StGN 7/2007, S 1, 3, 4

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VwGH-Entscheidung zur Getränkesteuer im Handel

Das mit Spannung erwartete Erkenntnis des Verwalungsgerichtshofes zum Fall der Stadtgemeinde Linz in Sachen Getränkesteuer-Rückzahlung an Handelsunternehmen erging vor weinigen Wochen mit einer aus der Sicht der Gemeiden positiven Entscheidung.
Zur möglichst verwaltungsökonomischen Umsetzung dieses Erkenntnisses für alle noch laufenden Verfahren werden von den kommunalen Interessenvertretungen bereits Gespräche mit dem Bundesministerium für Finanzen geführt.
Eine genauere Analyse der VwGH-Entscheidung mit einem Ausblick auf die weitere Vorgangsweise finden Sie auf den Seiten 3 bis 4.

 

Seite 3 und 4:
Gekürzte Version vom 5.6.2007
(zur ungekürzten Version vom 3.6.2007)
Weitere richtungsweisende Getränkesteuer-Musterentscheidung des VwGH vom 21.5.2007: Größere Getränkesteuer-Rückzahlungen werden nun auch im Handel ausbleiben!

Von LGF-Stellvertreter Prof. Dietmar Pilz und Robert Koch

Die anhängigen Gastronomie-Getränkesteuerverfahren konnten mittlerweile auf Grund des EuGH-Urteils Hermann / Frankfurt am Main (C-491/03 vom 10.3.2005) gelöst werden, nachdem der VwGH die Anwendbarkeit dieses Urteils ausdrücklich auch für die österreichischen „Dienstleistungsumsätze“ im Zusammenhang mit dem Verkauf alkoholischer Getränke bestätigte (VwGH 2005/16/0217 vom 27.4.2006).
Die Getränkebesteuerung von alkoholischen Getränken in den „Handels-Rechtsbehelfsfällen“ hat sich als gemeinschaftsrechtswidrig erwiesen und können Rückzahlungen nur unter Anwendung der „Bereicherungsverbote“ vermieden werden: Nach der bisher wenig ermutigenden Judikatur des VwGH liegt mit dem aktuellen VwGH-Erkenntnis 2005/16/0247 vom 21.5.2007 einerseits ein vom Höchstgericht akzeptiertes Beweisführungs- und Berechnungsmodell und andererseits eine bestätigte (auf alkoholische Getränke bezogene) Rückzahlungsquote von weniger als 15 % als richtungsweisendes Erkenntnis für den Handel vor.
Und „Gewinnbetriebe“ (-filialen) des Handels werden nicht einmal diesen Rückzahlungsanteil erhalten können…

 

Vorgeschichte bis zum März 2005

Im vorliegenden Fall – es handelt sich um eine Supermarktkette in der Art eines Billiganbieters mit 4 Filialen in der Stadtgemeinde Linz – war die seitens der Abgabenbehörde ausgesprochene weitestgehende Verweigerung der Getränkesteuerrückzahlung im „ersten Anlauf“ nach VwGH-Ansicht nicht ausreichend begründet (2004/16/0226 vom 17.3.2005). Der VwGH hat dabei auf „Grundsatzerkenntnisse“ hingewiesen, wonach die Abgabenbehörde die Überwälzung der Getränkesteuer nachzuweisen, den maßgebenden Sachverhalt ausreichend zu ermitteln und nachvollziehbare, schlüssige Erwägungen anzustellen hat.

 

Zusammenfassung und Auswirkungen des jüngsten Judikates

Die Stadtgemeinde Linz hat inzwischen die Forderungen des VwGH erfüllt und ihr Verfahren entsprechend „nachgebessert“ – und hat nun die weitestgehende Rückzahlungsverweigerung im zweiten Anlauf vor dem VwGH im Sinne folgender Beweiswürdigungselemente bestanden:

a) Überwälzungsnachweis, Berechnung des nicht überwälzten Anteils (10,5 %)

Das gewinnorientierte Österreich weit tätige Unternehmen hat seine Verkaufspreise inklusive Getränkesteuer ausgewiesen, wobei durchschnittlich höhere Bruttorohaufschläge bei Bier und Wein als bei Vergleichsbetrieben vorlagen.

Das Unternehmen hat für seine vier Linzer Filialen keine eigenen Kalkulationen erstellt, doch hat der Verkauf alkoholischer Getränke vorerst zu einem Rohgewinn geführt, der jedoch insgesamt (auf Grund erheblicher anderer Kostenfaktoren wie Personalaufwand, Miete und AfA im Effekt in drei der vier Linzer Filialen) doch Verluste ergab.

Nachdem die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke – bezogen auf die Gesamtkosten der Linzer Filialen – nur 0,58 % beträgt, hat die Stadtgemeinde Linz einen entsprechenden Anteil des Gesamtverlustes – nämlich 0,58 % des Verlustes dieses Zeitraums – als nicht auf die Abnehmer überwälzten und zurück zu zahlenden Anteil betrachtet.

