VwGH Erkenntnis 2001/16/0553 vom 7.6.2001


Kernaussage: Wird ein zeitlich berechtigter Devolutionsantrag gestellt und (darin der Antrag nicht ausdrücklich wiederholt bzw.) ein anderer ((weiterer)) Antrag gestellt, so gilt der dem Devolutionsantrag zu Grunde liegende Antrag nicht mehr bzw. als abgeändert und darf die Abagbenbehörde zweiter Instanz über den dem Devolutionsantrag zu Grunde liegenden Antrag nicht entscheiden.

Anmerkung R. Koch:
Ein für viele absolut nicht nachvollziehbares Erkenntnis. In der Begründung fast aktenwidrig.





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VwGH Erkenntnis 2001/16/0053 vom 7.6.2001 - Volltext:

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der O GmbH als Rechtsnachfolgerin der K GmbH in Liquidation in Wien, vertreten durch Prunbauer, Peyrer-Heimstätt & Romig, Rechtsanwälte in Wien I, Mahlerstraße 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 11 . Dezember 2000, GZ. 7-483-147/00-1, betreffend Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde F), zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen,

F n t s c h e i d u n g s g r ü n de:

Am 28. Dezember 1998 langte beim Stadtamt F unter Hinweis auf das damals vom Verwaltungsgerichtshof beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Sachen Getränkesteuer eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren ein Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer für bestimmte, im Antrag näher bezeichnete Zeiträume ein. In eventu (nämlich für den Fall einer Kollision der Getränkesteuer nur mit der Verbrauchssteuerrichtlinie) wurde das Begehren auf Rückzahlung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke beschränkt und um die Oberweisung des Guthabens auf ein bekannt gegebenes Konto ersucht.

Dieser Antrag wurde von der erstinstanzlichen Abgabenbehörde der mitbeteiligten Gemeinde nicht bearbeitet, worauf die Beschwerdeführerin am 3. August 1999 einen Devolutionsantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz stellte, darin aber ausdrücklich nur begehrte, die Getränkesteuer mit Null festzusetzen, in eventu Getränkesteuer nur für alkoholfreie Getränke einschließlich Aufgussgetränke und Speiseeis festzusetzen. Ein Rückzahlungsantrag wurde nicht mehr gestellt!

Mit Bescheid vom 4. Oktober 2000 setzte der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde Zweiter Instanz Getränkesteuer nur für alkoholfreie Getränke und Speiseeis fest; die Getränkesteuer für alkoholische Getränke wurde mit S 0,-- festgesetzt. Der Bescheid stellte dazu im Spruch fest, dass sich betreffend alkoholische Getränke ein Gesamtguthaben in Höhe von S 55.163,-- ergebe, wies aber den Rückzahlungsantrag mangels eines im Zeitpunkt der Antragstellung bestandenen Guthabens ab und kündigte in der Begründung an, dass über das im Spruch ausgewiesene Guthaben in einem gesonderten Verfahren "nach Klärung der Überwälzungsfrage" abgesprochen werde.

Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 5. Oktober 2000 zugestellt.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde mit der Begründung, der Rückzahlungsantrag sei zu Unrecht abgewiesen worden.

Die belangte Behörde gab der Vorstellung keine Folge, wobei sie ihren Bescheid - auszugsweise - begründete:

"Im vorliegenden Fall hat die Abgabepflichtige entgegen dem Vorstellungsvorbringen aber von dieser Berichtigungsmöglichkeit der Selbstbemessung keinen Gebrauch gemacht. Sie hat zwar mit Eingabe vorn 28. Dezember 1998 'die Rückzahlung überhöht abgeführter Getränkeabgabe beantragt', jedoch die ursprünglich eingereichten Selbstbemessungen nicht 'auf Null' korrigiert.

Die Einschreiterin hat im Vorstellungsfall daher von der verfahrensrechtlich zulässigen Möglichkeit (Hinweis E VfGH 25.11.1983, G 32/83 und E 30.11.1982, G 62, 80/81, G 850/82) um zu einem im Instanzenzug bekämpfbaren Bescheid zu kommen durch Stellung eines Antrages auf Rückerstattung Gebrauch gemacht, sie hat es jedoch unterlassen, den ihrer Ansicht nach bestehenden ursprünglichen Mangel durch Einreichung einer neuerlichen Selbstbemessung der Abgabe (ohne alkoholische Getränke) zu beheben. Auf Grund dieses Umstandes blieb die Abgabe im ursprünglichen (vollen) Ausmaß festgesetzt. Es war daher dem Antrag auf Rückerstattung der von der Einschreiterin im Wege der Selbstbemessung entrichteten Abgabe gemäß § 186 LAO der Erfolg zu versagen, da im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto der einschreitenden Gesellschaft kein Guthaben aufwies (Hinweis E VwGH 21.10.1991, 91/15/0077)."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Rückzahlung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 153 Stmk LAO lautet auszugsweise:

"(1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen zulassen, gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung festgesetzt.
(2) Die Abgabenbehörde hat die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabenpflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt, oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist. Von der bescheidmäßigen Festsetzung ist abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Mängel behebt. ..."
§ 232 Abs. 2 leg. cit. lautet:
"(2) Werden Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz mit Ausnahme solcher Bescheide, die auf Grund von Abgabenerklärungen zu erlassen sind (§§ 150 bis 155), der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen zugestellt, so geht auf schriftliches Verlangen der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen; er ist abzuweisen, wenn die Verspätung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuführen ist."

Der vorliegende Fall zeichnet sich dadurch aus, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Devolutionsantrag ihren ursprünglichen Rückzahlungsantrag (der nach der hg. Judikatur als ein Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe anzusehen ist; vgl. dazu zB, die hg. Erkenntnisse vorn 26. Jänner 1996, Zl. 94/17/0329, und vom 22. Februar 1991, Zl. 87/17/0064) nicht mehr aufrecht erhalten sondern lediglich den Antrag gestellt hat, die Getränkesteuer für die vorn Antrag umfassten Zeiten mit S 0,-- festzusetzen bzw. eine Festsetzung der Steuer nur für die Lieferung alkoholfreier Getränke einschließlich Aufgussgetränke und Speiseeis vorzunehmen.

Demgegenüber hat der Gerneinderat der mitbeteiligten Partei über den gestellten Antrag hinausgehend einen gar nicht mehr existenten Rückzahlungsantrag spruchgemäß abgewiesen und damit eine Sachkompetenz in Anspruch genommen, die ihm nicht zustand. Die belangte Behörde wiederum hat diese Abweisung mit der oben wiedergegebenen Begründung als rechtmäßig erachtet.

Ganz abgesehen davon, dass diese Begründung des angefochtenen Bescheides rechtlich verfehlt ist, weil keine Rechtsgrundlage dafür besteht, von einer Partei, die der Behörde ohnehin die Unrichtigkeit der Selbstbemessung bekannt gibt (und damit eine bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe in die Wege leitet), zusätzlich noch eine Mängelbehebung iS des § 153 Abs. 2 letzter Satz Stmk LAO zu fordern, hat die belangte Behörde schon dadurch ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, dass sie übersehen hat, dass ein Rückzahlungsantrag gar nicht mehr gestellt war und der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei über einen solchen Antrag nicht mehr zu entscheiden hatte,

Der Beschwerde ist in diesem Zusammenhang jedenfalls das rechtliche Interesse an der Beseitigung der allfälligen res-iudicata-Wirkung der vom Gemeinderat der mitbeteiligten Partei vorgenommenen Abweisung zuzubilligen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei die Entscheidung wegen der einfachen Rechts- und Sachlage in einem gemäß § 12 Abs, 1 Z, 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.