VwGH-Erkenntnis 2001/16/0154 vom 28.6.2001

 

Rechtssatz (GRS wie 2001/16/0225 E 28. Juni 2001 RS 3)

Der VwGH billigte im Erkenntnis vom 7. Juni 2001, 2001/16/0016,
die Auffassung der belBeh, dass das Begehren des Bf, lautend auf
"Rückzahlungsantrag
Sollte die Getränkesteuer vom Europäischen Gerichtshof als EU-
widrig erklärt werden, beantrage ich die Rückzahlung der seit 1995
zu Unrecht eingehobenen Getränkesteuer."
unter einer Bedingung erklärt worden sei. Unter Hinweis darauf,
dass derartige bedingte Prozesshandlungen im Allgemeinen
unzulässig sind, wurde ausgesprochen, dass insb ein Begehren,
welches nur dann als erhoben gelten solle, wenn ein anderes
Gericht in einem anderen Verfahren zu einer der Bedingung
entsprechenden Rechtsmeinung gelangen sollte, nicht zulässig sei.
Die Unzulässigkeit dieses Rückzahlungsantrages stand einer
Beurteilung als Rechtsbehelf iSd Punktes 3 des Tenors des Urteils
des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000
in der Rechtssache C-437/97 entgegen. Umso weniger kann in den
vorliegenden Fällen, in denen bloß festgehalten wurde, dass
sämtliche Zahlungen für das Jahr 1999 "unter Vorbehalt" geleistet
würden, von einem Rechtsbehelf als " Schritt zur Wahrung der
Rechte" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH gesprochen
werden. Überhaupt ist zweifelhaft, ob die bloße Ankündigung,
Zahlungen in Zukunft "unter Vorbehalt" zu leisten, als
"Prozesserklärung" angesehen werden kann; allenfalls kann sie als
bedingte Prozesserklärung angesehen werden, die aber, wie der VwGH
im zitierten Erkenntnis dargelegt hat, unzulässig ist. Den hier
abgegebenen Erklärungen kann daher keinesfalls
Rechtsbehelfscharakter unterstellt werden, sodass die
Beschwerdefälle nicht von der Rückwirkung des EuGH-Urteiles
erfasst sind.


Volltext:

Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden
Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr.
Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über
die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. Bernt Strickner,
Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 6, gegen den
Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. Jänner 2001, Zl. Ib-
1712/17a, betreffend Getränkesteuer für Jänner 1995 bis Jänner
2000 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S), zu Recht erkannt:

Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der
Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu
ersetzen.

Begründung
Mit einem Schriftsatz vom 6. April 2000, gerichtet an die
mitbeteiligte Gemeinde, legte der Beschwerdeführer
Getränkesteuererklärungen für die Jahre 1995 bis 1999 vor, in
denen jeweils die Getränkesteuer für alkoholische Getränke auf S
0,00 lauteten. In seinem Antrag begehrt er die Rückzahlung der zu
Unrecht eingehobenen Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für
den Zeitraum vom 1. Jänner 1995 bis 31. Jänner 2000. Der
Beschwerdeführer habe sich in diesem Zeitraum laufend geweigert,
die Getränkesteuer zu bezahlen und habe sich nur unter Androhung
von massiven Zwangsmitteln gezwungen gesehen, die Getränkesteuer
zu bezahlen. Er habe ständig Nullerklärungen abgegeben und
außerdem ständig auf den Überweisungen sowie Erklärungen darauf
verwiesen, dass er nur unter Vorbehalt der EU-Entscheidung die
Getränkesteuer überweise.
Diesen Antrag wies der Bürgermeister der mitbeteiligten
Gemeinde mit Bescheid vom 8. Mai 2000 ab. Der Antrag sei erst nach
dem 9. März 2000 gestellt worden.
Im Akt befindet sich zwischen diesem Bescheid und der dagegen
erstatteten Berufung eine Ablichtung von zwei Zahlungsbelegen, die
die Getränkesteuerleistungen des Beschwerdeführers betreffen.
Unter "Verwendungszweck" ist beim Beleg mit dem Buchungsdatum 10.
August 1999 angegeben: "Getränke und Speisesteuer unter Vorbehalt
EU-Entscheidung", beim Beleg mit dem Buchungsdatum 3. Februar
1999: "Vorbehalt EU-Entscheidung".
In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe
sich laufende geweigert, die Getränkesteuer zu bezahlen, ständig
Nullerklärungen abgegeben und immer darauf verwiesen, dass er nur
unter Vorbehalt der EuGH-Entscheidung die Getränkesteuer überweise.
Mit Bescheid vom 14. November 2000 wies der Gemeindevorstand
der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung mit dem Argument ab, dass
ein handschriftlicher Hinweis auf einem Einzahlungsbeleg keinen
Rechtsbehelf darstellen könne.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die
dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Vor dem 9. März
2000 seien keinerlei Anträge an die Behörde gerichtet worden; die
auf den Einzahlungsbelegen angeführten Vermerke: "Vorbehalt EU-
Entscheidung" seien nicht geeignet, den Mindesterfordernissen
eines Rechtsbehelfs zu entsprechen.
Mit der vorliegenden Beschwerde erachtet sich der
Beschwerdeführer in seinem Recht auf Rückzahlung der
Getränkesteuer für den Zeitraum vom 1. Jänner 1995 bis 31. Jänner
2000 verletzt und begehrt die Aufhebung des angefochtenen
Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Punkt 3 des Spruchtenors des Urteiles des Gerichtshofes der
Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-
437/97 lautet:
"Niemand kann sich auf Artikel 3 Absatz 2 der
Verbrauchsteuerrichtlinie berufen, um Ansprüche betreffend
Abgaben, wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass
des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C
437/97 entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu
machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben
oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt."
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist allein die Frage
streitentscheidend, ob der Beschwerdeführer vor dem 9. März 2000
einen "entsprechenden Rechtsbehelf" erhoben hat. Da ein
entsprechender Auftrag durch die Vorstellungsbehörde zu keinen
weiteren Vorlagen durch den Beschwerdeführer führte, ist davon
auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer diesbezüglich nur auf
die beiden oben wiedergegebenen Zahlungsbelege stützt, wovon sich
der vom 3. Februar 1999 stammende auf den Steuerzeitraum Jänner
1999 bezieht, der vom 10. August 1999 stammende enthält keinen
Steuerzeitraum.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom heutigen
Tage, Zl. 2001/16/0225 bis 0228 (unter Hinweis auf sein Erkenntnis
vom 7. Juni 2001, Zl. 2001/16/0016, mit welchem eine bedingte
Prozesserklärung nicht als Rechtsbehelf anerkannt wurde)
ausgeführt, dass bei Zahlungen "unter Vorbehalt" von einem
Rechtsbehelf "als Schritt zur Wahrung der Rechte" im Sinne der
ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht
gesprochen werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf
die Begründungen der zitierten Erkenntnisse verwiesen.
Damit erweist sich auch die vorliegende Beschwerde als
unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Im Hinblick auf das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2001/16/0016
konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG
gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§
47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001



RIS-Dokumentnummer: JWR/2001160154/20010628X01