Bezogen auf die Getränkesteuer der alkoholischen Getränke entspricht dies – beim vorliegenden Verlustbetrieb! – einem Rückerstattungsanteil von rund 10,5 %.

b) Durch die Getränkesteuer verursachte Verluste bzw Abgeltung des eingetretenen Schadens (4 %)

Der VwGH bestätigt wieder, die Partei hat den durch die Erhebung der Getränkesteuer erlittenen wirtschaftlichen Nachteil durch konkret darzulegende Tatsachen nachzuweisen und nicht nur bloß zu behaupten.

So hat die Behörde im vorliegenden Fall angenommen, dass ein Handelsbetrieb wegen überwiegender Selbstbedienung nur eine minimale Dienstleistungskomponente aufweist und die Getränkesteuer (zu Lasten der Gastronomie!) Absatz und Gewinn sogar fördert…

Nachdem die Preiselastizität der Nachfrage unter anderem auf Grund der hohen Kaufkraft der Linzer Bevölkerung und der touristischen Situation der Landeshauptstadt Linz als gering einzuschätzen sei, hält es der VwGH für nachvollziehbar und rechtskonform, wenn die Abgabenbehörde den durch die Erhebung der Getränksteuer verursachten wirtschaftlichen Nachteil daher (zusätzlich) mit maximal 4 % der entrichteten Getränkesteuer ermittelte.

Der VwGH bestätigte hier somit eine Rückzahlungsquote von insgesamt rund 14,5 %, bezogen auf die Getränkesteuer der alkoholischen Getränke.

 

Eckpunkte der VwGH-Argumentation

 

Ausblick und weitere Vorgangsweise

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Prof. Dietmar Pilz und Robert Koch, 5.6.2007

 

(zur ungekürzten Version vom 3.6.2007)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Ungekürzte Vorabversion vom 3.6.2007 (zur gekürzten Version vom 5.6.2007)
Weitere richtungsweisende Getränkesteuer-Musterentscheidung des VwGH vom 21.5.2007: Größere Getränkesteuer-Rückzahlungen werden nun auch im Handel ausbleiben!

Von Robert Koch

In den anhängigen Getränkesteuerverfahren konnten die seinerzeitigen „Gastronomie-Rechtsbehelfsfälle“ mit dem EuGH-Urteil C-491/03 vom 10.3.2005 (Hermann - Frankfurt am Main) und mit der durch den VwGH mit dem Erkenntnis 2005/16/0217 vom 27.4.2006 ausdrücklich auch für in der österreichischen Gastronomie bewirkte Lieferungen alkoholischer Getränke gelöst werden; erforderlichenfalls – zwei vorliegenden vollkommen unabhängig voneinander erstellten Rechtsgutachten folgend – über den Schritt der amtswegigen Wiederaufnahme: Die Getränkesteuer in der Gastronomie ist bzw war somit insgesamt gemeinschaftsrechtskonform und kommen keine Rückzahlungen mehr in Betracht.
Im Bereich der „Handels-Rechtsbehelfsfälle“, welchen sich die nachstehende Abhandlung widmet, hat sich ja die Besteuerung von alkoholischen Getränken als gemeinschaftsrechtswidrig erwiesen und können Rückzahlungen in Rechtsbehelfsfällen (und -zeiträumen) nur unter Anwendung der "Bereicherungsverbote“ hintan gehalten werden: Nach der bisher wenig ermutigenden Judikatur des VwGH liegt mit dem aktuellen VwGH-Erkenntnis 2005/16/0247 vom 21.5.2007 einerseits ein vom Höchstgericht akzeptiertes Beweisführungs- und Berechnungsmodell und andererseits eine bestätigte (auf alkoholische Getränke bezogene) Rückzahlungsquote von weniger als 15 % nun auch ein richtungsweisendes Erkenntnis für den Handel vor.
Und „Gewinnbetriebe“ (-filialen) des Handels werden nicht einmal diesen Rückzahlungsanteil erhalten können…

 

Vorgeschichte bis zum März 2005

Im vorliegenden Fall der Stadtgemeinde Linz hat der VwGH in der Sache der „U HandelsgmbH & Co KG, einer Supermarktkette in der Art eines Billiganbieters“ bereits schon einmal – und zwar damals mit Erkenntnis 2004/16/0226 vom 17.3.2005 gegen die Gemeinde – entschieden, da die Voraussetzungen, unter denen eine Getränkesteuerrückzahlung gemeinschaftsrechtkonform gänzlich oder teilweise unterbleiben darf, mit der Fragenbeantwortung des damaligen „Mustervorhaltes“ und seiner Auswertung nicht ausreichend erfüllt waren.

