AVG und LAO in
Frage und Antwort
(Teil
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Ideen und Lösungen, aufbereitet in einer neuen Serie für den Praktiker
auf Gemeindeebene - eine Einleitung
LAO-Teil von Robert Koch
Die Berufung nach der LAO
Was ist eine Berufung?
Im Abgabenverfahren im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde wird - sofern nicht gesetzlich anderes bestimmt ist - der Bürgermeister als Abgabenbehörde erster Instanz tätig (s auch § 45 der Gemeindeordnung 1967). Auch im LAO-Bereich hat der Adressat eines erstinstanzlichen Bescheides nach § 189 LAO die Möglichkeit, das als Rechtsschutzinstrument konstruierte ordentliche Rechtsmittel der Berufung gegen einen Bescheid - in der Praxis im Bereich der LAO zum weitaus überwiegenden Teil gegen einen Abgabenbescheid - einzubringen, soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt wird.
Wer kann eine Berufung einbringen?
Jeder, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist, kann eine Berufung einbringen. Ferner der Haftungspflichtige auch gegen den Abgabenanspruch solange, wie er gegen den Haftungsbescheid berufen kann beziehungsweise die Berufungsfrist durch einen Antrag auf Mitteilung des Abgabenanspruches gehemmt ist. Wer einer Berufung, über die noch nicht rechtskräftig entschieden ist, durch schriftliche Erklärung bei der bescheiderlassenden Behörde beitreten kann, bestimmen die §§ 201 und 202 LAO.
Wann ist die Einbringung einer Berufung nicht zulässig?
Wie im AVG ist beispielsweise auch gegen Ladungen nach der LAO kein Rechtsmittel zulässig. Es kann aber auch gegen die Ablehnung eines Fristverlängerungsansuchens, gegen die Androhung einer Zwangsstrafe, gegen einen Beschlagnahmebescheid, einen Verfügungsverbotsbescheid oder gegen die Ablehnung von Parteien angebotener Beweise kein Rechtsmittel eingebracht werden. Weiters wäre die Einbringung einer Berufung unzulässig, wenn darauf im Sinne des § 199 LAO schon verzichtet worden sein sollte. Allgemein ist gegen nur das Verfahren betreffende Verfügungen ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig; diese können erst in der Berufung gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden. Eine unrichtig bezeichnete Berufung („Einspruch“, „Widerspruch“, „Rekurs“, „Protest“, ...) tut der Zulässigkeit einer Berufung keinen Abbruch.
Unzulässige Berufungen sind jedenfalls von der Abgabenbehörde erster Instanz gemäß § 203 Abs 1 lit a LAO bescheidmäßig zurückzuweisen: Fehlen einer Erledigung der Abgabenbehörde die wesentlichen Bescheidmerkmale, so ist eine Berufung gegen diese Erledigung als unzulässig zurückzuweisen (VwGH 93/13/0021 vom 22.3.1993 zur BAO; 92/17/0288 vom 27.4.1995 zu § 73 Kärntner LAO).
Wann und wo ist eine Berufung einzubringen?
Eine Berufung kann bereits vor Beginn der Berufungsfrist und ist längstens binnen der (auf Antrag aus berücksichtigungswürdigen Gründen erforderlichenfalls sogar wiederholt verlängerbaren) Frist von einem Monat ab Zustellung eines Bescheides schriftlich einzubringen. Wann diese Berufungsfrist gehemmt und damit verlängert wird, bestimmen § 191 und § 193 zweiter Satz LAO.
Eine Berufung ist bei der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat oder bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz, die zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, einzubringen. Wird die Berufung bei einer anderen Stelle eingebracht, trägt der Berufungswerber das Risiko einer verspätet eingebrachten Berufung, wenn sie nicht mehr vor Ablauf der Berufungsfrist bei der den angefochtenen Bescheid in erster Instanz erlassenden oder der zur Entscheidung über die Berufung zuständigen Abgabenbehörde zweiter Instanz einlangt.
Auf welchem Wege kann eine Berufung eingebracht werden?
Berufungen nach der LAO können ausschließlich schriftlich, telegraphisch oder fernschriftlich eingebracht werden! Mündlich eingebrachte Berufungen sind nur unter den Voraussetzungen des § 62 Abs 2 LAO entgegenzunehmen. Im Wege elektronischer Datenfernübertragung, per E-Mail oder per Fax zugekommene Berufungen werden somit der grundsätzlichen Anforderung der Schriftlichkeit nicht gerecht und ist derjenige, der eine Berufung derart eingebracht hat, mit dem Hinweis, daß ansonsten die mangelhafte Eingabe als zurückgenommen gilt, innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zur Behebung des Mangels der „Nicht-Schriftlichkeit“ aufzufordern. Im Erkenntnis 92/13/0215 vom 20.1.1993 zu § 275 BAO [= § 205 LAO] spricht der VwGH aus, daß die Bemessung der Mängelbehebungsfrist den besonderen Verhältnissen sachgerecht Rechnung tragen und so ausreichend sein muß, daß der Berufungswerber in die Lage versetzt wird, dem Auftrag ordnungsgemäß nachzukommen.
