zur VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTSHOFES

 

 

VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTSHOFES
In der vorliegenden Ausgabe sind
die Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 19. Juni
1991 (ABl. L 176 vom 4.7.1991, S. 7, und L 383 vom 29.12.1992 – Berichtigungen) und
die Änderungen zusammengestellt, die sich aus den folgenden Rechtsakten ergeben:
1. Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 21. Februar 1995 (ABl. L 44 vom 28.2.1995, S. 61).
2. Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 11. März 1997 (ABl. L 103 vom 19.4.1997, S. 1, und L 351
vom 23.12.1997, S. 72 – Berichtigungen).
3. Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 16. Mai 2000 (ABl. L 122 vom 24.5.2000, S. 43, und ABl.
L 43 vom 14.2.2001, S. 40 – Berichtigung).
4. Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 28. November 2000 (ABl. L 322 vom 19.12.2000, S. 1).
5. Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 3. April 2001 (ABl. L 119 vom 27.4.2001, S. 1).
6. Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 17. September 2002 (ABl. L 272 vom 10.10.2002, S. 24, und
ABl. L 281 vom 19.10.2002, S. 24 – Berichtigungen).
7. Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 8. April 2003 (ABl. L 147 vom 14.6.2003, S. 17).
8. Geänderter Beschluss vom 10. Juni 2003 über die gesetzlichen Feiertage als Anlage
zur Verfahrensordnung (ABl. L 172 vom 10.7.2003, S. 12).
9. Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 19. April 2004 (ABl. L 132 vom 29.4.2004, S. 2).
10. Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 20. April 2004 (ABl. L 127 vom 29.4.2004. S. 107).
Diese Ausgabe ist nicht rechtsverbindlich. Bezugsvermerke und Begründungserwägungen
sind deshalb nicht mit abgedruckt.

Verfahrensordnung
des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften
vom 19. Juni 19911

INHALT
Eingangsbestimmung (Art.1) .............................................................................................................000

Erster Titel – Aufbau des Gerichtshofes
Erstes Kapitel – Die Richter und Generalanwälte (Art. 2 bis 6)................................000
Zweites Kapitel – Der Präsident des Gerichtshofes und die Bildung der Kammern
(Art. 7 bis 11) ..................................................................................000
Kapitel 2a – Die Spruchkörper (Art. 11a bis 11e) ...............................................000
Drittes Kapitel – Die Kanzlei .....................................................................................000
Erster Abschnitt – Kanzler und Hilfskanzler (Art. 12 bis 19).......................................000
Zweiter Abschnitt – Sonstige Dienststellen (Art. 20 bis 23) ...........................................000
Viertes Kapitel – Die Hilfsberichterstatter (Art. 24) ...................................................000
Fünftes Kapitel – Geschäftsgang des Gerichtshofes (Art. 25 bis 28) ..........................000
Sechstes Kapitel – Sprachenregelung (Art. 29 bis 31) ..................................................000
Siebentes Kapitel – Rechte und Pflichten der Bevollmächtigten,
Beistände und Anwälte (Art. 32 bis 36)..........................................000

Zweiter Titel – Allgemeine Verfahrensvorschriften
Erstes Kapitel – Schriftliches Verfahren (Art. 37 bis 43)..........................................000
Kapitel 1a – Vorbericht und Verweisung an die Spruchkörper
(Art. 44 bis 44a) ..............................................................................000
1 ABl. L 176 vom 4.7.1991, S. 7, und L 383 vom 29.12.1992, S. 117 (Berichtigungen), mit den Änderungen
vom 21. Februar 1995, veröffentlicht im ABl. L 44 vom 28.2.1995, S 61, vom 11. März 1997,
veröffentlicht im ABl. L 103 vom 19.4.1997, S 1, und L 351vom 23.12.1997 (Berichtigungen), vom 16.
Mai 2000, veröffentlicht im ABl. L 122 vom 24.5.2000, S. 43, und ABl. L 43 vom 14.2.2001, S. 40
(Berichtigung), vom 28. November 2000, veröffentlicht im ABl. L 322 vom 19.12.2000, S. 1, vom 3. April
2001, veröffentlicht im ABl. L 119 vom 27.4.2001, S. 1, und vom 17. September 2002, veröffentlicht im
ABl. L 272 vom 10.10.2002, und ABl. L 281 vom 19.10.2002, S. 24 und vom 8 April 2003
(Berichtigungen), veröffentlicht im ABl L 147 vom 14.6.2003, S. 17, und für die Anlage zur
Verfahrensordnung, der Beschluss des Gerichtshofes vom 10. Juni 2003, veröffentlicht im ABl L 172 vom
10.7.2003, S. 12.
Zweites Kapitel – Beweisaufnahme und vorbereitende Maßnahmen. .........................000
Erster Abschnitt – Allgemeine Bestimmungen (Art. 45 und 46)..................................000
Zweiter Abschnitt – Ladung und Vernehmung von Zeugen und
Sachverständigen (Art. 47 bis 53)...................................................000
Dritter Abschnitt – Abschluss der Beweisaufnahme (Art. 54).......................................000
Vierter Abschnitt – Vorbereitende Maßnahmen (Art. 54a) ............................................000
Drittes Kapitel – Mündliche Verhandlung (Art. 55 bis 62)........................................000
Kapitel 3a – Beschleunigte Verfahren (Art. 62a) ................................................000
Viertes Kapitel – Urteile (Art. 63 bis 68)....................................................................000
Fünftes Kapitel – Prozesskosten (Art. 69 bis 75) ........................................................000
Sechstes Kapitel – Prozesskostenhilfe (Art. 76)............................................................000
Siebentes Kapitel – Außergerichtliche Erledigung und Klagerücknahme
(Art. 77 und 78)...............................................................................000
Achtes Kapitel – Zustellungen (Art. 79).....................................................................000
Neuntes Kapitel – Fristen (Art. 80 bis 82)....................................................................000
Zehntes Kapitel – Aussetzung des Verfahrens (Art. 82a) ............................................000

Dritter Titel – Besondere Verfahrensarten
Erstes Kapitel – Aussetzung des Vollzugs oder der Zwangsvollstreckung
und sonstige einstweilige Anordnungen (Art. 83 bis 90)................000
Zweites Kapitel – Prozesshindernde Einreden und Zwischenstreit
(Art. 91 und 92)...............................................................................000
Drittes Kapitel – Streithilfe (Art. 93)..........................................................................000
Viertes Kapitel – Versäumnisurteil und Widerspruch (Art. 94)..................................000
Fünftes Kapitel – (Art. 95 und 96 aufgehoben) ...........................................................000
Sechstes Kapitel – Außerordentliche Rechtsbehelfe .....................................................000
Erster Abschnitt – Drittwiderspruch (Art. 97) ..............................................................000
Zweiter Abschnitt – Wiederaufnahme des Verfahrens (Art. 98 bis 100).........................000
Siebentes Kapitel – Klagen gegen Entscheidungen des Schiedsausschusses
(Art. 101) ........................................................................................000
Achtes Kapitel – Auslegung von Urteilen (Art. 102) .................................................000
Neuntes Kapitel – Vorlagen zur Vorabentscheidung und andere
Auslegungsanträge (Art. 103 bis 104a)...........................................000
Zehntes Kapitel – Verfahren gemäß den Artikeln 103 bis 105 EAG-Vertrag
(Art. 105 und 106) ..........................................................................000
Elftes Kapitel – Gutachten (Art. 107 und 108) (Art. 109 aufgehoben).....................000
Zwölftes Kapitel – Auslegungsersuchen gemäß Artikel 68 EG-Vertrag
(Art. 109a) ......................................................................................000
Dreizehntes Kapitel – Entscheidung über Streitigkeiten nach
Artikel 35 EU-Vertrag (Art. 109b)..................................................000

Vierter Titel – Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts erster Instanz
(Art. 110 bis 123)

Fünfter Titel – Verfahren gemäß dem EWR-Abkommen (Art. 123a und 123b)
Schlussbestimmungen (Art. 124 bis 127)............................................................................................000
Anlage – Beschluss über die gesetzlichen Feiertage .............................................................000

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EINGANGSBESTIMMUNG
Artikel 1
In dieser Verfahrensordnung werden bezeichnet:
– der Vertrag über die Europäische Union als ....................................................„EU-Vertrag“
– der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
als...................................................................................................................„EG-Vertrag“
- der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
als ...............................................................................................................„EAG-Vertrag“
- das Protokoll über die Satzung des Gerichtshofes als ........................................... „Satzung“
- das Abkommen über den EWR als .......................................................„EWR-Abkommen“
In dieser Verfahrensordnung:
- umfasst der Ausdruck „Organ“ die Organe der Gemeinschaften und die Einrichtungen, die
durch die Verträge oder eine zu deren Durchführung erlassene Handlung geschaffen
worden sind und in Verfahren vor dem Gerichtshof Partei sein können;
- wird mit dem Ausdruck „EFTA-Überwachungsbehörde“ die im EWR-Abkommen genannte
Überwachungsbehörde bezeichnet.

ERSTER TITEL
AUFBAU DES GERICHTSHOFES
E r s t e s K a p i t e l
DIE RICHTER UND GENERALANWÄLTE
Artikel 2
Die Amtszeit eines Richters beginnt mit dem in der Ernennungsurkunde bestimmten Tag. In
Ermangelung einer solchen Bestimmung beginnt die Amtszeit mit dem Ausstellungstag der
Urkunde.
Artikel 3
§ 1
Die Richter leisten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit in der ersten öffentlichen Sitzung des
Gerichtshofes, an der sie nach ihrer Ernennung teilnehmen, folgenden Eid:
„Ich schwöre, dass ich mein Amt unparteiisch und gewissenhaft ausüben und das
Beratungsgeheimnis wahren werde.“
§ 2
Unmittelbar nach der Eidesleistung unterzeichnen die Richter eine Erklärung, in der sie die
feierliche Verpflichtung übernehmen, während ihrer Amtszeit und nach deren Beendigung die
sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der
Übernahme gewisser Tätigkeiten und der Annahme von Vorteilen nach Beendigung ihrer
Amtszeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein.
Artikel 4
Hat der Gerichtshof darüber zu entscheiden, ob ein Richter nicht mehr die für sein Amt
erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus diesem Amt ergebenden
Verpflichtungen nicht mehr nachkommt, so fordert der Präsident den Betroffenen auf, sich hierzu
vor dem Gerichtshof zu äußern; dieser tagt hierbei in nichtöffentlicher Sitzung, an der der
Kanzler nicht teilnimmt.
Artikel 5
Die Artikel 2, 3 und 4 finden auf die Generalanwälte entsprechende Anwendung.
Artikel 6
Die Rangordnung der Richter und Generalanwälte bestimmt sich ohne Unterschied nach ihrem
Dienstalter.
Bei gleichem Dienstalter bestimmt sich die Rangordnung nach dem Lebensalter.
Ausscheidende Richter und Generalanwälte, die wiederernannt werden, behalten ihren bisherigen
Rang.
Z w e i t e s K a p i t e l
DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFES
UND DIE BILDUNG DER KAMMERN
Artikel 7
§ 1
Sogleich nach der Neubesetzung von Richterstellen gemäß den Artikeln 223 EG-Vertrag und 139
EAG-Vertrag wählen die Richter aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichtshofes auf drei
Jahre.
§ 2
Endet die Amtszeit des Präsidenten des Gerichtshofes vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so wird
das Amt für die verbleibende Zeit neu besetzt.
§ 3
Die in diesem Artikel vorgesehenen Wahlen sind geheim. Gewählt ist der Richter, der die
absolute Mehrheit der Stimmen erhält. Erreicht keiner der Richter die absolute Mehrheit, so
findet ein zweiter Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
Bei Stimmengleichheit gilt der an Lebensjahren Älteste als gewählt.
Artikel 8
Der Präsident leitet die rechtsprechende Tätigkeit und die Verwaltung des Gerichtshofes; er führt
den Vorsitz in den Sitzungen und bei den Beratungen.
Artikel 9
§ 1
Der Gerichtshof bildet gemäß Artikel 16 der Satzung Kammern mit fünf und mit drei Richtern
und teilt ihnen die Richter zu.
Die Zuteilung der Richter zu den Kammern wird im Amtsblatt der Europäischen Union
veröffentlicht.
§ 2
Sogleich nach Eingang der Klageschrift weist der Präsident des Gerichtshofes die Rechtssache zu
etwaigen Beweiserhebungen einer Kammer mit drei Richtern zu und bestimmt aus ihrer Mitte
den Berichterstatter.
§ 3
Für die Rechtssachen, die gemäß Artikel 44 § 3 an einen Spruchkörper verwiesen worden sind,
bezeichnet der Ausdruck „Gerichtshof“ in dieser Verfahrensordnung diesen Spruchkörper.
