VwGH-Erkenntnis 2002/16/0230 vom 23.1.2003

Volltext

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch Dr. Oliver Koch, Rechtsanwalt in Wien I, Kramergasse 3/7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 16. August 2002, GZ. FA7A-483-345/01-1, betreffend Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: M in S), zu Recht erkannt:

Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung
Die mitbeteiligte Partei hatte mit den am 9. März 2000 bei der Beschwerdeführerin eingelangten Jahreserklärungen die Getränkeabgabe für die Kalenderjahre 1997 bis 1999 mit Null erklärt und die Rückzahlung der sich daraus ergebenden Guthaben begehrt.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 7. Oktober 2000 wurde daraufhin Getränkesteuer festgesetzt und der Rückzahlungsantrag abgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung blieb ohne Erfolg. Der Gemeinderat der Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, es sei mit der Eingabe vom 9. März 2000 kein Rechtsbehelf im Sinne des Urteiles des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-437/97 eingelegt worden.
Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 16. August 2000 Folge, hob den Berufungsbescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Beschwerdeführerin mit der Begründung zurück. Die Aktenlage lasse den Schluss zu, dass die Jahreserklärungen mit der Post befördert worden seien und daher die Antragstellung vor dem 9. März 2000 erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Aufrechterhaltung des Bescheides ihrer Berufungsinstanz und damit auf Einhebung der Getränkeabgabe verletzt erachtet.
Die Mitbeteiligte äußerte sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Äußerung, in der sie ausdrücklich einräumt, dass die mitbeteiligte Partei ihren Rechtsbehelf nicht vor dem 9. März 2000 eingelegt hat und sich daher das Beschwerdevorbringen "offensichtlich als zutreffend" erweist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2001, Zl. 2001/16/0600 und die dort zitierte Vorjudikatur) muss eine Antragstellung vor Null Uhr des 9. März 2000 erfolgt sein, um in den Anwendungsbereich der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-437/7/97 Slg. 2000, I-1157, eröffneten Möglichkeit zu gelangen, sich auf das genannte Urteil zu berufen.
Da - wie die Beschwerdeführerin zutreffend hervorhebt - schon aus den Verwaltungsakten eindeutig hervorgeht, dass die in Rede stehenden Getränkesteuererklärungen von der mitbeteiligten Partei am 9. März 2000 vor 10.00 Uhr im Gemeindeamt der Beschwerdeführerin abgegeben wurden (was die Mitbeteiligte in ihrer Berufung vom 7. November 2000 ausdrücklich vorbringt), haftet dem angefochtenen Bescheid (wie auch die belangte Behörde selbst ausdrücklich einräumt) die behauptete Aktenwidrigkeit an.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG aufzuheben, wobei mit Rücksicht auf die einfache Rechts- und Sachlage die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Jänner 2003