsen im Sinne des § 161a LAO durch die Abgabenbehörde erster Instanz bereits verpflichtend vorzunehmen – und zwar auch noch Jahre später, falls dies ursprünglich übersehen worden sein sollte.

 

Grundgedanken der Aussetzungsverzinsung

Die Geltendmachung eines entsprechenden Zinsenanspruches durch den Abgabengläubiger stellt – insbesondere bei langwierigen Berufungsverfahren – weder eine Säumnisfolge noch eine Strafmaßnahme dar. Vielmehr stehen dem Abgabengläubiger geschuldete Abgabenleistungen nicht bereits am Tag der Fälligkeit zur Verfügung und schaffen die Aussetzungszinsen in Berufungsverfahren einen wirtschaftlichen Ausgleich dafür, dass der Abgabengläubiger

Rechtsgrundlagen

Die maßgebliche Gesetzesbestimmung, § 161a Abs 1 Steiermärkische Landesabgabenordnung (LAO), LGBl 158/1963 in der Fassung LGBl 69/2001, verfügt, dass die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen ist, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Die Abs 5 und 6 der vorerwähnten Bestimmung normieren die Wirkung der Aussetzung der Einhebung als Zahlungsaufschub, welcher mit dem im Zuge der Berufungserledigung zu verfügenden Ablauf oder mit sonstigem Widerruf endet; für den eintretenden Zahlungsaufschub sind Aussetzungszinsen zu entrichten, wobei eine allfällige nachträgliche Herabsetzung der Abgabenschuld rückwirkend zu berücksichtigen ist.
Aussetzungszinsen sind nach § 2 Abs 2 lit d LAO Abgaben-„Nebengebühren“, welche nach § 2 Abs 2 LAO „Nebenansprüche“ darstellen. Diese wiederum gelten im Sinne des § 2 Abs 1 LAO selbst als „Abgaben“ im Sinne der LAO und sind daher – bei den im Weiteren behandelten Gemeindeabgaben – vom Bürgermeister als Abgabenbehörde erster Instanz auf Grund in Anspruch genommener Aussetzung der Einhebung von Abgaben, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, innerhalb der Bemessungsverjährungsfrist mit Abgabenbescheid festzusetzen.

 

Anwendungsfälle

Aussetzungszinsen fallen in allen Berufungsverfahren sämtlicher der LAO unterliegenden Landes- und Gemeindeabgaben mit Rückständen insoweit an, als die Aussetzung der Einhebung auf Grund eines entsprechenden Antrages lediglich faktisch (durch Nichtzahlung des gesamten Rückstandes) in Anspruch genommen wurde.
Als Antrag auf Aussetzung der Einhebung sind dabei auch Anträge anzusehen, welche einen Zahlungsaufschub (Stundung) der Abgaben(rest)schuld bis zur Erledigung der Berufung oder bis zum Abschluss des Verfahrens oder die Zuerkennung aufschiebender Wirkung beantragen sowie ähnlich formulierte sinngemäß gleichbedeutende Anbringen.

 

Verzinsungszeitraum

Der Aussetzungszinsenanspruch entsteht, sobald „infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt“ – somit auch im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur in Auslegung des § 3 Abs 1 LAO laufend während jener Zeit, in welcher der Zahlungsaufschub in Form der Nichtzahlung von Abgaben, welcher auf einem Aussetzungsantrag fußt, in Anspruch genommen wird.

 

Beginn der Aussetzungsverzinsung bei Vorliegen eines Bewilligungsbescheides

Der Aussetzungszinsenanspruch beginnt in jenen Fällen, wo die Aussetzung der Einhebung bescheidmäßig bewilligt wird, jedenfalls bereits zu jenem Zeitpunkt, ab welchem auf Grund des (zuvor eingelangten) Aussetzungsantrages keine Einbringungsmaßnahmen mehr gesetzt werden durften.