Der VwGH hat dabei auf seine „Grundsatzerkenntnisse“ in dieser Sache – 2003/16/0148 vom 4.12.2003 und 2004/16/0128 vom 16.12.2004 – hingewiesen. Demnach hat die Abgabenbehörde die Überwälzung der Getränkesteuer auf die Konsumenten nachzuweisen, den maßgebenden Sachverhalt ausreichend zu ermitteln und nachvollziehbare, schlüssige Erwägungen anzustellen.

Nachdem der VwGH diese Forderungen damals nicht erfüllt sah, hatte die Stadtgemeinde Linz ihr Verfahren entsprechend „nachgebessert“ und im zweiten Anlauf vor dem VwGH bestanden.

 

Zusammenfassung und Auswirkungen der neuen Sachverhaltsfeststellungen

a) Überwälzungsnachweis und Rückzahlung des nicht überwälzten Anteils (10,5 %)

Beim in Rede stehenden gewinnorientierten Österreich weit tätigen Unternehmen wurden – wie allgemein auf der Stufe der Warenabgabe an den Letztverbraucher üblich und gesetzlich vorgeschrieben – die Preise inklusive Getränkesteuer ausgewiesen, wobei die durchschnittlichen Bruttorohaufschläge bei Bier und Wein über jenen der Vergleichsbetriebe lagen.

Das Unternehmen hat für seine vier Linzer Filialen keine eigenen Kalkulationen erstellt, doch hat der Verkauf alkoholischer Getränke vorerst zu einem Rohgewinn geführt, der jedoch insgesamt (auf Grund erheblicher anderer Kostenfaktoren wie Personalaufwand, Miete und AfA im Effekt in drei der vier Linzer Filialen) doch Verluste ergab.

Nachdem die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke – bezogen auf die Gesamtkosten der Linzer Filialen – nur 0,58 % beträgt, hat die Stadtgemeinde Linz einen entsprechenden Anteil des Gesamtverlustes – nämlich 0,58 % des Verlustes dieses Zeitraums – als nicht auf die Abnehmer überwälzten und zurück zu zahlenden Anteil betrachtet.

Bezogen auf die Getränkesteuer der alkoholischen Getränke entspricht dies – beim vorliegenden Verlustbetrieb! – einem Rückerstattungsanteil von rund 10,5 %.

b) Durch die Getränkesteuer verursachte Verluste bzw Abgeltung des eingetretenen Schadens (4 %)

Der VwGH wiederholt seine bereits im Erkenntnis 2004/16/0128 vom 16.12.2004 getätigte Aussage, es sei Sache der Partei, den durch die Erhebung der Getränkesteuer erlittenen wirtschaftlichen Nachteil (die durch die Getränkesteuer allenfalls verursachten Verluste bzw den durch die Getränkesteuererhebung in einem bestimmten Ausmaß eingetretenen Schaden) durch konkret darzulegende Tatsachen nachzuweisen und nicht nur bloß zu behaupten. In diesem Punkt – so der VwGH – ist auch im Sinne des EuGH-Urteils C-147/01 vom 2.10.2003 die Partei zu fordern, ohne dass dies gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen würde.

So hat die Behörde im vorliegenden Fall angenommen, dass ein Handelsbetrieb wegen überwiegender Selbstbedienung nur eine minimale Dienstleistungskomponente aufweist und die Getränkesteuer (zu Lasten der Gastronomie!) Absatz und Gewinn sogar fördert…

Nachdem die Preiselastizität der Nachfrage unter anderem auf Grund der überdurchschnittlich hohen Kaufkraft der Linzer Bevölkerung und der touristischen Situation der Landeshauptstadt Linz als gering einzuschätzen sei, hält es der VwGH für nachvollziehbar und rechtskonform, wenn die Abgabenbehörde den durch die Erhebung der Getränksteuer verursachten wirtschaftlichen Nachteil daher (zusätzlich) mit maximal 4 % der entrichteten Getränkesteuer ermittelte.

Der VwGH bestätigte hier somit eine Rückzahlungsquote von insgesamt rund 14,5 %, bezogen auf die Getränkesteuer der alkoholischen Getränke.

 

Beurteilung der behördlichen Argumentation durch den VwGH

 

Ergebnis des VwGH

Die Abgabenbehörde hat das Überwälzungsausmaß der Getränkesteuer auf der Grundlage von Erfahrungswerten angenommen und anhand einer eingehenden betrieblichen Prüfung und Feststellung der konkreten betrieblichen Daten ermittelt.

Die Feststellungen und Erwägungen der Abgabenbehörde, welche zu einer Rückerstattung eines aliquoten Anteils der Verluste eines Jahres und der Erstattung weiterer durch die Behörde begründet angenommener Nachteile führt, hält der VwGH für schlüssig und rechtskonform.

 

Ausblick und weitere Vorgangsweise

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Robert Koch, 3.6.2007

 

(zum Anfang der ungekürzten Version vom 3.6.2007)

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