VwGH Erkenntnis 2001/16/0225 vom 28.6.2001

Anmerkungen R. Koch:

a. Farbliche und Fettdruck-Hervorhebungen im Originaltext nicht vorhanden!)

b. Kernaussagen:

     1. Bedingter Rückzahlungsantrag = unzulässig und daher kein Rechtsbehelf !!!! 

     2. Die Erklärung, für einen bestimmten Zeitraum würden Zahlungen unter Vorbehalt geleistet werden, hat keinesfalls Rechtsbehelfscharakter !!!!



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VwGH Erkenntnis 2001/16/0225 vom 28.6.2001 - Volltext:

Betreff
     Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden
Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr.
Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über
die Beschwerden 1. des C in K, 2. des H in K, 3. der K GmbH in L
in T und 4. des H in K, alle vertreten durch Mag. Wolfgang
Ilgenfritz, Wirtschaftsprüfer in 9500 Villach, Haydnstraße 5,
gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung vom 1.) 6. März
2001, Zl. Ib-1763/1, 2.) 6. März 2001, Zl. Ib-1767/1, 3.) 6. März
2001, Zl. Ib-1765/1 und 4.) 1. März 2001, Zl. Ib-1766/1,
betreffend Getränkesteuer für 1999 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde
K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
     Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
     Die Beschwerdeführer haben dem Bundesland Tirol Aufwendungen
in der Höhe von je S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger
Exekution zu ersetzen.
Begründung
     In seiner Eingabe vom 11. März 1999, welche die
Getränkesteuer für die Jahre 1997 und 1998 betraf, führte der
Erstbeschwerdeführer aus:
     "Wir möchten weiters festhalten, dass sämtliche Zahlungen für
das Jahr 1999 unter Vorbehalt geleistet werden."
     Seine im April 2000 erstattete Getränkesteuererklärung für
das Jahr 1999 lautete hinsichtlich alkoholischer Getränke (unter
Angabe der Bemessungsgrundlage) auf S 0,00, weshalb eine größere
bisher geleistete Zahlung dem Erklärungsbetrag gegenübergestellt
und die Rückzahlung der Differenz begehrt wurde.
     Mit dem Abgabenbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten
Gemeinde vom 11. August 2000 wurde die Steuer in Höhe des vom
Erstbeschwerdeführer geleisteten Betrages festgesetzt. In seiner
Berufung vom 21. August 2000 verwies der Erstbeschwerdeführer auf
seine oben zitierte Erklärung im Schreiben vom 11. März 1999. Nach
abweisender Berufungsvorentscheidung durch die Abgabenbehörde
erster Instanz wurde die Berufung vom Gemeinderat der
mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 26. Jänner 2001 als
unbegründet abgewiesen, weil die Abgabenerklärung mit der
Nullerklärung nach dem EuGH-Urteil erstattet worden war. Mit dem
angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen vom
Erstbeschwerdeführer erhobene Vorstellung als unbegründet ab.
Durch die Eingabe vom 11. März 1999 sei kein entsprechender
Rechtsbehelf im Sinne des Urteils des Gerichtshofes der
Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 erhoben worden.
     Auch in den drei anderen Beschwerdefällen wurde die eingangs
zitierte Erklärung in Schreiben vom 11. März 1999 abgegeben und
stammten die Steuerklärungen mit dem Antrag auf Nullfestsetzung
für alkoholische Getränke und Rückzahlung aus April 2000; auch in
diesen Fällen wertete die belangte Behörde bei ihren abweisenden
Vorstellungsentscheidungen diese Erklärungen nicht als Rechtsbehelf.
     Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen
sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Rückzahlung der für
alkoholische Getränke entrichteten Getränkesteuer für 1999
verletzt erachten.
     Die belangte Behörde legte in allen vier Fällen die
Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
     Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Beschwerden wegen ihres
engen sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und
Entscheidung verbunden und erwogen:
     Punkt 3 des Spruchtenors des Urteiles des Gerichtshofes der
Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-
437/97 lautet:
     Niemand kann sich auf Artikel 3 Absatz 2 der
Verbrauchsteuerrichtlinie berufen, um Ansprüche betreffend
Abgaben, wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass
des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C
437/97 entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu
machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben
oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt.
     Von der Rückwirkung erfasst sind zunächst jene Fälle, in
denen die Steuer vor dem 9. März 2000 fällig wurde und vor dem 9.
März 2000 ein Rechtsbehelf erhoben wurde. Den vorgelegten
Steuererklärungen jeweils aus April 2000 lässt sich nicht
entnehmen, ob die Steuer monatlich (§ 8 Abs. 1) oder
vierteljährlich (§ 8 Abs. 2 GetrStG) fällig wurde oder ob eine