Wie muß eine Berufung abgefaßt sein?
Eine Berufung muß den angefochtenen Bescheid bezeichnen, eine Berufungserklärung (dh in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird), einen Berufungsantrag und eine Begründung enthalten.
Ein Antrag, die Steuer zu erlassen, stellt keine Berufung dar (VwGH 89/16/0203 vom § 250 BAO/§ 195 LAO zu § 250 BAO [§ 195 LAO]).Zufolge § 275 BAO [=205 LAO] ist es zwar Pflicht der Behörde, eine den Erfordernissen des § 250 BAO [= 195 LAO] nicht entsprechende Berufung der Partei zur Behebung der Mängel zurückzustellen, aber doch nur dann, wenn es sich um eine Schrift handelt, die zumindest ansatzweise alle Elemente einer Berufung enthält (VwGH 1797/66 vom 23.10.1967).
Eine Behauptung, die sich lediglich darauf beschränkt, einen Bescheid als unrichtig zu bezeichnen, stellt keine Begründung im Sinne des § 250 Abs 1 lit d BAO [= § 195 lit d LAO] dar (VwGH 82/14/0032-0034, 82/14/0031, 83/14/0172 vom 8.11.1983; 93/15/0137 vom 10.3.1994).
Ein begründeter Berufungsantrag liegt vor, wenn die Eingabe erkennen läßt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt (VwGH 87/17/0197 vom 22.12.1988 zu § 61 Abs 1 NÖ GO).
Ein Berufungsantrag muß bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhaltes sein. Die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit einer Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, schließt neben der Erklärung, mit dem angefochtenen Bescheid nicht einverstanden zu sein, im Falle der teilweisen Anfechtung eines Bescheides die Erklärung mit ein, wie weit diese Anfechtung reicht. Dabei kommt es nicht auf Bezeichnungen und zufällige verbale Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Verfahrensschrittes an. Läßt der vom Mangel nicht betroffene Teil der Berufung eine Erledigung des Rechtsmittels gegen den eine Einheit bildenden Bescheidspruch zu, so kann das Unterbleiben der Behebung von Mängeln hinsichtlich eines Teiles des Berufungsvorbringens nur dazu führen, daß der Berufungswerber durch die Nichtberücksichtigung dieses Teiles seines Vorbringens anläßlich der Sachentscheidung über die Berufung nicht in einem subjektiven Recht verletzt wird, welches er noch vor dem VwGH verfolgen könnte (VwGH 93/15/0137 vom 10.3.1994 zu §§ 250 Abs 1 und 275 BAO [= §§ 195 und 205 LAO]).
Eine allenfalls unschlüssige oder unzutreffende Begründung eines Rechtsmittels kann dem Fehlen einer Begründung nicht gleichgesetzt werden. Der Umstand, daß in der Berufungsschrift erhobene Einwendungen nicht mit einem rechnerisch ausgeführten Änderungsantrag verbunden sind, nimmt den Ausführungen in der Berufungsschrift nicht die Qualifikation einer Begründung iSd § 250 Abs 1 lit d BAO [= § 195 LAO](VwGH 91/13/0223 vom 28.4.1993).
Der VfGH hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, daß bei der Auslegung des Merkmales eines „begründeten“ Berufungsantrages kein strenger Maßstab angelegt werden solle, weil es sich um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet (VfGH, Erk. Slg. Nr. 1416/1931, 4153/1962, 5448/1967). Enthält aber eine Eingabe nicht einmal eine Andeutung darüber, worin die Unrichtigkeit gelegen sein soll, so fehlt es an einen „begründeten“ Berufungsantrag (VfGH B 27/69 vom 7.6.1969).
Sind die Voraussetzungen des § 205 (Bgld) [= Stmk] LAO gegeben, dann liegt die Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages nicht im Ermessen der Behörde, sondern ist deren Pflicht (VwGH 85/17/0082 vom 18.12.1987; 87/14/0013 vom 7.9.1990 zu § 275 BAO [= § 205 LAO]).
Wenn einem Mängelbehebungsauftrag nicht voll entsprochen wird, gilt die Berufung als zurückgenommen (VwGH 86/14/0112 vom 14.6.1988 zu § 275 BAO [= § 205 LAO]).
Welche Wirkung hat die Einbringung einer Berufung?
Eine Berufung hat auf die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides keine Wirkung, insbesondere werden Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe dadurch nicht aufgehalten. Dies wäre aber dann doch der Fall, wenn der Berufungswerber einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung stellt und die Behörde positiv oder noch nicht entschieden hat. Berufungen können schriftlich oder zur Niederschrift erklärt bis zur Unterzeichnung der Berufungsentscheidung zurückgenommen werden.
Fortsetzung folgt.
Robert Koch