AVG und LAO in Frage und Antwort
(Teil 9 von 11)
Ideen und Lösungen, aufbereitet in einer neuen Serie für den Praktiker auf Gemeindeebene - eine Einleitung

LAO-Teil von Robert Koch

 

 

In der September-Ausgabe der Steirischen Gemeindenachrichten in Teil 8 wurden die allgemein für Bescheide geltenden Bestimmungen zusammengestellt.

Welche Bestimmungen gelten zusätzlich für Abgabenbescheide?

Abgaben sind - soweit sich aus materiellrechtlichen Bestimmungen etwa über die Selbstbemessung einer Abgabe durch Einreichung einer Abgabenerklärung - nicht anderes ergibt, von der Abgabenbehörde mit Abgabenbescheiden festzusetzen (§ 150 Abs 1 LAO).
Zusätzlich zu den in der letzten Folge aufgezeigten bei Bescheiden allgemein zu beachtenden Bestimmungen gilt für den Spruch eines Abgabenbescheides im besonderen, daß er noch folgende Angaben enthalten muß:

Nach § 159 LAO werden allgemein Abgaben mit Ablauf eines Monates nach Zustellung (Verkündung) des Abgabenbescheides fällig, wobei dies auch dann gilt, wenn Abgaben (ausgenommen Nebenansprüche) erst später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit (etwa einige Tage vor dem Fälligkeitstermin oder auch erst nach bereits eingetretener Fälligkeit!) festgesetzt werden. Für die genaue Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes sind die Bestimmungen der §§ 86 und 159 LAO heranzuziehen.

Auch der Zeitraum, für den die Abgabenfestsetzung gilt, soll im Bescheidspruch angeführt werden - zB „Lustbarkeitsabgabe für die Kalendermonate Jänner bis Juni 1996“. Andernfalls wäre - insbesondere bei mehrmals zu entrichtenden Abgaben - die Abgabe nicht unzweifelhaft bezeichnet.

Der Hebesatz der Abgabe(n) als Bindeglied zwischen Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe sowie die Rechtsgrundlage(n) der Abgabenfestsetzung müssen - sofern nicht materiellrechtliche Vorschriften anderes vorsehen - nicht im Bescheidspruch angeführt werden, wobei die Anführung des Hebesatzes an geeigneter Stelle im Bescheidspruch meist die Herleitung der festgesetzten Abgabe recht einfach zu erläutern vermag.

 

Wirken fehlerhaft adressierte Bescheide?

In einem Bescheid muß der Bescheidadressat eindeutig bezeichnet werden (VwGH 93/17/0047 vom 18.3.1994 zu § 70 Abs 2 NÖ AO [= § 70 Abs 2 LAO]), doch ist eine behördliche Erledigung auch dann als Bescheid zu qualifizieren, wenn der Bescheidadressat nur in der Begründung ausdrücklich genannt wird (VwGH 90/17/0036 vom 21.5.1992 zu § 70 Abs 2 LAO).

 

Können Bescheide an eine „Firma ...“ gerichtet werden?

Nein, keinesfalls! An dieser Stelle ist anzumerken, daß nach ständiger Rechtsprechung des VwGH „die Firma eines Kaufmannes keine Rechtsperson darstellt, an die rechtswirksam ein Abgabenbescheid gerichtet werden könnte“. Denn die „Firma“ ist nur der Handelsname des Kaufmannes (§ 17 Abs 1 HGB), für sich aber kein selbständiges Rechtssubjekt. Dementsprechend kann sie auch weder Rechte oder Pflichten begründen noch Abgabepflichtige sein, sodaß ein an die „Firma X“ gerichteter Bescheid zwangsläufig ins Leere führt. Dabei handelt es sich „nicht um ein formelles Versehen, sondern um die materiell falsche Bezeichnung des Abgabenschuldners“, sodaß Abgabenbescheide niemals an eine „Firma“ zu richten sind (VwGH 89/16/0041 vom 28.6.1989; 90/16/0015 vom 20.6.1990).

 

Wie muß ein Bescheid begründet werden?

Ein Bescheid muß ausreichend begründet werden (VwGH 93/16/0195 vom 6.10.1994) und eine schlüssige Begründung enthalten (VwGH 93/13/0180 vom 14.9.1994 zu § 93 BAO [= § 70 LAO]), jedenfalls so sein, daß sie der VwGH nachvollziehen kann (VwGH 94/14/0067 vom 25.10.1994). Ein Bescheid kann daher nicht mit dem Hinweis auf »bekanntes Aktenmaterial« begründet werden (VwGH 93/13/0065 vom 2.8.1995 zu § 93 BAO).

Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (VwGH 92/13/0018 vom 30.5.1995 zu § 93 BAO). Es kann nur der Spruch eines Abgabenbescheides, nicht aber seine Begründung mit einem Rechtsmittel angefochten werden (VwGH 92/13/0093 vom 20.6.1995).

 

Wann ist eine Erledigung als Bescheid zu werten?

Nachdem zB Berufungen gegen Erledigungen, die kein Bescheid sind, nicht zulässig sind und solche diesfalls als unzulässig zurückzuweisen wären, ist die Beantwortung dieser Frage von Bedeutung:
Wenn der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung (Wortlaut und sprachliche Gestaltung) keinen Zweifel darüber aufkommen läßt, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht wesentlich. An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, ist hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen (VwGH 90/17/0117 vom 26.3.1993).

Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern auch, daß sie normativ, also rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen usw können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch gewertet werden (VwGH 92/17/0288 vom 27.4.1995 zur Kärntner LAO).

 

Fortsetzung folgt.

Robert Koch