 

Beginn der Aussetzungsverzinsung ohne Bewilligungsbescheid

Eine Aussetzungszinsenanspruch dürfte aber auch in jenen Fällen bestehen, wo keine bescheidförmige Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung erfolgte. Nachdem letztere Auslegung noch nicht durch einschlägige Judikatur belegbar ist, kann solange aus Gründen der Rechtssicherheit nicht empfohlen werden, auf Aussetzungsbescheide zu verzichten.
Folgende Gründe sprechen jedoch sehr dafür, dass Aussetzungszinsen auch in diesen Fällen festzusetzen sind:

 

Endzeitpunkt der Aussetzungsverzinsung

Der Aussetzungszinsenanspruch endet erst mit dem ausdrücklich verfügten (fallweise als Widerruf ausgestalteten bzw hauptsächlich im Zuge der Berufungserledigung ergehenden) Ablauf des Zahlungsaufschubes, somit keinesfalls bereits „automatisch“ anlässlich jeder Erledigung des Berufungsverfahrens. Letzteres bedeutet, dass Aussetzungszinsen auch noch lange nach der Berufungserledigung anfallen können, solange noch ein ausgesetzter Betrag aushaftet und solange der Ablauf noch nicht ausdrücklich verfügt wurde (VwGH 96/15/0173 vom 11.9.1997).
Lediglich innerhalb des ersten Monats ab Zustellung des Bescheides über den Ablauf (oder Widerruf) der Aussetzung fallen keine Aussetzungszinsen an (§ 161a Abs 6 LAO).
Wird nach einer Berufungsvorentscheidung, welche den Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt hat, ein Vorlageantrag und neuerlich ein Aussetzungsantrag gestellt, fallen auch während der Zeit vom verfügten Ablauf bis zum erneuten Aussetzungsantrag keine Aussetzungszinsen an.

 

4,19 % Aussetzungszinsen pro Jahr

Soweit für aushaftende Abgaben ein Zahlungsaufschub durch Aussetzung der Einhebung eintritt, sind dafür gemäß § 161a Abs 8 LAO in Verbindung mit den Bestimmungen des Steiermärkischen Euro Begleitgesetzes, LGBl 96/1998 vom 22.9.1998, Aussetzungszinsen in der Höhe von 1 % über dem durch die Oesterreichische Nationalbank verlautbarten Basiszinssatz zu entrichten (siehe auch Steirische Gemeindenachrichten 2/1997 und 11/2001).
Seit 14.3.2007 beträgt der OeNB-Basiszinssatz 3,19 % p.a, somit schlagen sich Aussetzungszinsen von Abgabenrückständen in Berufungsverfahren mit 4,19 % zu Buche.
Wie bereits einleitend erwähnt, darf auf diesen Abgabenanspruch des öffentlichen Abgabengläubigers nicht verzichtet werden, da die Anwendung des § 161a LAO nicht im Ermessen der Behörden liegt, sondern als Muss-Bestimmung ausformuliert und daher zwingend anzuwenden ist.

 

Festsetzung der Aussetzungszinsen

Aussetzungszinsen dürfen erst nach Verfügung des Ablaufes oder des Widerrufes der Aussetzung der Einhebung festgesetzt werden. Aussetzungszinsen müssen amtswegig berechnet (festgesetzt) werden, wobei ein sich Berufungsverfahren allfällig ergebender Herabsetzungsbetrag rückwirkend zu berücksichtigen ist.
Ob nach dem Ablauf der Aussetzung noch ein Rückstand besteht oder nicht, ist für die Festsetzung von Aussetzungszinsen unerheblich; maßgeblich ist diesbezüglich nur, ob und dass die Aussetzung der Einhebung im Berufungsverfahren – wie lange auch immer – jemals in Anspruch genommen wurde.
Aussetzungszinsen sind daher in einem Abgabenbescheid festzusetzen, welcher den diesbezüglichen LAO-Anforderungen entspricht. Nachdem im Spruch des Bescheides ua die Bemessungsgrundlagen zu nennen sind, müssen aushaftender Betrag, jeweils anzuwendender Zinssatz, Aushaftungsdauer der Abgabenschuld und Zinsenberechnung nachvollziehbar dargestellt sein.
Unseren Mitgliedsgemeinden können wir dazu (mit unserem Musterbescheid Nr. 129) eine ausfüllfertige allgemein gehaltene Vorlage bereit stellen, welche auch auf unserer Homepage zum Herunterladen bereit steht.

 

Einbringung der Aussetzungszinsen

Werden die festgesetzten Aussetzungszinsen nicht längstens bis zum Fälligkeitstag entrichtet, sind diese zwangsweise einzubringen. Bei Nebenansprüchen (darunter Nebengebühren wie Aussetzungszinsen) ist gemäß § 175 Abs 4 lit g LAO keine Mahnung erforderlich, das heißt es ist ein Rückstandsausweis als Exekutionstitel für das abgabenbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren gemäß § 177 LAO auszustellen; auch über den Rückstandsausweis und den Exekutionsantrag braucht der Abgabepflichtige keine Information zu erhalten.

Robert Koch, 11.7.2007