halbjährige Fälligkeit (§ 8 Abs. 3 GetrStG) festgesetzt worden
war. Auch die Beschwerden enthalten diesbezüglich keinerlei
Vorbringen, sodass hinsichtlich aller Steuerleistungen für das
Jahr 1999 im Sinne des § 8 Abs. 1 GetrStG von einer Fälligkeit vor
dem 9. März 2000 auszugehen ist. Die Beschwerdeführer haben auch
nicht von der Möglichkeit des § 11 Abs. 2 GetrStG Gebrauch
gemacht, bis zum Eintritt der Fälligkeit eine Steuererklärung
einzureichen, aus der sich die Bemessungsgrundlage und die
Steuerbeträge ergeben; damit wäre jeweils die Gelegenheit gegeben
gewesen, Schritte zur Wahrung der Rechte der Beschwerdeführer zu
unternehmen.
     Soweit die Beschwerdeführer darauf verweisen, dass sie in
früheren Erklärungen bezüglich früherer Perioden einen Widerspruch
zum Gemeinschaftsrecht geltend gemacht haben, hält ihnen die
belangte Behörde zu Recht die Bestimmung des § 12 Tiroler Getränke-
 und Speiseeissteuergesetz 1993 entgegen, wonach der
Erklärungszeitraum das Kalenderjahr (Abs. 1) oder das
Wirtschaftsjahr (Abs. 2) ist.
     Von der Rückwirkung erfasst sind weiters jene Fälle, in denen
die Steuer vor dem 9. März 2000 entrichtet wurde und vor dem 9.
März 2000 ein Rechtsbehelf erhoben wurde. Nach den Steuerklärungen
wurde die Steuer jeweils vor der Erklärung, möglicherweise vor dem
9. März 2000 entrichtet. Insoferne kommt daher der Frage
entscheidende Bedeutung zu, ob der eingangs wiedergegebenen
Erklärung, die sich ja auf Zahlungen bezieht,
Rechtsbehelfscharakter zuzubilligen ist.
     Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Erkenntnis vom 7. Juni
2001, Zl. 2001/16/0016, eine vor dem 9. März 2000 abgegebene
Erklärung des dortigen Beschwerdeführers folgenden Inhaltes zu
beurteilen:
     "Rückzahlungsantrag
     Sollte die Getränkesteuer vom Europäischen Gerichtshof als EU-
widrig erklärt werden, beantrage ich die Rückzahlung der seit 1995
zu Unrecht eingehobenen Getränkesteuer."
     Der Verwaltungsgerichtshof billigte dabei die Auffassung der
belangten Behörde, dass das Begehren des Beschwerdeführers unter
einer Bedingung erklärt worden sei. Unter Hinweis darauf, dass
derartige bedingte Prozesshandlungen im Allgemeinen unzulässig
sind, wurde ausgesprochen, dass insbesondere ein Begehren, welches
nur dann als erhoben gelten solle, wenn ein anderes Gericht in
einem anderen Verfahren zu einer der Bedingung entsprechenden
Rechtsmeinung gelangen sollte, nicht zulässig sei. Die
Unzulässigkeit dieses Rückzahlungsantrages stand einer Beurteilung
als Rechtsbehelf im Sinne des Punktes 3. des Tenors des Urteils
des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000
in der Rechtssache C-437/97 entgegen. Auf die Darlegungen im
genannten Erkenntnis, auch zum Begriff "Rechtsbehelf", wird gemäss
§ 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
     Umso weniger kann in den vorliegenden Fällen, in denen bloß
festgehalten wurde, dass sämtliche Zahlungen für das Jahr 1999
"unter Vorbehalt" geleistet würden, von einem Rechtsbehelf als "
Schritt zur Wahrung der Rechte" im Sinne der ständigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gesprochen werden.
Überhaupt ist zweifelhaft, ob die bloße Ankündigung, Zahlungen in
Zukunft "unter Vorbehalt" zu leisten, als "Prozesserklärung"
angesehen werden kann; allenfalls kann sie als bedingte 
Prozesserklärung angesehen werden, die aber, wie der
Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis dargelegt hat,
unzulässig ist. Den hier abgegebenen Erklärungen kann daher
keinesfalls Rechtsbehelfscharakter unterstellt werden, sodass die
Beschwerdefälle nicht von der Rückwirkung des EuGH-Urteiles
erfasst sind.
     Damit erweisen sich die Beschwerden als unbegründet, sodass
sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.
     Im Hinblick auf das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2001/16/0016
konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG
gebildeten Senat getroffen werden.
     Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§
47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001
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RIS-Dokumentnummer: JWT/2001160225/20010628X00

Index
E000 EU- Recht allgemein;
E3L E09302000;
E6J;
L37017  Getränkeabgabe Speiseeissteuer Tirol;
001  Verwaltungsrecht allgemein;
Norm
31992L0012 Verbrauchsteuer-RL Art3 Abs2; 61997J0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB; EURallg; Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §11 Abs2; Getränke- und SpeiseeissteuerG Tir 1993 §8; VwRallg;
Beachte
Miterledigung
Nachstehende Beschwerde(n) wurde(n)  miterledigt
bzw  zur gemeinsamen Entscheidung verbunden:
2001/16/0226 E 28. Juni 2001
2001/16/0227 E 28. Juni 2001
2001/16/0228 E 28. Juni 2001
Gerichtsentscheidung
EuGH 61997J0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB