StGN 08+09/2005, S 16
Getränkeabgabe:
Anwendung des EuGH-Urteils C 491/03 (Frankfurt)
Zweiter Teil der Informationen zur Umsetzung der neuesten Vorgaben in der
Gastronomie
Von Robert Koch
Über das allseits unerwartete EuGH-Urteil vom 10.3.2005, C-491/03 (Ottmar Hermann gegen die Stadt Frankfurt am Main) wurde in den Medien und von uns in der Zeitschrift Kommunal (3/2005, 7) sowie in den Steirischen Gemeindenachrichten (5/2005, 1) berichtet: Demnach ist die entgeltliche Abgabe von alkoholischen Getränken im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit überwiegend als Dienstleistung anzusehen und daher mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, nachdem die Verbrauchsteuerrichtlinie den Mitgliedsstaaten Steuern auf Dienstleistungen ausdrücklich gestattet.
Mit Rundmail vom 24.5.2005 haben wir daher unsere Mitgliedsgemeinden noch näher über das oa EuGH-Urteil und die ersten Umsetzungsschritte informiert sowie die benötigten Folgeinformationen angekündigt, welche zwischenzeitlich wiederum auf elektronischem Wege bereits an die Mitgliedsgemeinden ergangen sind. Die wesentlichsten Inhalte werden hier im Folgenden nochmals dargestellt. Betroffen sind wiederum nur Gastronomie- bzw Ausschank-Rechtsbehelfsfälle (überwiegende Dienstleistungskomponente im Entgelt).
1. Abgeschlossene, im Sinne der Gemeinden erledigte Getränkeabgabeverfahren
a) Abgeschlossene Verfahren
Als erledigt sind nun all jene Verfahren anzusehen,
• die entweder nie Rechtsbehelfsfall waren (kein Anbringen; weiters bescheidmäßig
abschlägig erledigte ausschließlich bedingte oder verspätete
Rechtsbehelfsfälle) oder
• ursprüngliche Rechtsbehelfsfälle, welche inzwischen zu einer rechtskräftigen
Getränkeabgabefestsetzung mit der Besteuerung von Alkohol abgeschlossen
wurden (zB übersehene Berufungsfrist) oder auch
• alle Rechtsbehelfsfälle, in denen die Rückzahlung des Getränkeabgabeguthabens
(nach Nullfestsetzung) im Wege der Anwendung des Bereicherungsverbotes bescheidmäßig
verweigert wurde und die in Rechtskraft erwachen sind oder
• die jene Fälle betreffen, die auf Vorschlag der Gemeinden hin zwischenzeitig
zurückgezogen wurden oder noch zurückgezogen werden.
b) Auf Vorschlag der Gemeinden
hin erfolgte Zurückziehungen
Bei derartigen (aus verwaltungsökonomischer Sicht erfreulichen) Fallkonstellationen
ist es aus formalrechtlichen Gründen erforderlich, vom Abgabepflichtigen
oder seinem Vertreter abgegebene bei den Gemeinden eingelangte Zurückziehungen
von Anbringen (Rechtsmitteln, Rückzahlungs-, Vorlageanträgen u dgl)
in einem rechtsmittelfähigen Bescheid auszusprechen. Der Entwurf eines
entsprechenden Zurücknahmeverfügungsbescheides lag der oa E-Mail-Information
bei.
Für die Zustellung dieses Bescheides ist – ungeachtet des Umstandes,
wer nun im Einzelnen die Zurückziehung unterfertigt bzw eingebracht hat
– eine allenfalls bestehende (Zustell-) Vollmacht jedenfalls zu beachten!
Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides ist das Verfahren endgültig
abgeschlossen und sind natürlich auch allfällige Rückstände
– erforderlichenfalls zwangsweise – einzubringen.
2. Offene Getränkeabgabeverfahren (Getränkeabgabe
im eigentlichen Sinne)
a) Offene Getränkeabgabeverfahren
In Gastronomie-Fällen kann nun nach dem Frankfurter EuGH-Urteil Getränkeabgabe
auch auf Alkohol verlangt bzw festgesetzt werden – und zwar in Österreich
nur für bis zum 8.3.2000 erfolgte Lieferungen, weil die entsprechende
gesetzliche Ermächtigung danach durch die mit BGBl I 29/2000 erfolgte
Novelle zum FAG 1997 weggefallen ist.
Wo Anträge auf Rückzahlung von Getränkeabgaben (Rechtsbehelf
etc.) noch nicht bescheidmäßig erledigt wurden bzw in solchen Fällen,
wo Abgabenerklärungen (zB aus dem Jahr 2000) immer noch fehlen, ist -
um keine Verjährung eintreten zu lassen - für diese Zeiträume
die Getränkeabgabe sowohl für alkoholfreie als auch für alkoholische
Getränke noch heuer festzusetzen. Die Gemeinden haben auch dazu den Entwurf
eines Abgabenbescheides in Anwendung des Frankfurt-Urteils, welcher verfahrensrechtlich
je nach Situation als Bescheid, Berufungsvorentscheidung oder Berufungsentscheidung
auszugestalten ist, erhalten.
b) Getränkeabgabeverfahren
nach erfolgter oberbehördlicher Aufhebung
In solchen Rechtsbehelfsfällen wurden/werden ja seit dem einleitend erwähnten
(ersten) Teil unseres „Frankfurt-Informationspaketes“ solche erstinstanzliche
Bescheide, welche Alkohol (in Wertung als Rechtsbehelfsfall) nicht besteuert
hatten, vom Gemeinderat (als zuständige Oberbehörde) aufgehoben.
Das Verfahren trat bzw tritt durch die verfügte Aufhebung in die Lage
zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden
hat – dh bei Aufhebung von „gewöhnlichen“ erstinstanzlichen Bescheiden
hat die bescheidmäßige Erledigung wiederum erstinstanzlich zu erfolgen;
wenn Berufungsvorentscheidungen des Bürgermeisters aufgehoben wurden,
ist die neuerliche Erledigung wiederum als Berufungsvorentscheidung (Bürgermeister)
oder wahlweise auch als Berufungsentscheidung (Gemeinderat) vorzunehmen.
Inhaltlich ist dazu ebenfalls der hier unter 2.a) erwähnte Entwurf des
Abgabenbescheides heranzuziehen, wobei Spruch und Rechtsmittelbelehrung dem
jeweiligen Verfahrensstand anzupassen sind; ebenso können im Detail textliche
Ergänzungen notwendig sein, wenn zB durch Nichtzahlung von (auch „anderen“)
Abgabenbeträgen und/oder durch vorgenommene Gegenverrechnungen Rückstände
entstanden und diese daher samt Säumniszuschlag auszuweisen und einzufordern
sind).
Robert Koch, 13.7.2005