§ 4
In den Rechtssachen, die an eine Kammer mit fünf oder mit drei Richtern verwiesen worden sind,
übt der Kammerpräsident die Befugnisse des Präsidenten des Gerichtshofes aus.
Artikel 10
§ 1
Die Richter wählen sogleich nach der Wahl des Präsidenten des Gerichtshofes die Präsidenten der
Kammern mit fünf Richtern jeweils für drei Jahre.
Die Richter wählen jeweils für ein Jahr die Präsidenten der Kammern mit drei Richtern.
Der Gerichtshof bestimmt jeweils für ein Jahr einen Ersten Generalanwalt.
Artikel 7 §§ 2 und 3 findet entsprechende Anwendung.
Das Ergebnis der Wahlen und der Bestimmung nach diesem Paragraphen wird im Amtsblatt der
Europäischen Union veröffentlicht.
§ 2
Der Erste Generalanwalt entscheidet sogleich nach der Bestimmung des Berichterstatters durch
den Präsidenten über die Zuweisung der Rechtssachen an die Generalanwälte. Er trifft bei
Abwesenheit oder Verhinderung eines Generalanwalts die erforderlichen Maßnahmen.
Artikel 11
Ist der Präsident des Gerichtshofes abwesend oder verhindert oder sein Amt unbesetzt, so werden
seine Aufgaben gemäß der in Artikel 6 festgesetzten Rangordnung von einem der Präsidenten der
Kammern mit fünf Richtern wahrgenommen.
Sind der Präsident des Gerichtshofes und die Präsidenten der Kammern mit fünf Richtern
gleichzeitig verhindert oder ihre Ämter gleichzeitig unbesetzt, so werden die Aufgaben des
Präsidenten gemäß der in Artikel 6 festgesetzten Rangordnung von einem der Präsidenten der
Kammern mit drei Richtern wahrgenommen.
Sind der Präsident des Gerichtshofes und sämtliche Kammerpräsidenten gleichzeitig verhindert
oder ihre Ämter gleichzeitig unbesetzt, so werden die Aufgaben des Präsidenten gemäß der in
Artikel 6 festgesetzten Rangordnung von einem der übrigen Richter wahrgenommen.
K a p i t e l 2 a
DIE SPRUCHKÖRPER
Artikel 11a
Der Gerichtshof tagt in folgenden Spruchkörpern:
– als Plenum mit sämtlichen Richtern;
– als Große Kammer mit dreizehn Richtern gemäß Artikel 11b;
– in Kammern mit fünf oder mit drei Richtern gemäß Artikel 11c.
Artikel 11b
§ 1
Die Große Kammer ist für jede Rechtssache mit dem Präsidenten des Gerichtshofes, den Präsidenten
der Kammern mit fünf Richtern, dem Berichterstatter und der für die Erreichung der Zahl dreizehn
erforderlichen Zahl von Richtern besetzt. Letztere werden anhand der in § 2 genannten Liste in der
dort festgelegten Reihenfolge bestimmt, wobei der Ausgangspunkt in jeder Generalversammlung des
Gerichtshofes um einen Namen verschoben wird.
§ 2
Nach der Wahl des Präsidenten des Gerichtshofes und der Präsidenten der Kammern mit fünf
Richtern wird im Hinblick auf die Besetzung der Großen Kammer eine Liste der übrigen Richter
erstellt. Diese Liste folgt abwechselnd der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung und deren
Umkehrung: Der erste Richter in dieser Liste ist der erste nach der in Artikel 6 festgelegten
Rangordnung, der zweite Richter in der Liste ist der letzte nach dieser Rangordnung, der dritte
Richter ist der zweite nach dieser Rangordnung, der vierte Richter ist der vorletzte nach dieser
Rangordnung und so fort.
Das Verzeichnis wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Artikel 11c
§ 1
Die Kammern mit fünf und mit drei Richtern sind für jede Rechtssache mit dem
Kammerpräsidenten, dem Berichterstatter und der für die Erreichung der Zahl von fünf oder drei
Richtern erforderlichen Zahl von Richtern besetzt. Letztere werden anhand der in § 2 genannten
Liste in der dort festgelegten Reihenfolge bestimmt, wobei der Ausgangspunkt in jeder
Generalversammlung des Gerichtshofes um einen Namen verschoben wird.
.
§ 2
Für die Besetzung der Kammern mit fünf Richtern werden nach der Wahl der Präsidenten dieser
Kammern Listen erstellt, in denen sämtliche Richter, die der jeweiligen Kammer zugeteilt sind,
mit Ausnahme des Kammerpräsidenten aufgeführt sind. Die Listen werden in derselben Weise
erstellt wie die in Artikel 11b § 2 genannte Liste.
Für die Besetzung der Kammern mit drei Richtern werden nach der Wahl der Präsidenten dieser
Kammern Listen erstellt, in denen sämtliche Richter, die der jeweiligen Kammer zugeteilt sind,
mit Ausnahme des Kammerpräsidenten aufgeführt sind. Die Listen werden gemäß der in Artikel
6 festgelegten Rangordnung erstellt.
Die in diesem Paragraphen genannten Listen werden im Amtsblatt der Europäischen Union
veröffentlicht.
Artikel 11d
Ist der Gerichtshof der Auffassung, dass mehrere Rechtssachen zusammen von demselben
Spruchkörper zu entscheiden sind, so entspricht dessen Besetzung derjenigen, die für die
Rechtssache festgelegt wurde, deren Vorbericht zuerst geprüft wurde.
Artikel 11e
Ist ein Mitglied des Spruchkörpers verhindert, so wird es von einem Richter in der Reihenfolge
vertreten, die in den Listen nach Artikel 11b § 2 oder 11c § 2 festgesetzt ist.
Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert, so werden die Aufgaben des Präsidenten der
Großen Kammer gemäß Artikel 11 wahrgenommen.
Ist der Präsident einer Kammer mit fünf Richtern verhindert, so werden die Aufgaben des
Kammerpräsidenten von einem Präsidenten einer Kammer mit drei Richtern wahrgenommen,
gegebenenfalls gemäß der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung, oder, wenn kein Präsident einer
Kammer mit drei Richtern dem Spruchkörper angehört, von einem der übrigen Richter gemäß der
in Artikel 6 festgelegten Rangordnung.
Ist der Präsident einer Kammer mit drei Richtern verhindert, so werden die Aufgaben des
Kammerpräsidenten von einem Richter des Spruchkörpers gemäß der in Artikel 6 festgelegten
Rangordnung wahrgenommen.
D r i t t e s K a p i t e l
DIE KANZLEI
Erster Abschnitt - Kanzler und Hilfskanzler
Artikel 12
§ 1
Der Gerichtshof ernennt seinen Kanzler.
Der Präsident bringt den Mitgliedern des Gerichtshofes zwei Wochen vor dem für die Ernennung
vorgesehenen Zeitpunkt die eingegangenen Bewerbungen zur Kenntnis.
§ 2
Die Bewerbungen müssen genaue Angaben über Alter, Staatsangehörigkeit, akademische Grade,
Sprachkenntnisse, gegenwärtige und frühere Tätigkeit sowie über die etwaigen gerichtlichen und
internationalen Erfahrungen der Bewerber enthalten.
.
§ 3
Auf die Ernennung des Kanzlers findet Artikel 7 § 3 entsprechende Anwendung.
§ 4
Der Kanzler wird für die Dauer von sechs Jahren ernannt. Wiederernennung ist zulässig.
§ 5
Auf die Vereidigung des Kanzlers findet Artikel 3 entsprechende Anwendung.
§ 6
Der Kanzler kann seines Amtes nur enthoben werden, wenn er nicht mehr die erforderlichen
Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr
nachkommt; der Gerichtshof entscheidet, nachdem er dem Kanzler Gelegenheit zur Äußerung
gegeben hat.
§ 7
Endet die Amtszeit des Kanzlers vor ihrem regelmäßigen Ablauf, so ernennt der Gerichtshof
einen neuen Kanzler für die Dauer von sechs Jahren.
Artikel 13
Der Gerichtshof kann einen oder mehrere Hilfskanzler ernennen, die den Kanzler unterstützen
und ihn nach Maßgabe der in Artikel 15 bezeichneten Dienstanweisung vertreten; die für die
Ernennung des Kanzlers geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
Artikel 14
Sind der Kanzler und die Hilfskanzler abwesend oder verhindert oder ihre Stellen unbesetzt, so
beauftragt der Präsident Beamte oder sonstige Bedienstete mit der Wahrnehmung der Geschäfte
des Kanzlers.
Artikel 15
Der Gerichtshof erlässt auf Vorschlag des Präsidenten die Dienstanweisung für den Kanzler.
Artikel 16
§ 1
Die Kanzlei führt unter Aufsicht des Kanzlers ein Register, das der Präsident mit seinem
Namenszug versieht; in das Register sind alle schriftlichen Vorgänge der einzelnen Rechtssachen
einschließlich der Anlagen zu den Schriftsätzen fortlaufend einzutragen, und zwar in der
Reihenfolge, in der sie anfallen.
§ 2
Der Kanzler vermerkt die Eintragung im Register auf der Urschrift und, wenn die Parteien dies
beantragen, auf den vorgelegten Abschriften.
§ 3
Die Eintragung im Register und die in § 2 vorgesehenen Vermerke stellen öffentliche Urkunden
dar.
§ 4
Die Vorschriften über die Registerführung werden in der in Artikel 15 bezeichneten
Dienstanweisung festgelegt.
§ 5
Jeder, der hieran ein Interesse hat, kann das Register bei der Kanzlei einsehen und nach Maßgabe
einer vom Gerichtshof auf Vorschlag des Kanzlers zu erlassenden Gebührenordnung Abschriften
oder Auszüge erhalten.
Jede Partei kann außerdem nach Maßgabe der Gebührenordnung Abschriften von Schriftsätzen
sowie Ausfertigungen von Urteilen und sonstigen gerichtlichen Entscheidungen erhalten.
§ 6
Über jede Klage wird eine Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, die
den Tag der Eintragung der Klageschrift in das Register, Namen und Wohnsitz der Parteien, den
Streitgegenstand und den Klageantrag sowie die Angabe der geltend gemachten Klagegründe und
die wesentlichen Argumente enthält.
§ 7
Ist der Rat oder die Kommission nicht Partei einer Rechtssache, so übermittelt ihnen der
Gerichtshof eine Abschrift der Klageschrift und der Klagebeantwortung mit Ausnahme der diesen
Schriftsätzen beigefügten Anlagen, damit das betreffende Organ feststellen kann, ob die
Unanwendbarkeit eines seiner Rechtsakte im Sinne der Artikel 241 EG-Vertrag oder 156 EAGVertrag
geltend gemacht wird. Eine Abschrift der Klageschrift und der Klagebeantwortung wird
in der gleichen Weise dem Europäischen Parlament übermittelt, damit es feststellen kann, ob die
Unanwendbarkeit eines von ihm und vom Rat gemeinsam erlassenen Rechtsakts im Sinne des
Artikels 241 EG-Vertrag geltend gemacht wird.
Artikel 17
§ 1
Der Kanzler hat im Auftrag des Präsidenten alle eingehenden Schriftstücke entgegenzunehmen
und sie zu übermitteln oder aufzubewahren sowie für die Zustellungen zu sorgen, die diese
Verfahrensordnung vorsieht.
§ 2
Der Kanzler steht dem Gerichtshof, dem Präsidenten und den Kammerpräsidenten sowie den
übrigen Richtern bei allen Amtshandlungen zur Seite.
Artikel 18
Der Kanzler verwahrt die Siegel. Er ist für das Archiv verantwortlich und sorgt für die
Veröffentlichungen des Gerichtshofes.
Artikel 19
Vorbehaltlich der Artikel 4 und 27 ist der Kanzler bei allen Sitzungen des Gerichtshofes und der
Kammern zugegen.
Zweiter Abschnitt - Sonstige Dienststellen
Artikel 20
§ 1
Die Beamten und sonstigen Bediensteten des Gerichtshofes werden nach den Vorschriften über
die Rechtsstellung des Personals ernannt.
§ 2
Die Beamten leisten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit vor dem Präsidenten in Gegenwart des
Kanzlers folgenden Eid:
„Ich schwöre, dass ich das mir vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anvertraute
Amt pflichtgetreu, verschwiegen und gewissenhaft ausüben werde.“
Artikel 21
Der Gerichtshof legt auf Vorschlag des Kanzlers den Aufbau seiner Dienststellen fest und ändert
ihn gegebenenfalls ab.
Artikel 22
Der Gerichtshof richtet einen Sprachendienst ein, dessen Angehörige eine angemessene
juristische Ausbildung und gründliche Kenntnisse in mehreren Amtssprachen des Gerichtshofes
aufweisen müssen.
Artikel 23
Die allgemeine Verwaltung des Gerichtshofes einschließlich der Finanzverwaltung und der
Buchführung wird im Auftrag des Präsidenten vom Kanzler wahrgenommen, dem ein leitender
Verwaltungsbeamter zur Seite steht.
V i e r t e s K a p i t e l
DIE HILFSBERICHTERSTATTER
Artikel 24
§ 1
Der Gerichtshof schlägt gemäß Artikel 13 der Satzung die Ernennung von Hilfsberichterstattern
vor, wenn ihm dies für die Bearbeitung der anhängigen Rechtssachen notwendig erscheint.
§ 2
Den Hilfsberichterstattern obliegt es insbesondere,
– den Präsidenten im Verfahren wegen einstweiliger Anordnungen und
– die Berichterstatter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.
§ 3
Sie unterstehen bei der Ausübung ihres Amtes dem Präsidenten des Gerichtshofes, dem
Präsidenten einer Kammer oder einem Berichterstatter.
§ 4
Vor Aufnahme ihrer Tätigkeit leisten die Hilfsberichterstatter vor dem Gerichtshof den in Artikel
3 vorgesehenen Eid.
F ü n f t e s K a p i t e l
GESCHÄFTSGANG DES GERICHTSHOFES
Artikel 25
§ 1
Der Präsident bestimmt den Termin für die Sitzungen der Großen Kammer und des Plenums.
§ 2
Die Präsidenten der Kammern mit fünf oder mit drei Richtern bestimmen den Termin für die
Sitzungen ihrer Kammern.
§ 3
Der Gerichtshof kann einzelne Sitzungen an einem anderen Ort als dem Sitz des Gerichtshofes
abhalten.
Artikel 26
§ 1
Ergibt sich infolge Abwesenheit oder Verhinderung eine gerade Zahl von Richtern, so nimmt der
in der Rangordnung im Sinne von Artikel 6 niedrigste Richter an den Beratungen nicht teil, es sei
denn, er ist Berichterstatter. Im letzten Fall nimmt der Richter mit dem nächstniedrigsten Rang an
den Beratungen nicht teil.
§ 2
Stellt sich nach Einberufung der Großen Kammer oder des Plenums heraus, dass die nach Artikel
17 Absatz 3 oder 4 der Satzung für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern nicht
erreicht wird, so vertagt der Präsident die Sitzung bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Große
Kammer oder das Plenum beschlussfähig ist.
§ 3
Wird in einer Kammer mit fünf oder mit drei Richtern die nach Artikel 17 Absatz 2 der Satzung
für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl von Richtern nicht erreicht und erweist sich eine
Vertretung der verhinderten Richter gemäß Artikel 11e als nicht möglich, so benachrichtigt der
Kammerpräsident den Präsidenten des Gerichtshofes; dieser bestimmt einen anderen Richter,
durch den die Kammer ergänzt wird.
Artikel 27
§ 1
Die Beratungen des Gerichtshofes sind nicht öffentlich.
§ 2
An der Beratung nehmen nur die Richter teil, die bei der mündlichen Verhandlung zugegen
waren, sowie gegebenenfalls der Hilfsberichterstatter, der mit der Bearbeitung der Rechtssache
beauftragt ist.
§ 3
Jeder Richter, der an der Beratung teilnimmt, trägt seine Auffassung vor und begründet sie.
§ 4
Auf Antrag eines Richters wird jede Frage, bevor sie zur Abstimmung gelangt, in einer von ihm
gewünschten Sprache niedergelegt und dem Gerichtshof schriftlich übermittelt.
§ 5
Die Meinung, auf die sich die Mehrheit der Richter nach der abschließenden Aussprache geeinigt
hat, ist für die Entscheidung des Gerichtshofes maßgebend. Die Richter stimmen in der
umgekehrten Reihenfolge der in Artikel 6 festgelegten Rangordnung ab.
§ 6
Meinungsverschiedenheiten über Gegenstand, Fassung und Reihenfolge der Fragen oder die
Auslegung der Abstimmung entscheidet der Gerichtshof.
§ 7
An Sitzungen des Gerichtshofes über Verwaltungsfragen nehmen die Generalanwälte mit
beschließender Stimme teil. Der Kanzler ist zugegen, sofern der Gerichtshof nichts anderes
bestimmt.
§ 8
Tagt der Gerichtshof in Abwesenheit des Kanzlers, so wird ein etwa erforderliches Protokoll von
dem in der Rangordnung im Sinne von Artikel 6 niedrigsten Richter aufgenommen; das Protokoll
wird vom Präsidenten und von dem betreffenden Richter unterzeichnet.
Artikel 28
§ 1
Vorbehaltlich einer besonderen Entscheidung des Gerichtshofes werden die Gerichtsferien wie
folgt festgesetzt:
– vom 18. Dezember bis zum 10. Januar;
– vom Sonntag vor Ostern bis zum zweiten Sonntag nach Ostern;
– vom 15. Juli bis zum 15. September.
Das Amt des Präsidenten wird während der Gerichtsferien am Sitz des Gerichtshofes in der
Weise wahrgenommen, dass der Präsident mit dem Kanzler in Verbindung bleibt oder dass er
einen Kammerpräsidenten oder einen anderen Richter mit seiner Vertretung beauftragt.
§ 2
In dringenden Fällen kann der Präsident die Richter und Generalanwälte während der
Gerichtsferien einberufen.
§ 3
Der Gerichtshof hält die am Ort seines Sitzes geltenden gesetzlichen Feiertage ein.
§ 4
Der Gerichtshof kann den Richtern und Generalanwälten in begründeten Fällen Urlaub gewähren.
S e c h s t e s K a p i t e l
SPRACHENREGELUNG
Artikel 29
§ 1
Die Verfahrenssprachen sind Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch,
Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch,
Portugiesisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch.
§ 2
Der Kläger wählt die Verfahrenssprache, soweit die nachstehenden Vorschriften nichts anderes
bestimmen:
a) Ist die Klage gegen einen Mitgliedstaat oder gegen eine natürliche oder juristische Person
gerichtet, die einem Mitgliedstaat angehört, so ist die Amtssprache dieses Staates
Verfahrenssprache; bestehen mehrere Amtssprachen, so ist der Kläger berechtigt, eine von
ihnen zu wählen.
b) Auf gemeinsamen Antrag der Parteien kann eine andere der in § 1 genannten Sprachen
ganz oder teilweise zugelassen werden.
c) Auf Antrag einer Partei kann nach Anhörung der Gegenpartei und des Generalanwalts
abweichend von den Bestimmungen unter a) und b) eine andere der in § 1 genannten
Sprachen ganz oder teilweise als Verfahrenssprache zugelassen werden.
In den in Artikel 103 bezeichneten Fällen ist die Sprache des innerstaatlichen Gerichts, das den
Gerichtshof anruft, Verfahrenssprache. Auf ordnungsgemäß begründeten Antrag einer Partei des
Ausgangsrechtsstreits kann nach Anhörung der Gegenpartei des Ausgangsrechtsstreits und des
Generalanwalts die Verwendung einer anderen der in ' 1 genannten Sprachen in der mündlichen
Verhandlung zugelassen werden.
Der Beschluss über die vorgenannten Anträge kann vom Präsidenten gefasst werden; dieser kann
die Entscheidung dem Gerichtshof übertragen; will er den Anträgen ohne Einverständnis aller
Parteien stattgeben, so muss er die Entscheidung dem Gerichtshof übertragen.
§ 3
Die Verfahrenssprache ist insbesondere bei den mündlichen Ausführungen und in den
Schriftsätzen der Parteien einschließlich aller Anlagen sowie in den Protokollen und
Entscheidungen des Gerichtshofes anzuwenden.
Urkunden, die in einer anderen Sprache abgefasst sind, ist eine Übersetzung in der
Verfahrenssprache beizugeben.
Bei umfangreichen Urkunden kann die vorgelegte Übersetzung auf Auszüge beschränkt werden.
Der Gerichtshof kann jedoch jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei eine
ausführliche oder vollständige Übersetzung verlangen.
Abweichend von diesen Bestimmungen dürfen sich die Mitgliedstaaten ihrer eigenen
Amtssprache bedienen, wenn sie einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer
beitreten oder sich an einem der in Artikel 103 bezeichneten Vorabentscheidungsverfahren
beteiligen. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler
veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die Verfahrenssprache.
Den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und der
EFTA-Überwachungsbehörde kann gestattet werden, sich statt der Verfahrenssprache einer
anderen der in § 1 genannten Sprachen zu bedienen, wenn sie einem beim Gerichtshof
anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer beitreten oder sich an einem der in Artikel 23 der Satzung
bezeichneten Vorabentscheidungsverfahren beteiligen. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als auch
für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die
Verfahrenssprache.
Den Drittstaaten, die sich gemäß Artikel 23 Absatz 4 der Satzung an einem
Vorabentscheidungsverfahren beteiligen, kann gestattet werden, sich statt der Verfahrenssprache
einer anderen der in § 1 genannten Sprachen zu bedienen. Dies gilt sowohl für Schriftstücke als
auch für mündliche Erklärungen. Der Kanzler veranlasst in jedem Fall die Übersetzung in die
Verfahrenssprache.
§ 4
Erklären Zeugen oder Sachverständige, dass sie sich nicht hinlänglich in einer der in § 1
genannten Sprachen ausdrücken können, so kann ihnen der Gerichtshof gestatten, ihre
Erklärungen in einer anderen Sprache abzugeben. Der Kanzler veranlasst die Übersetzung in die
Verfahrenssprache.
§ 5
Der Präsident des Gerichtshofes und die Kammerpräsidenten können sich bei der Leitung der
Verhandlung statt der Verfahrenssprache einer anderen der in § 1 genannten Sprachen bedienen;
die gleiche Befugnis haben der Berichterstatter hinsichtlich des Vorberichts und des
Sitzungsberichts, die Richter und Generalanwälte für ihre Fragen in der mündlichen Verhandlung
und der Generalanwalt für seine Schlussanträge. Der Kanzler veranlasst die Übersetzung in die
Verfahrenssprache.
Artikel 30
§ 1
Auf Ersuchen eines Richters oder des Generalanwalts oder auf Antrag einer Partei veranlasst der
Kanzler, dass die vor dem Gerichtshof abgegebenen schriftlichen oder mündlichen Äußerungen
in die in Artikel 29 § 1 genannten Sprachen, die gewünscht werden, übersetzt werden.
§ 2
Die Veröffentlichungen des Gerichtshofes erscheinen in den in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1
des Rates genannten Sprachen.
Artikel 31
Verbindlich ist die Fassung in der Verfahrenssprache oder, falls der Gerichtshof gemäß Artikel 29
eine andere Sprache zugelassen hat, die Fassung in dieser Sprache.
S i e b t e s K a p i t e l
RECHTE UND PFLICHTEN
DER BEVOLLMÄCHTIGTEN, BEISTÄNDE UND ANWÄLTE
Artikel 32
§ 1
Die Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte, die vor dem Gerichtshof oder vor einem von
diesem um Rechtshilfe ersuchten Gericht auftreten, können wegen mündlicher und schriftlicher
Äußerungen, die sich auf die Rechtssache oder auf die Parteien beziehen, nicht gerichtlich
verfolgt werden.
§ 2
Bevollmächtigte, Beistände und Anwälte genießen ferner folgende Vorrechte und
Erleichterungen:
a) Schriftstücke und Urkunden, die sich auf das Verfahren beziehen, dürfen weder durchsucht
noch beschlagnahmt werden. Im Streitfall können die Zoll- oder Polizeibeamten derartige
Schriftstücke und Urkunden versiegeln; diese werden unverzüglich dem Gerichtshof
übermittelt und in Gegenwart des Kanzlers und des Beteiligten untersucht.
b) Bevollmächtigte, Beistände und Anwälte haben Anspruch auf die Zuteilung ausländischer
Zahlungsmittel, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind.
c) Bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, unterliegen sie keinerlei
Beschränkungen.
Artikel 33
Die in Artikel 32 genannten Vergünstigungen kommen den Berechtigten nur dann zugute, wenn
sie ihre Eigenschaft nachgewiesen haben; diesen Nachweis erbringen
a) die Bevollmächtigten durch eine von ihrem Vollmachtgeber ausgestellte Urkunde, der dem
Kanzler unverzüglich eine Abschrift dieser Urkunde übermittelt;
b) die Beistände und Anwälte durch einen vom Kanzler unterschriebenen Ausweis. Die
Gültigkeit dieses Ausweises ist auf eine bestimmte Zeit begrenzt; sie kann je nach der
Dauer des Verfahrens verlängert oder verkürzt werden.
Artikel 34
Die in Artikel 32 genannten Vergünstigungen werden ausschließlich im Interesse der geordneten
Durchführung des Verfahrens gewährt.
Der Gerichtshof kann die Befreiung von gerichtlicher Verfolgung aufheben, wenn der Fortgang
des Verfahrens nach seiner Auffassung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.
Artikel 35
§ 1
Verletzt ein Beistand oder Anwalt die Würde des Gerichtshofes durch sein Verhalten gegenüber
dem Gerichtshof, einem Richter, einem Generalanwalt oder dem Kanzler oder missbraucht er
seine Befugnisse, so kann er jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluss des
Gerichtshofes vom Verfahren ausgeschlossen werden; dem Betroffenen ist Gelegenheit zur
Verteidigung zu geben.
Der Beschluss ist sofort vollstreckbar.
§ 2
Wird ein Beistand oder Anwalt ausgeschlossen, so setzt der Präsident der betroffenen Partei eine
Frist zur Bestellung eines anderen Beistands oder Anwalts; bis zum Ablauf dieser Frist tritt eine
Unterbrechung des Verfahrens ein.
§ 3
Die in Anwendung dieses Artikels getroffenen Entscheidungen können wieder aufgehoben
werden.
Artikel 36
Die Bestimmungen dieses Kapitels finden entsprechende Anwendung auf
Universitätsprofessoren, die gemäß Artikel 19 der Satzung das Recht haben, vor dem Gerichtshof
aufzutreten.
ZWEITER TITEL
ALLGEMEINE VERFAHRENSVORSCHRIFTEN
E r s t e s K a p i t e l
SCHRIFTLICHES VERFAHREN
Artikel 37
§ 1
Die Urschrift jedes Schriftsatzes ist vom Bevollmächtigten oder vom Anwalt der Partei zu
unterzeichnen.
Mit diesem Schriftsatz und allen darin erwähnten Anlagen werden fünf Abschriften für den
Gerichtshof und je eine Abschrift für jede andere am Rechtsstreit beteiligte Partei eingereicht. Die
Partei beglaubigt die von ihr eingereichten Abschriften.
§ 2
Die Organe haben innerhalb der vom Gerichtshof festgesetzten Fristen von jedem Schriftsatz
Übersetzungen in den anderen in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates genannten Sprachen
vorzulegen. § 1 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.
§ 3
Jeder Schriftsatz ist mit Datum zu versehen. Für die Berechnung der Verfahrensfristen ist nur der
Tag des Eingangs bei der Kanzlei maßgebend.
§ 4
Mit jedem Schriftsatz ist gegebenenfalls ein Aktenstück einzureichen, das die Urkunden, auf die
sich die Partei beruft, sowie ein Verzeichnis dieser Urkunden enthält.
§ 5
Werden von einer Urkunde mit Rücksicht auf deren Umfang nur Auszüge vorgelegt, so ist die
Urkunde oder eine vollständige Abschrift hiervon bei der Kanzlei zu hinterlegen.
§ 6
Unbeschadet der §§ 1 bis 5 ist der Tag, an dem eine Kopie der unterzeichneten Urschrift eines
Schriftsatzes einschließlich des in § 4 genannten Urkundenverzeichnisses mittels Fernkopierer
oder sonstiger beim Gerichtshof vorhandener technischer Kommunikationsmittel bei der Kanzlei
eingeht, für die Wahrung der Verfahrensfristen maßgebend, sofern die unterzeichnete Urschrift
des Schriftsatzes und die in § 1 Absatz 2 genannten Anlagen und Abschriften spätestens zehn
Tage danach bei der Kanzlei eingereicht werden.
Artikel 38
§ 1
Die in Artikel 21 der Satzung bezeichnete Klageschrift muss enthalten:
a) Namen und Wohnsitz des Klägers;
b) die Bezeichnung des Beklagten;
c) den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe;
d) die Anträge des Klägers;
e) gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.
§ 2
In der Klageschrift ist ferner für die Zwecke des Verfahrens eine Zustellungsanschrift am Ort des
Gerichtssitzes anzugeben. Hierbei ist eine Person zu benennen, die ermächtigt ist und sich bereit
erklärt hat, die Zustellungen entgegenzunehmen.
Zusätzlich zu oder statt der in Absatz 1 genannten Zustellungsanschrift kann in der Klageschrift
angegeben werden, dass sich der Anwalt oder Bevollmächtigte damit einverstanden erklärt, dass
Zustellungen an ihn mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel
erfolgen.
Entspricht die Klageschrift nicht den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2, so erfolgen bis zur
Behebung dieses Mangels alle Zustellungen an die betreffende Partei für die Zwecke des
Verfahrens auf dem Postweg durch Einschreiben an den Bevollmächtigten oder Anwalt der
Partei. Abweichend von Artikel 79 § 1 gilt in diesem Fall die Zustellung mit der Aufgabe des
Einschreibens zur Post am Ort des Gerichtssitzes als bewirkt.
§ 3
Der Anwalt, der als Beistand oder Vertreter einer Partei auftritt, hat bei der Kanzlei eine
Bescheinigung zu hinterlegen, aus der hervorgeht, dass er berechtigt ist, vor einem Gericht eines
Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten.
§ 4
Mit der Klageschrift sind gegebenenfalls die in Artikel 21 Absatz 2 der Satzung bezeichneten
Unterlagen einzureichen.
§ 5
Juristische Personen des Privatrechts haben mit der Klageschrift ferner:
a) ihre Satzung oder einen neueren Auszug aus dem Handelsregister oder einen neueren
Auszug aus dem Vereinsregister oder einen anderen Nachweis ihrer Rechtspersönlichkeit
einzureichen;
b) den Nachweis vorzulegen, dass die Prozessvollmacht ihres Anwalts von einem hierzu
Berechtigten ordnungsgemäß ausgestellt ist.
§ 6
Wird eine Klage gemäß den Artikeln 238 und 239 EG-Vertrag oder 153 und 154 EAG-Vertrag
erhoben, so ist mit der Klageschrift eine Ausfertigung der Schiedsklausel des von der
Gemeinschaft oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder
privatrechtlichen Vertrags oder des zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten abgeschlossenen
Schiedsvertrags einzureichen.
§ 7
Entspricht die Klageschrift nicht den §§ 3 bis 6, so setzt der Kanzler dem Kläger eine
angemessene Frist zur Behebung des Mangels oder zur Beibringung der vorgeschriebenen
Unterlagen. Kommt der Kläger dieser Aufforderung vor Ablauf der Frist nicht nach, so
entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts, ob die Nichtbeachtung dieser
Formvorschriften die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hat.
Artikel 39
Die Klageschrift wird dem Beklagten zugestellt. In dem in Artikel 38 § 7 bezeichneten Fall
erfolgt die Zustellung nach Behebung des Mangels oder nach Feststellung des Gerichtshofes, dass
die Klage nicht wegen Verletzung der Vorschriften des genannten Artikels unzulässig ist.
Artikel 40
§ 1
Innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift hat der Beklagte eine
Klagebeantwortung einzureichen. Diese muss enthalten:
a) Namen und Wohnsitz des Beklagten;
b) die tatsächliche und rechtliche Begründung;
c) die Anträge des Beklagten;
d) gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.
Artikel 38 §§ 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.
§ 2
Auf begründeten Antrag des Beklagten kann der Präsident die in ' 1 bezeichnete Frist verlängern.
Artikel 41
§ 1
Klageschrift und Klagebeantwortung können durch eine Erwiderung des Klägers und eine
Gegenerwiderung des Beklagten ergänzt werden.
§ 2
Der Präsident bestimmt die Fristen für die Einreichung dieser Schriftsätze.
Artikel 42
§ 1
Die Parteien können in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung noch Beweismittel
benennen. Sie haben die Verspätung zu begründen.
§ 2
Im Übrigen können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr
vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden,
die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.
Macht eine Partei im Laufe des Verfahrens derartige Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend,
so kann der Präsident auch nach Ablauf der gewöhnlichen Verfahrensfristen auf Bericht des
Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts der Gegenpartei eine Frist zur
Stellungnahme setzen.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorbringens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Artikel 43
Der Präsident kann jederzeit nach Anhörung der Parteien und, wenn die Zuweisung gemäß
Artikel 10 § 2 bereits erfolgt ist, des Generalanwalts die Verbindung mehrerer Rechtssachen zu
gemeinsamem schriftlichen oder mündlichen Verfahren oder zu gemeinsamer Entscheidung
beschließen, wenn sie den gleichen Gegenstand betreffen und miteinander in Zusammenhang
stehen. Er kann die Verbindung wieder aufheben. Der Präsident kann die Entscheidung hierüber
dem Gerichtshof übertragen.
K a p i t e l 1 a
VORBERICHT UND
VERWEISUNG AN DIE SPRUCHKÖRPER
Artikel 44
§ 1
er Präsident bestimmt den Zeitpunkt, zu dem der Berichterstatter der Generalversammlung des
Gerichtshofes einen Vorbericht vorzulegen hat, je nach Lage des Falles
a) nach Eingang der Gegenerwiderung;
b) wenn die Erwiderung oder Gegenerwiderung nicht bis zum Ablauf der nach Artikel 41§ 2
festgesetzten Frist eingereicht worden ist;
c) nachdem die betreffende Partei erklärt hat, dass sie auf die Einreichung einer Erwiderung
oder Gegenerwiderung verzichtet;
d) bei Durchführung des beschleunigten Verfahrens gemäß Artikel 62a, wenn der Präsident
den Termin für die mündliche Verhandlung bestimmt.
§ 2
Der Vorbericht enthält Vorschläge zu der Frage, ob Beweiserhebungen oder andere vorbereitende
Maßnahmen erforderlich sind, sowie dazu, an welchen Spruchkörper die Rechtssache zu
verweisen ist. Der Vorbericht enthält ferner den Vorschlag des Berichterstatters zu den Fragen,
ob die mündliche Verhandlung gemäß Artikel 44a sowie ob gegebenenfalls die Schlussanträge
des Generalanwalts gemäß Artikel 20 Absatz 5 der Satzung entfallen können.
Der Gerichtshof entscheidet über die Vorschläge des Berichterstatters nach Anhörung des
Generalanwalts.
§ 3
Der Gerichtshof verweist alle bei ihm anhängigen Rechtssachen an die Kammern mit fünf oder
mit drei Richtern, sofern nicht die Schwierigkeit oder die Bedeutung der Rechtssache oder
besondere Umstände eine Verweisung an die Große Kammer erfordern.
Die Verweisung einer Rechtssache an eine Kammer mit fünf oder mit drei Richtern ist nicht
zulässig, wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am Verfahren beteiligtes
Organ der Gemeinschaften beantragt, dass die Große Kammer über die Rechtssache entscheidet.
Am Verfahren beteiligt im Sinne dieser Bestimmung sind Mitgliedstaaten oder Organe, die in
dem Rechtsstreit Partei oder Streithelfer sind oder die im Rahmen eines der in Artikel 103
bezeichneten Vorabentscheidungsverfahren schriftliche Erklärungen eingereicht haben. Ein
Antrag nach diesem Absatz kann in Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren
Bediensteten nicht gestellt werden.
Der Gerichtshof tagt als Plenum, wenn er gemäß Artikel 16 Absatz 4 der Satzung befasst wird. Er
kann eine Rechtssache an das Plenum verweisen, wenn er gemäß Artikel 16 Absatz 5 der Satzung
zu der Auffassung gelangt, dass die Rechtssache von außergewöhnlicher Bedeutung ist.
§ 4
Der Spruchkörper, dem eine Rechtssache zugewiesen worden ist, kann die Rechtssache in jedem
Stadium des Verfahrens dem Gerichtshof vorlegen, damit sie einem größeren Spruchkörper
zugewiesen wird.
§ 5
Wird eine Beweisaufnahme angeordnet, so kann der Spruchkörper, wenn die Beweisaufnahme
nicht vor ihm selbst stattfinden soll, die in Artikel 9 § 2 bezeichnete Kammer mit ihrer
Durchführung beauftragen.
Wird von einer Beweisaufnahme abgesehen, so bestimmt der Präsident des Spruchkörpers den
Termin für die Eröffnung der mündlichen Verhandlung.
Artikel 44a
Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieser Verfahrensordnung umfasst das Verfahren vor
dem Gerichtshof auch eine mündliche Verhandlung. Der Gerichtshof kann jedoch nach
Einreichung der in Artikel 40 § 1 und gegebenenfalls der in Artikel 41 § 1 bezeichneten
Schriftsätze auf Bericht des Berichterstatters, nach Anhörung des Generalanwalts und wenn keine
Partei einen Antrag stellt, in dem die Gründe aufgeführt sind, aus denen sie gehört werden
möchte, etwas anderes beschließen. Der Antrag ist binnen einem Monat nach der Mitteilung an
die Partei, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, zu stellen. Diese Frist kann vom
Präsidenten verlängert werden.
Z w e i t e s K a p i t e l
BEWEISAUFNAHME UND
VORBEREITENDE MAßNAHMEN
Erster Abschnitt - Allgemeine Bestimmungen
Artikel 45
§ 1
Der Gerichtshof bezeichnet nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluss die Beweismittel
und die zu beweisenden Tatsachen. Bevor der Gerichtshof die Beweiserhebungen nach § 2
Buchstaben c, d und e beschließt, werden die Parteien gehört.
Der Beschluss wird den Parteien zugestellt.
§ 2
Unbeschadet der Artikel 24 und 25 der Satzung sind folgende Beweismittel zulässig:
a) persönliches Erscheinen der Parteien;
b) Einholung von Auskünften und Vorlegung von Urkunden;
c) Vernehmung von Zeugen;
d) Begutachtung durch Sachverständige;
e) Einnahme des Augenscheins.
§ 3
Der Gerichtshof kann die von ihm angeordneten Beweiserhebungen selbst vornehmen oder den
Berichterstatter mit ihrer Durchführung beauftragen.
Der Generalanwalt nimmt an der Beweisaufnahme teil.
§ 4
Gegenbeweis und Erweiterung des Beweisantritts bleiben vorbehalten.
Artikel 46
§ 1
Die Kammer, die mit der Beweisaufnahme beauftragt ist, hat die dem Gerichtshof gemäß den
Artikeln 45 und 47 bis 53 zustehenden Befugnisse; die Befugnisse des Präsidenten des
Gerichtshofes werden in diesem Falle vom Kammerpräsidenten ausgeübt.
§ 2
Die Artikel 56 und 57 finden auf das Verfahren vor der Kammer entsprechende Anwendung.
§ 3
Die Parteien können der Beweisaufnahme beiwohnen.
Zweiter Abschnitt – Ladung
und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen
Artikel 47
§ 1
Der Gerichtshof kann von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien nach Anhörung des
Generalanwalts die Vernehmung von Zeugen über bestimmte Tatsachen anordnen. Die Tatsachen
sind in dem Beschluss aufzuführen.
Der Gerichtshof lädt die Zeugen von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien oder des
Generalanwalts.
Die Partei hat in ihrem Antrag die Tatsachen zu bezeichnen, über die die Vernehmung stattfinden
soll, und die Gründe anzugeben, die die Vernehmung rechtfertigen.
§ 2
Die Zeugen werden aufgrund eines Beschlusses des Gerichtshofes geladen; dieser Beschluss
muss folgende Angaben enthalten:
a) Namen, Vornamen, Stellung und Anschrift der Zeugen;
b) die Bezeichnung der Tatsachen, über die die Zeugen zu vernehmen sind;
c) gegebenenfalls einen Hinweis auf die Anordnungen des Gerichtshofes über die Erstattung
der den Zeugen entstehenden Kosten sowie auf die Geldbußen, die gegen ausbleibende
Zeugen verhängt werden können.
Der Beschluss ist den Parteien und den Zeugen zuzustellen.
§ 3
Der Gerichtshof kann die Ladung von Zeugen, deren Vernehmung von einer Partei beantragt
wird, davon abhängig machen, dass die Partei bei der Kasse des Gerichtshofes einen Vorschuss in
bestimmter Höhe zur Deckung der voraussichtlichen Kosten hinterlegt.
Zeugen, die von Amts wegen geladen werden, erhalten von der Kasse des Gerichtshofes die
erforderlichen Vorschüsse.
§ 4
Der Präsident weist die Zeugen nach Feststellung ihrer Identität darauf hin, dass sie die
Richtigkeit ihrer Aussagen nach den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung zu versichern
haben.
Die Zeugen werden vom Gerichtshof vernommen; die Parteien sind hierzu zu laden. Der
Präsident kann auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen nach Beendigung der Aussage
Fragen an die Zeugen richten.
Die gleiche Befugnis steht den übrigen Richtern und dem Generalanwalt zu.
Mit Erlaubnis des Präsidenten können die Vertreter der Parteien Fragen an die Zeugen richten.
§ 5
Der Zeuge leistet nach Beendigung seiner Aussage folgenden Eid:
„Ich schwöre, dass ich die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit gesagt
habe.“
Der Gerichtshof kann nach Anhörung der Parteien auf die Vereidigung des Zeugen verzichten.
§ 6
Der Kanzler erstellt ein Protokoll, das die Zeugenaussagen wiedergibt.
Das Protokoll wird vom Präsidenten oder von dem mit der Vernehmung beauftragten
Berichterstatter sowie vom Kanzler unterzeichnet. Vor der Unterzeichnung ist dem Zeugen
Gelegenheit zu geben, den Inhalt des Protokolls zu überprüfen und das Protokoll zu
unterzeichnen.
Das Protokoll stellt eine öffentliche Urkunde dar.
Artikel 48
§ 1
Zeugen, die ordnungsgemäß geladen sind, haben der Ladung Folge zu leisten.
§ 2
Erscheint ein ordnungsgemäß geladener Zeuge nicht, so kann der Gerichtshof ihn zu einer
Geldbuße bis zu 5 000 Euro1 verurteilen und die erneute Ladung auf Kosten des Zeugen
anordnen.
Die gleiche Geldbuße kann gegen einen Zeugen verhängt werden, der ohne berechtigten Grund
die Aussage, die Eidesleistung oder gegebenenfalls die dem Eid gleichgestellte feierliche
Erklärung verweigert.
§ 3
Die verhängte Geldbuße kann nur aufgehoben werden, wenn der Zeuge berechtigte
Entschuldigungsgründe vorbringt. Die Geldbuße kann auf Antrag des Zeugen verringert werden,
wenn der Zeuge nachweist, dass sie in keinem angemessenen Verhältnis zu seinen Einkünften
steht.
§ 4
Auf die Vollstreckung der nach diesem Artikel verhängten Geldbußen oder sonstigen
Maßnahmen finden die Artikel 244 und 256 EG-Vertrag sowie 159 und 164 EAG-Vertrag
entsprechende Anwendung.
Artikel 49
§ 1
Der Gerichtshof kann die Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen anordnen. In
dem Beschluss ist der Sachverständige zu benennen, sein Auftrag genau zu umschreiben und eine
Frist für die Erstattung des Gutachtens zu bestimmen.
§ 2
Der Sachverständige erhält eine Abschrift des Beschlusses sowie die zur Erfüllung seines
Auftrags erforderlichen Unterlagen. Er untersteht dem Berichterstatter, der bei den Ermittlungen
des Sachverständigen anwesend sein kann und über den Fortgang der Arbeiten auf dem
Laufenden zu halten ist.
Der Gerichtshof kann von den Parteien oder einer Partei die Hinterlegung eines Vorschusses zur
Deckung der Kosten des Gutachtens verlangen.
§ 3
Auf Antrag des Sachverständigen kann der Gerichtshof die Vernehmung von Zeugen anordnen;
Artikel 47 findet entsprechende Anwendung.
§ 4
1 Siehe Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates, Artikel 2; ABl. L 162 vom 19. Juni 1997, S. 1.
Der Sachverständige hat sich nur zu den Punkten zu äußern, die sein Auftrag ausdrücklich
bezeichnet.
§ 5
Nach Eingang des Gutachtens kann der Gerichtshof die Anhörung des Sachverständigen
anordnen; die Parteien sind hierzu zu laden.
Mit Erlaubnis des Präsidenten können die Vertreter der Parteien Fragen an den Sachverständigen
richten.
§ 6
Nach Erstattung des Gutachtens leistet der Sachverständige vor dem Gerichtshof folgenden Eid:
„Ich schwöre, dass ich meinen Auftrag unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen
erfüllt habe.“
Der Gerichtshof kann nach Anhörung der Parteien auf die Vereidigung des Sachverständigen
verzichten.
Artikel 50
§ 1
Lehnt eine Partei einen Zeugen oder Sachverständigen wegen Unfähigkeit, Unwürdigkeit oder
aus sonstigen Gründen ab oder verweigert ein Zeuge oder Sachverständiger die Aussage, die
Eidesleistung oder die dem Eid gleichgestellte feierliche Erklärung, so entscheidet der
Gerichtshof.
§ 2
Die Ablehnung ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses, durch den der Zeuge
geladen oder der Sachverständige ernannt worden ist, zu erklären; die Erklärung muss die
Ablehnungsgründe und die Bezeichnung der Beweismittel enthalten.
Artikel 51
§ 1
Zeugen und Sachverständige haben Anspruch auf Erstattung ihrer Reise- und Aufenthaltskosten.
Die Kasse des Gerichtshofes kann ihnen einen Vorschuss auf diese Kosten gewähren.
§ 2
Zeugen haben ferner Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall, Sachverständige auf
Vergütung ihrer Tätigkeit. Die Kasse des Gerichtshofes zahlt die Entschädigung oder Vergütung
aus, nachdem der Zeuge oder Sachverständige seiner Pflicht genügt hat.
Artikel 52
Der Gerichtshof kann nach Maßgabe der in Artikel 125 bezeichneten zusätzlichen
Verfahrensordnung auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen Ersuchen um Rechtshilfe bei
der Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen ergehen lassen.
Artikel 53
§ 1
Der Kanzler nimmt über jede Sitzung ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom Präsidenten und
vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.
§ 2
Die Parteien können die Protokolle und Sachverständigengutachten bei der Kanzlei einsehen und
auf ihre Kosten Abschriften erhalten.
Dritter Abschnitt - Abschluss der Beweisaufnahme
Artikel 54
Nach Abschluss der Beweisaufnahme bestimmt der Präsident den Termin für die Eröffnung der
mündlichen Verhandlung, es sei denn, dass der Gerichtshof beschließt, den Parteien zuvor eine
Frist zur schriftlichen Stellungnahme zu setzen.
Ist eine solche Frist gesetzt, so erfolgt die Terminbestimmung nach deren Ablauf.
Vierter Abschnitt - Vorbereitende Maßnahmen
Artikel 54a
Der Berichterstatter und der Generalanwalt können die Parteien auffordern, innerhalb einer
bestimmten Frist von ihnen für relevant erachtete Auskünfte zum Sachverhalt, Schriftstücke oder
sonstige Angaben zu übermitteln. Die erhaltenen Antworten und Schriftstücke werden den
anderen Parteien übermittelt.
D r i t t e s K a p i t e l
MÜNDLICHE VERHANDLUNG
Artikel 55
§ 1
Unbeschadet des Vorrangs der gemäß Artikel 85 zu erlassenden Entscheidungen erkennt der
Gerichtshof über die bei ihm anhängigen Rechtssachen jeweils in der Reihenfolge, in der die
Beweisaufnahme abgeschlossen wird. Bei gleichzeitigem Abschluss der Beweisaufnahme für
mehrere Rechtssachen bestimmt sich die Reihenfolge nach dem Tag der Eintragung der
Klageschriften in das Register.
§ 2
In besonderen Fällen kann der Präsident anordnen, dass eine Rechtssache mit Vorrang
entschieden wird.
In besonderen Fällen kann der Präsident nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts von
Amts wegen oder auf Antrag einer Partei anordnen, dass eine Rechtssache zu späterer
Entscheidung zurückgestellt wird. Beantragen die Parteien einvernehmlich die Zurückstellung
einer Rechtssache, so kann der Präsident dem Antrag stattgeben.
Artikel 56
§ 1
Der Präsident eröffnet und leitet die Verhandlung; ihm obliegt die Aufrechterhaltung der
Ordnung in der Sitzung.
§ 2
Wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so darf der Inhalt der mündlichen Verhandlung nicht
veröffentlicht werden.
Artikel 57
Der Präsident kann in der Verhandlung Fragen an die Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte
der Parteien richten.
Die gleiche Befugnis steht den übrigen Richtern und dem Generalanwalt zu.
Artikel 58
Die Parteien können nur durch Bevollmächtigte, Beistände oder Anwälte verhandeln.
Artikel 59
§ 1
Am Schluss der mündlichen Verhandlung stellt der Generalanwalt seine Schlussanträge und
begründet sie.
§ 2
Nach den Schlussanträgen erklärt der Präsident die mündliche Verhandlung für geschlossen.
Artikel 60
Der Gerichtshof kann jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts gemäß Artikel 45 § 1 eine
Beweisaufnahme oder die Wiederholung und Erweiterung einer früheren Beweiserhebung
anordnen. Er kann mit der Ausführung die Kammer oder den Berichterstatter beauftragen.
Artikel 61
Der Gerichtshof kann nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung anordnen.
Artikel 62
§ 1
Der Kanzler nimmt über jede mündliche Verhandlung ein Protokoll auf. Das Protokoll wird vom
Präsidenten und vom Kanzler unterzeichnet. Es stellt eine öffentliche Urkunde dar.
§ 2
Die Parteien können die Protokolle bei der Kanzlei einsehen und auf ihre Kosten Abschriften
erhalten.
K a p i t e l 3a
BESCHLEUNIGTE VERFAHREN
Artikel 62a
§ 1
Auf Antrag des Klägers oder des Beklagten kann der Präsident auf Vorschlag des
Berichterstatters nach Anhörung der anderen Partei und des Generalanwalts ausnahmsweise
beschließen, eine Rechtssache einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den
Bestimmungen dieser Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn die besondere Dringlichkeit der
Rechtssache es erforderlich macht, dass der Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit entscheidet.
Der Antrag, eine Rechtssache dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, ist mit besonderem
Schriftsatz gleichzeitig mit der Klageschrift oder der Klagebeantwortung einzureichen.
§ 2
Wird ein beschleunigtes Verfahren durchgeführt, so können die Klageschrift und die
Klagebeantwortung nur dann durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden,
wenn der Präsident dies für erforderlich hält.
Streithelfer können einen Streithilfeschriftsatz nur einreichen, wenn der Präsident dies für
erforderlich hält.
§ 3
Unmittelbar nach Eingang der Klagebeantwortung oder, wenn erst nach Eingang dieses
Schriftsatzes beschlossen wird, die Rechtssache einem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen,
unmittelbar nach diesem Beschluss bestimmt der Präsident den Termin für die mündliche
Verhandlung, der sofort den Parteien mitgeteilt wird. Er kann den Termin für die mündliche
Verhandlung verschieben, wenn die Durchführung von Beweiserhebungen oder sonstigen
vorbereitenden Maßnahmen dies verlangt.
Unbeschadet des Artikels 42 können die Parteien in der mündlichen Verhandlung ihr Vorbringen
ergänzen und Beweismittel benennen. Sie haben die verspätete Benennung ihrer Beweismittel zu
begründen.
§ 4
Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.
V i e r t e s K a p i t e l
URTEILE
Artikel 63
Das Urteil enthält:
- die Feststellung, dass es vom Gerichtshof erlassen ist;
- den Tag der Verkündung;
- die Namen des Präsidenten und der übrigen Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt
haben;
- den Namen des Generalanwalts;
- den Namen des Kanzlers;
- die Bezeichnung der Parteien;
- die Namen der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte;
- die Anträge der Parteien;
- die Feststellung, dass der Generalanwalt gehört worden ist;
- eine kurze Darstellung des Sachverhalts;
- die Entscheidungsgründe;
- die Urteilsformel einschließlich der Entscheidung über die Kosten.
Artikel 64
§ 1
Das Urteil wird in öffentlicher Sitzung verkündet; die Parteien sind hierzu zu laden.
§ 2
Der Präsident, die übrigen Richter, die an der Beratung teilgenommen haben, und der Kanzler
unterzeichnen die Urschrift des Urteils, die sodann mit einem Siegel versehen und in der Kanzlei
hinterlegt wird; den Parteien wird eine beglaubigte Abschrift zugestellt.
§ 3
Der Kanzler vermerkt auf der Urschrift des Urteils den Tag der Verkündung.
Artikel 65
Das Urteil wird mit dem Tage seiner Verkündung rechtskräftig.
Artikel 66
§ 1
Unbeschadet der Bestimmungen über die Auslegung von Urteilen kann der Gerichtshof Schreibund
Rechenfehler und offenbare Unrichtigkeiten von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei,
der binnen zwei Wochen nach Urteilsverkündung zu stellen ist, berichtigen.
§ 2
Der Kanzler benachrichtigt die Parteien, die innerhalb einer vom Präsidenten bestimmten Frist
schriftlich Stellung nehmen können.
§ 3
Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts in nichtöffentlicher Sitzung.
§ 4
Die Urschrift des Beschlusses, der die Berichtigung ausspricht, wird mit der Urschrift des
berichtigten Urteils verbunden. Ein Hinweis auf den Beschluss ist am Rande der Urschrift des
berichtigten Urteils anzubringen.
Artikel 67
Hat der Gerichtshof einen einzelnen Punkt der Anträge oder die Kostenentscheidung übergangen,
so kann jede Partei innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils dessen Ergänzung
beantragen.
Der Antrag wird der Gegenpartei zugestellt; der Präsident setzt dieser eine Frist zur schriftlichen
Stellungnahme.
Nach Eingang dieser Stellungnahme und nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet der
Gerichtshof darüber, ob der Antrag zulässig und begründet ist.
Artikel 68
Der Kanzler sorgt für die Veröffentlichung einer Sammlung der Rechtsprechung des
Gerichtshofes.
F ü n f t e s K a p i t e l
PROZESSKOSTEN
Artikel 69
§ 1
Über die Kosten wird im Endurteil oder in dem Beschluss, der das Verfahren beendet,
entschieden.
§ 2
Die unterliegende Partei ist auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so entscheidet der Gerichtshof über die
Verteilung der Kosten.
§ 3
Der Gerichtshof kann die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten
trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund
gegeben ist.
Der Gerichtshof kann auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei
ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.
§ 4
Die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, tragen
ihre eigenen Kosten.
Die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die
EFTA-Überwachungsbehörde tragen ebenfalls ihre eigenen Kosten, wenn sie dem Rechtsstreit als
Streithelfer beigetreten sind.
Der Gerichtshof kann entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in den Absätzen 1 und 2
genannten seine eigenen Kosten trägt.
§ 5
Nimmt eine Partei die Klage oder einen Antrag zurück, so wird sie zur Tragung der Kosten
verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt. Die
Kosten werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei
auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint.
Einigen sich die Parteien über die Kosten, so wird gemäß der Vereinbarung entschieden.
Werden keine Kostenanträge gestellt, so trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.
§ 6
Erklärt der Gerichtshof die Hauptsache für erledigt, so entscheidet er über die Kosten nach freiem
Ermessen.
Artikel 70
In den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten tragen die Organe ihre
Kosten selbst; Artikel 69§ 3 Absatz 2 bleibt unberührt.
Artikel 71
Die notwendigen Aufwendungen einer Partei für die Zwangsvollstreckung sind ihr von der
Gegenpartei zu erstatten; maßgebend ist die Gebührenordnung des Staates, in dem die
Vollstreckung stattfindet.
Artikel 72
Das Verfahren vor dem Gerichtshof ist kostenfrei, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt
ist:
a) Der Gerichtshof kann nach Anhörung des Generalanwalts Kosten, die vermeidbar gewesen
wären, der Partei auferlegen, die sie veranlasst hat.
b) Kosten für Schreib- und Übersetzungsarbeiten, die nach Ansicht des Kanzlers das
gewöhnliche Maß überschreiten, hat die Partei, die diese Arbeiten beantragt hat, nach
Maßgabe der in Artikel 16 § 5 bezeichneten Gebührenordnung zu erstatten.
Artikel 73
Unbeschadet des Artikels 72 gelten als erstattungsfähige Kosten:
a) Leistungen an Zeugen und Sachverständige gemäß Artikel 51;
b) Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reiseund
Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte.
Artikel 74
§ 1
Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten entscheidet die in Artikel 9 ' 2 bezeichnete
Kammer, der die Rechtssache zugewiesen worden ist, auf Antrag einer Partei und nach Anhörung
der Gegenpartei sowie des Generalanwalts durch unanfechtbaren Beschluss.
§ 2
Die Parteien können eine Ausfertigung des Beschlusses zum Zwecke der Vollstreckung
beantragen
Artikel 75
§ 1
Die Zahlungen der Kasse des Gerichtshofes werden in der Währung des Landes geleistet, in dem
der Gerichtshof seinen Sitz hat.
Auf Antrag des Berechtigten werden die Zahlungen in der Währung des Landes geleistet, in dem
die zu erstattenden Auslagen entstanden oder die Handlungen vorgenommen worden sind,
derentwegen die Zahlung geschuldet wird.
§ 2
Sonstige Schuldner leisten ihre Zahlungen in der Währung ihres Heimatstaats.
§ 3
Allen Umrechnungen ist der amtliche Wechselkurs zugrunde zu legen, der am Zahlungstag in
dem Land gilt, in dem der Gerichtshof seinen Sitz hat.
S e c h s t e s K a p i t e l
PROZESSKOSTENHILFE
Artikel 76
§ 1
Ist eine Partei außerstande, die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise zu bestreiten, so kann
ihr auf Antrag jederzeit Prozesskostenhilfe bewilligt werden.
Mit dem Antrag sind Unterlagen einzureichen, aus denen sich die Bedürftigkeit des Antragstellers
ergibt, insbesondere eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Behörde.
§ 2
Wird der Antrag vor der Klage eingereicht, die der Antragsteller erheben will, so ist deren
Gegenstand kurz darzulegen.
Der Antrag unterliegt nicht dem Anwaltszwang.
§ 3
Der Präsident bestimmt den Berichterstatter. Die Kammer mit drei Richtern, der dieser angehört,
entscheidet nach Eingang der schriftlichen Stellungnahme der Gegenpartei sowie nach Anhörung
des Generalanwalts, ob die Prozesskostenhilfe zu versagen oder ganz oder teilweise zu bewilligen
ist. Die Prozesskostenhilfe ist zu versagen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
offensichtlich aussichtslos ist.
Die Entscheidung ergeht ohne Angabe von Gründen durch unanfechtbaren Beschluss.
§ 4
Die Kammer kann die Prozesskostenhilfe jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag entziehen,
wenn sich die Voraussetzungen, unter denen sie bewilligt wurde, im Laufe des Verfahrens
ändern.
§ 5
Wird die Prozesskostenhilfe bewilligt, so streckt die Kasse des Gerichtshofes die Kosten vor.
In der Kostenentscheidung des Endurteils kann die Einziehung aufgrund der Bewilligung der
Prozesskostenhilfe vorgestreckter Beträge zugunsten der Kasse des Gerichtshofes angeordnet
werden.
Der Kanzler treibt diese Beträge von der Partei ein, die zu ihrer Erstattung verurteilt worden ist.
S i e b t e s K a p i t e l
AUSSERGERICHTLICHE ERLEDIGUNG
UND KLAGERÜCKNAHME
Artikel 77
Einigen sich die Parteien über die streitigen Fragen, bevor der Gerichtshof entschieden hat, und
erklären sie, dass sie auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichten, so ordnet der Präsident
die Streichung der Rechtssache im Register an und entscheidet gemäß Artikel 69 § 5,
gegebenenfalls unter Berücksichtigung der dahin gehenden Vorschläge der Parteien, über die
Kosten.
Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Rechtssachen im Sinne der Artikel 230 und 232
EG-Vertrag sowie 146 und 148 EAG-Vertrag.
Artikel 78
Nimmt der Kläger durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Gerichtshof die Klage zurück, so
ordnet der Präsident die Streichung der Rechtssache im Register an und entscheidet gemäß
Artikel 69 § 5 über die Kosten.
A c h t e s K a p i t e l
ZUSTELLUNGEN
Artikel 79
§ 1
Die in dieser Verfahrensordnung vorgesehenen Zustellungen werden vom Kanzler in der Weise
veranlasst, dass dem Zustellungsbevollmächtigten des Empfängers eine Abschrift des
betreffenden Schriftstücks entweder auf dem Postweg durch Einschreiben mit Rückschein
übermittelt oder gegen Quittung übergeben wird.
Die Abschriften werden vom Kanzler ausgefertigt und beglaubigt, es sei denn, dass sie gemäß
Artikel 37 § 1 von den Parteien eingereicht werden.
§ 2
Hat sich der Empfänger gemäß Artikel 38 § 2 Absatz 2 damit einverstanden erklärt, dass
Zustellungen an ihn mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel
erfolgen, so kann jedes Schriftstück mit Ausnahme der Urteile und Beschlüsse des Gerichtshofes
durch Übermittlung einer Kopie auf diesem Wege zugestellt werden.
Ist eine solche Übermittlung aus technischen Gründen oder wegen der Art oder des Umfangs des
Schriftstücks nicht möglich, so wird dieses dem Empfänger, wenn dieser keine
Zustellungsanschrift angegeben hat, gemäß dem Verfahren des § 1 zugestellt. Der Empfänger
wird davon mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer Kommunikationsmittel
benachrichtigt. Ein Einschreiben gilt am zehnten Tag nach der Aufgabe zur Post am Ort des
Gerichtssitzes als dem Empfänger zugestellt, sofern nicht durch den Rückschein nachgewiesen
wird, dass der Zugang zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt ist, oder der Empfänger dem Kanzler
binnen drei Wochen nach der Benachrichtigung mittels Fernkopierer oder sonstiger technischer
Kommunikationsmittel mitteilt, dass ihm das Einschreiben nicht zugegangen ist.
N e u n t e s K a p i t e l
FRISTEN
Artikel 80
§ 1
Die im EU-Vertrag, im EG-Vertrag, im EAG-Vertrag, in der Satzung des Gerichtshofes und in
dieser Verfahrensordnung vorgesehenen gerichtlichen Fristen werden wie folgt berechnet:
a) Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Frist der
Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird,
so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag, in den das Ereignis oder die Handlung
fällt, nicht mitgerechnet.
b) Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der
in der letzten Woche, im letzten Monat oder im letzten Jahr dieselbe Bezeichnung oder
dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung
vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach
Monaten oder Jahren bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende
Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
c) Ist eine Frist nach Monaten und nach Tagen bemessen, so werden zunächst die vollen
Monate und dann die Tage gezählt.
d) Eine Frist umfasst die gesetzlichen Feiertage, die Sonntage und die Samstage.
e) Der Lauf einer Frist wird durch die Gerichtsferien nicht gehemmt.
§ 2
Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet die
Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.
Der Gerichtshof stellt ein Verzeichnis der gesetzlichen Feiertage auf, das im Amtsblatt der
Europäischen Union zu veröffentlichen ist.
Artikel 81
§ 1
Beginnt eine Frist für die Erhebung einer Klage gegen eine Maßnahme eines Organs mit der
Veröffentlichung der Maßnahme, so ist diese Frist im Sinne von Artikel 80 § 1 Buchstabe a vom
Ablauf des vierzehnten Tages nach der Veröffentlichung der Maßnahme im Amtsblatt der
Europäischen Union an zu berechnen.
§ 2
Die Verfahrensfristen werden um eine pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen verlängert.
Artikel 82
Aufgrund dieser Verfahrensordnung festgesetzte Fristen können von der anordnenden Stelle
verlängert werden.
Der Präsident und die Kammerpräsidenten können dem Kanzler die Zeichnungsbefugnis
übertragen, bestimmte Fristen, die sie aufgrund dieser Verfahrensordnung anzuordnen haben,
festzusetzen oder deren Verlängerung zu gewähren.
Z e h n t e s K a p i t e l
AUSSETZUNG DES VERFAHRENS
Artikel 82a
§ 1
Das Verfahren kann ausgesetzt werden:
a) in den in Artikel 54 Absatz 3 der Satzung vorgesehenen Fällen durch Beschluss des
Gerichtshofes nach Anhörung des Generalanwalts;
b) in allen übrigen Fällen durch Entscheidung des Präsidenten nach Anhörung des
Generalanwalts und, außer in den Vorabentscheidungsverfahren gemäß Artikel 103, der
Parteien.
Nach demselben Verfahren kann durch Beschluss oder durch Entscheidung die Fortsetzung des
Verfahrens angeordnet werden.
Die in diesem Paragraphen vorgesehenen Beschlüsse oder Entscheidungen werden den Parteien
zugestellt.
§ 2
Die Aussetzung des Verfahrens wird zu dem in dem Aussetzungsbeschluss oder der
Aussetzungsentscheidung angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben ist, zu
dem Zeitpunkt dieses Beschlusses oder dieser Entscheidung wirksam.
Während der Aussetzung läuft keine Verfahrensfrist gegenüber den Parteien ab.
§ 3
Ist in dem Aussetzungsbeschluss oder der Aussetzungsentscheidung das Ende der Aussetzung
nicht festgelegt, so endet die Aussetzung zu dem in dem Beschluss oder der Entscheidung über
die Fortsetzung des Verfahrens angegebenen Zeitpunkt oder, wenn ein solcher nicht angegeben
ist, zu dem Zeitpunkt des Beschlusses oder der Entscheidung über die Fortsetzung.
Ab dem Zeitpunkt der Fortsetzung beginnen die Verfahrensfristen von Beginn an erneut zu
laufen.
DRITTER TITEL
BESONDERE VERFAHRENSARTEN
E r s t e s K a p i t e l
AUSSETZUNG DES VOLLZUGS ODER DER ZWANGSVOLLSTRECKUNG
UND SONSTIGE EINSTWEILIGE ANORDNUNGEN
Artikel 83
§ 1
Anträge auf Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Organs im Sinne der Artikel 242
EG-Vertrag und 157 EAG-Vertrag sind nur zulässig, wenn der Antragsteller die betreffende
Maßnahme durch Klage beim Gerichtshof angefochten hat.
Anträge auf sonstige einstweilige Anordnungen im Sinne der Artikel 243 EG-Vertrag und 158
EAG-Vertrag sind nur zulässig, wenn sie von einer Partei eines beim Gerichtshof anhängigen
Rechtsstreits gestellt werden und sich auf diesen beziehen.
§ 2
Die in § 1 genannten Anträge müssen den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände
anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten
Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen.
§ 3
Der Antrag ist mit besonderem Schriftsatz einzureichen und muss den Artikeln 37 und 38
entsprechen.
Artikel 84
§ 1
Der Antrag wird der Gegenpartei zugestellt; der Präsident setzt ihr eine kurze Frist zur
schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.
§ 2
Der Präsident kann eine Beweisaufnahme anordnen.
Er kann dem Antrag stattgeben, bevor die Stellungnahme der Gegenpartei eingeht. Diese
Entscheidung kann später, auch von Amts wegen, abgeändert oder aufgehoben werden.
Artikel 85
Der Präsident entscheidet selbst oder überträgt die Entscheidung dem Gerichtshof.
Ist der Präsident abwesend oder verhindert, so findet Artikel 11 entsprechende Anwendung.
Wird die Entscheidung dem Gerichtshof übertragen, so erkennt dieser unter Zurückstellung aller
anderen Rechtssachen und nach Anhörung des Generalanwalts. Artikel 84 findet entsprechende
Anwendung.
Artikel 86
§ 1
Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist. Der
Beschluss wird den Parteien unverzüglich zugestellt.
§ 2
Die Vollstreckung des Beschlusses kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller
eine Sicherheit leistet, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände festzusetzen sind.
§ 3
Die einstweilige Anordnung kann befristet werden. In Ermangelung einer ausdrücklichen
Befristung tritt sie mit der Verkündung des Endurteils außer Kraft.
§ 4
Der Beschluss stellt nur eine einstweilige Regelung dar und greift der Entscheidung des
Gerichtshofes zur Hauptsache nicht vor.
Artikel 87
Auf Antrag einer Partei kann der Beschluss jederzeit wegen veränderter Umstände abgeändert
oder aufgehoben werden.
Artikel 88
Die Abweisung eines Antrags auf einstweilige Anordnung hindert den Antragsteller nicht, einen
weiteren, auf neue Tatsachen gestützten Antrag zu stellen.
Artikel 89
Die Bestimmungen dieses Kapitels finden entsprechende Anwendung auf Anträge, die gemäß den
Artikeln 244 und 256 EG-Vertrag sowie 159 und 164 EAG-Vertrag gestellt werden und auf
Aussetzung der Zwangsvollstreckung von Entscheidungen des Gerichtshofes oder von
Maßnahmen anderer Organe gerichtet sind.
In dem Beschluss, der dem Antrag stattgibt, wird gegebenenfalls der Zeitpunkt festgesetzt, zu
dem die einstweilige Anordnung außer Kraft tritt.
Artikel 90
§ 1
Anträge gemäß Artikel 81 Absätze 3 und 4 EAG-Vertrag müssen
a) Namen und Wohnsitz der Personen oder Unternehmen angeben, die der
Überwachungsmaßnahme unterworfen werden sollen;
b) Gegenstand und Zweck der Überwachungsmaßnahme bezeichnen.
§ 2
Der Präsident entscheidet durch Beschluss. Artikel 86 findet entsprechende Anwendung.
Ist der Präsident abwesend oder verhindert, so findet Artikel 11 entsprechende Anwendung.
Z w e i t e s K a p i t e l
PROZESSHINDERNDE EINREDEN
UND ZWISCHENSTREIT
Artikel 91
§ 1
Will eine Partei vorab eine Entscheidung des Gerichtshofes über eine prozesshindernde Einrede
oder einen Zwischenstreit herbeiführen, so hat sie dies mit besonderem Schriftsatz zu beantragen.
Der Schriftsatz muss außer dem Antrag dessen tatsächliche und rechtliche Begründung enthalten;
Unterlagen, auf die sich die Partei beruft, sind beizufügen.
§ 2
Unmittelbar nach Eingang des Schriftsatzes bestimmt der Präsident eine Frist, innerhalb deren die
Gegenpartei schriftlich ihre Anträge zu stellen und zu begründen hat.
§ 3
Über den Antrag wird mündlich verhandelt, sofern der Gerichtshof nichts anderes bestimmt.
§ 4
Nach Anhörung des Generalanwalts entscheidet der Gerichtshof über den Antrag oder behält die
Entscheidung dem Endurteil vor.
Verwirft der Gerichtshof den Antrag oder behält er die Entscheidung dem Endurteil vor, so
bestimmt der Präsident neue Fristen für die Fortsetzung des Verfahrens.
Artikel 92
§ 1
Ist der Gerichtshof für eine Klage offensichtlich unzuständig oder ist eine Klage offensichtlich
unzulässig, so kann er nach Anhörung des Generalanwalts, ohne das Verfahren fortzusetzen,
durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.
§ 2
Der Gerichtshof kann jederzeit von Amts wegen prüfen, ob unverzichtbare
Prozessvoraussetzungen fehlen, oder nach Anhörung der Parteien feststellen, dass die Klage
gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist; die Entscheidung ergeht gemäß Artikel
91 §§ 3 und 4.
D r i t t e s K a p i t e l
STREITHILFE
Artikel 93
§ 1
Anträge auf Zulassung als Streithelfer können nur innerhalb von sechs Wochen nach der in
Artikel 16 § 6 bezeichneten Veröffentlichung gestellt werden.
Der Antrag muss enthalten:
a) die Bezeichnung der Rechtssache;
b) die Bezeichnung der Parteien;
c) Namen und Wohnsitz des Antragstellers;
d) die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten am Ort des Gerichtssitzes;
e) die Anträge, die der Antragsteller unterstützen will;
f) für den Fall, dass der Antrag gemäß Artikel 40 Absatz 2 oder 3 Satzung gestellt wird, die
Darstellung der Umstände, aus denen sich das Recht zum Streitbeitritt ergibt.
Für die Vertretung des Streithelfers gilt Artikel 19 der Satzung.
Die Artikel 37 und 38 dieser Verfahrensordnung finden entsprechende Anwendung.
§ 2
Der Antrag wird den Parteien zugestellt.
Vor einer Entscheidung über den Antrag gibt der Präsident den Parteien Gelegenheit zur
schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.
Der Präsident entscheidet über den Antrag durch Beschluss oder überträgt die Entscheidung dem
Gerichtshof.
§ 3
Gibt der Präsident dem Antrag statt, so sind dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten
Schriftstücke zu übermitteln. Der Präsident kann jedoch auf Antrag einer Partei geheime oder
vertrauliche Unterlagen von der Übermittlung ausnehmen.
§ 4
Der Streithelfer muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit des
Beitritts befindet.
§ 5
Der Präsident setzt dem Streithelfer eine Frist, innerhalb deren dieser einen Streithilfeschriftsatz
einreichen kann.
Der Streithilfeschriftsatz muss enthalten:
a) die Anträge des Streithelfers, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder
Bekämpfung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sind;
b) die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers;
c) gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel.
§ 6
Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes setzt der Präsident den Parteien gegebenenfalls eine
Frist, innerhalb deren sie sich zu diesem Schriftsatz äußern können.
§ 7
Ein Antrag auf Zulassung als Streithelfer, der nach Ablauf der in § 1 bezeichneten Frist, aber vor
dem in Artikel 44 § 3 vorgesehenen Beschluss zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung
gestellt wird, kann berücksichtigt werden. In diesem Fall kann der Streithelfer, wenn der
Präsident dem Antrag stattgibt, auf der Grundlage des ihm übermittelten Sitzungsberichts in der
mündlichen Verhandlung Stellung nehmen, wenn eine solche stattfindet.
V i e r t e s K a p i t e l
VERSÄUMNISURTEIL UND EINSPRUCH
Artikel 94
§ 1
Reicht der Beklagte, gegen den ordnungsgemäß Klage erhoben ist, seine Klagebeantwortung
nicht form- und fristgerecht ein, so kann der Kläger Versäumnisurteil beantragen.
Der Antrag wird dem Beklagten zugestellt. Der Gerichtshof kann die Eröffnung der mündlichen
Verhandlung über den Antrag beschließen.
§ 2
Vor Erlass eines Versäumnisurteils prüft der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts, ob
die Klage ordnungsgemäß erhoben und zulässig ist und ob die Anträge des Klägers begründet
erscheinen. Er kann eine Beweisaufnahme anordnen.
§ 3
Das Versäumnisurteil ist vollstreckbar. Der Gerichtshof kann die Vollstreckung aussetzen, bis
über einen gemäß § 4 eingelegten Einspruch entschieden ist, oder sie davon abhängig machen,
dass der Antragsteller eine Sicherheit leistet, deren Höhe und Art nach Maßgabe der Umstände
festzusetzen sind; wird kein Einspruch eingelegt oder wird der Einspruch verworfen, so ist die
Sicherheit freizugeben.
§ 4
Gegen das Versäumnisurteil kann Einspruch eingelegt werden.
Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen; die Artikel 37
und 38 finden entsprechende Anwendung.
§ 5
Nach der Zustellung des Einspruchs setzt der Präsident der Gegenpartei eine Frist zur
schriftlichen Stellungnahme.
Auf das weitere Verfahren finden die Artikel 44 ff. entsprechende Anwendung.
§ 6
Der Gerichtshof entscheidet durch Urteil, gegen das weiterer Einspruch nicht zulässig ist.
Die Urschrift dieses Urteils wird mit der Urschrift des Versäumnisurteils verbunden. Ein Hinweis
auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des Versäumnisurteils anzubringen.
F ü n f t e s K a p i t e l
Artikel 95
(aufgehoben)
Artikel 96
(aufgehoben)
S e c h s t e s K a p i t e l
AUSSERORDENTLICHE RECHTSBEHELFE
Erster Abschnitt - Drittwiderspruch
Artikel 97
§ 1
Auf den Drittwiderspruch finden die Artikel 37 und 38 entsprechende Anwendung; der Antrag
muss ferner enthalten:
a) die Bezeichnung des angefochtenen Urteils;
b) die Angabe, in welchen Punkten dieses Urteil die Rechte des Dritten beeinträchtigt;
c) die Gründe, aus denen der Dritte nicht in der Lage war, sich am Hauptverfahren zu
beteiligen.
Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Hauptverfahrens zu richten.
Ist das Urteil im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, so muss der Antrag binnen
zwei Monaten nach dieser Veröffentlichung eingereicht werden.
§ 2
Auf Antrag des Dritten kann die Vollstreckung des angefochtenen Urteils ausgesetzt werden. Die
Bestimmungen des Ersten Kapitels des Dritten Titels finden entsprechende Anwendung.
§ 3
Wird dem Drittwiderspruch stattgegeben, so ist das angefochtene Urteil entsprechend zu ändern.
Die Urschrift des auf den Drittwiderspruch ergangenen Urteils ist mit der Urschrift des
angefochtenen Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des
angefochtenen Urteils anzubringen.
Zweiter Abschnitt - Wiederaufnahme des Verfahrens
Artikel 98
Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist binnen drei Monaten nach dem Tag zu beantragen, an
dem der Antragsteller Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, auf die er seinen Antrag stützt.
Artikel 99
§ 1
Auf den Antrag finden die Artikel 37 und 38 entsprechende Anwendung. Der Antrag muss ferner
enthalten:
a) die Bezeichnung des angefochtenen Urteils;
b) die Angabe der Punkte, in denen das Urteil angefochten wird;
c) die Bezeichnung der Tatsachen, die dem Antrag zugrunde liegen;
d) die Benennung der Beweismittel für das Vorliegen von Tatsachen, die die Wiederaufnahme
rechtfertigen, und für die Wahrung der in Artikel 98 genannten Frist.
§ 2
Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem das angefochtene
Urteil ergangen ist.
Artikel 100
§ 1
Aufgrund der schriftlichen Stellungnahme der Parteien und nach Anhörung des Generalanwalts
entscheidet der Gerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Urteil über die Zulässigkeit des
Antrags, ohne der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen.
§ 2
Gibt der Gerichtshof dem Antrag statt, so tritt er erneut in die Prüfung der Hauptsache ein und
entscheidet durch Urteil gemäß den Bestimmungen dieser Verfahrensordnung.
§ 3
Die Urschrift des abändernden Urteils ist mit der Urschrift des abgeänderten Urteils zu verbinden.
Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des abgeänderten Urteils anzubringen.
S i e b t e s K a p i t e l
KLAGEN GEGEN ENTSCHEIDUNGEN
DES SCHIEDSAUSSCHUSSES
Artikel 101
§ 1
Die in Artikel 18 Absatz 2 EAG-Vertrag bezeichneten Klagen müssen enthalten:
a) Namen und Wohnsitz des Klägers;
b) die Stellung des Unterzeichnenden;
c) die Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung des Schiedsausschusses;
d) die Bezeichnung der Gegenparteien;
e) eine kurze Darlegung des Sachverhalts;
f) die Anträge und die Klagegründe des Klägers.
§ 2
Artikel 37 §§ 3 und 4 sowie Artikel 38 §§ 2, 3 und 5 finden entsprechende Anwendung.
Mit der Klage ist eine beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung einzureichen.
§ 3
Unmittelbar nach Eingang der Klage fordert der Kanzler die Akten der Rechtssache bei der
Kanzlei des Ausschusses an.
§ 4
Auf die Verfahren finden die Artikel 39, 40 und 55 ff. entsprechende Anwendung.
§ 5
Der Gerichtshof entscheidet durch Urteil. Hebt er die Entscheidung des Ausschusses auf, so kann
er die Sache an den Ausschuss zurückverweisen.
A c h t e s K a p i t e l
AUSLEGUNG VON URTEILEN
Artikel 102
§ 1
Für Anträge auf Auslegung von Urteilen gelten die Artikel 37 und 38 entsprechend. Der Antrag
muss ferner bezeichnen:
a) das auszulegende Urteil;
b) die Stellen, deren Auslegung beantragt wird.
Er ist gegen sämtliche Parteien des Rechtsstreits zu richten, in dem das Urteil ergangen ist.
§ 2
Der Gerichtshof gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme; er entscheidet nach Anhörung
des Generalanwalts durch Urteil.
Die Urschrift des auslegenden Urteils ist mit der Urschrift des ausgelegten Urteils zu verbinden.
Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande der Urschrift des ausgelegten Urteils anzubringen.
N e u n t e s K a p i t e l
VORLAGEN ZUR VORABENTSCHEIDUNG
UND ANDERE AUSLEGUNGSVERFAHREN
Artikel 103
§ 1
In den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Fällen finden auf das Verfahren die
Bestimmungen dieser Verfahrensordnung unter Berücksichtigung der Eigenart der
Vorabentscheidungsvorlage entsprechende Anwendung.
§ 2
' 1 gilt entsprechend für Vorabentscheidungsvorlagen nach dem Protokoll betreffend die
Auslegung des Übereinkommens vom 29. Februar 1968 über die gegenseitige Anerkennung von
Gesellschaften und juristischen Personen durch den Gerichtshof und nach dem Protokoll
betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
durch den Gerichtshof, beide Protokolle unterzeichnet in Luxemburg am 3. Juni 1971, sowie für
die Verfahren nach Artikel 4 des letztgenannten Protokolls.
§ 1 gilt auch für etwaige in anderen Übereinkommen vorgesehene Vorlagen.
Artikel 104
§ 1
Die Entscheidungen der nationalen Gerichte im Sinne von Artikel 103 werden den
Mitgliedstaaten in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung in der Amtssprache des
Empfängerstaats übermittelt.
In den in Artikel 23 Absatz 3 der Satzung genannten Fällen werden die Entscheidungen der
nationalen Gerichte den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind,
und der EFTA-Überwachungsbehörde in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung in
einer der in Artikel 29 § 1 genannten, vom Empfänger zu wählenden Sprache übermittelt.
Kann sich ein Drittstaat gemäß Artikel 23 Absatz 4 der Satzung an einem
Vorabentscheidungsverfahren beteiligen, so wird ihm die Entscheidung des nationalen Gerichts
in der Originalfassung zusammen mit einer Übersetzung in einer der in Artikel 29 § 1 genannten,
von dem betreffenden Drittstaat zu wählenden Sprache übermittelt.
§ 2
Hinsichtlich der Vertretung und des persönlichen Erscheinens der Parteien des
Ausgangsverfahrens in den Vorabentscheidungsverfahren trägt der Gerichtshof den vor den
nationalen Gerichten, die ihn angerufen haben, geltenden Verfahrensvorschriften Rechnung.
§ 3
Stimmt eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage mit einer Frage überein, über die der
Gerichtshof bereits entschieden hat, oder kann die Antwort auf eine solche Frage klar aus der
Rechtsprechung abgeleitet werden oder lässt die Beantwortung der Frage keinen Raum für
vernünftige Zweifel, so kann der Gerichtshof nach Unterrichtung des vorlegenden Gerichts und
nachdem er den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung
gegeben hat, sowie nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluss entscheiden, der mit
Gründen zu versehen ist und gegebenenfalls auf das frühere Urteil oder auf die betreffende
Rechtsprechung verweist.
§ 4
Unbeschadet der Regelung des § 3 umfasst das Verfahren vor dem Gerichtshof im Fall einer
Vorlage zur Vorabentscheidung auch eine mündliche Verhandlung. Der Gerichtshof kann jedoch
nach Einreichung bzw. Abgabe der in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Schriftsätze oder
Erklärungen auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts und nach
Unterrichtung der Beteiligten, die gemäß diesen Bestimmungen Schriftsätze einreichen oder
schriftliche Erklärungen abgeben können, etwas anderes beschließen, vorausgesetzt, keiner dieser
Beteiligten stellt einen Antrag, in dem die Gründe aufgeführt sind, aus denen er gehört werden
möchte. Der Antrag ist binnen einem Monat nach Zustellung der eingereichten Schriftsätze oder
schriftlichen Erklärungen an die Partei oder den Beteiligten zu stellen. Diese Frist kann vom
Präsidenten verlängert werden.
§ 5
Der Gerichtshof kann nach Anhörung des Generalanwalts das nationale Gericht um
Klarstellungen ersuchen.
§ 6
Die Entscheidung über die Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens ist Sache des nationalen
Gerichts.
In besonderen Fällen kann der Gerichtshof im Rahmen der Prozesskostenhilfe eine Beihilfe
bewilligen, um es einer Partei zu erleichtern, sich vertreten zu lassen oder persönlich zu
erscheinen.
Artikel 104a
Auf Antrag des nationalen Gerichts kann der Präsident auf Vorschlag des Berichterstatters nach
Anhörung des Generalanwalts ausnahmsweise beschließen, ein Vorabentscheidungsersuchen
einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen dieser
Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn sich aus den angeführten Umständen die
außerordentliche Dringlichkeit der Entscheidung über die zur Vorabentscheidung vorgelegte
Frage ergibt.
In diesem Fall bestimmt der Präsident sofort den Termin für die mündliche Verhandlung, der den
Parteien des Ausgangsverfahrens und den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten mit
der Zustellung der Vorlageentscheidung mitgeteilt wird.
Die Parteien und die anderen im vorstehenden Absatz bezeichneten Beteiligten können innerhalb
einer vom Präsidenten gesetzten Frist von mindestens 15 Tagen Schriftsätze oder schriftliche
Erklärungen einreichen. Der Präsident kann die Parteien und die anderen Beteiligten auffordern,
ihre Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen auf die wesentlichen von der Vorlagefrage
aufgeworfenen Rechtsfragen zu beschränken.
Die gegebenenfalls eingereichten Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen werden den
vorstehend genannten Parteien und anderen Beteiligten vor der Sitzung übermittelt.
Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts.
Z e h n t e s K a p i t e l
VERFAHREN GEMÄSS DEN
ARTIKELN 103 BIS 105 EAG-VERTRAG
Artikel 105
§ 1
Anträge nach Artikel 103 Absatz 3 EAG-Vertrag sind in vier beglaubigten Ausfertigungen
einzureichen. Sie werden der Kommission zugestellt.
§ 2
Mit dem Antrag sind der Entwurf des Abkommens oder der Vereinbarung, die Stellungnahme der
Kommission gegenüber dem betroffenen Staat sowie alle sonstigen Unterlagen einzureichen.
Die Kommission hat sich innerhalb einer Frist von zehn Tagen, die vom Präsidenten nach
Anhörung des betroffenen Staates verlängert werden kann, zu dem Antrag zu äußern.
Eine beglaubigte Abschrift dieser Äußerung wird dem Staat zugestellt.
§ 3
Unmittelbar nach Eingang des Antrags bestimmt der Präsident den Berichterstatter; der Erste
Generalanwalt bestimmt den Generalanwalt sogleich nach der Bestimmung des Berichterstatters.
§ 4
Die Entscheidung ergeht nach Anhörung des Generalanwalts in nichtöffentlicher Sitzung.
Die Bevollmächtigten oder die Beistände des betroffenen Staates und der Kommission sind auf
ihren Antrag zu hören.
Artikel 106
§ 1
Auf die in den Artikeln 104 Absatz 3 und 105 Absatz 2 EAG-Vertrag bezeichneten Fälle finden
die Artikel 37 ff. entsprechende Anwendung.
§ 2
Der Antrag wird dem Staat zugestellt, dem der Antragsgegner angehört.
E l f t e s K a p i t e l
GUTACHTEN
Artikel 107
§ 1
Anträge des Europäischen Parlaments auf Gutachten gemäß Artikel 300 EG-Vertrag werden dem
Rat, der Kommission und den Mitgliedstaaten zugestellt. Entsprechende Anträge des Rates
werden der Kommission und dem Europäischen Parlament zugestellt. Anträge der Kommission
werden dem Rat, dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten zugestellt. Anträge eines
Mitgliedstaats werden dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Parlament und den übrigen
Mitgliedstaaten zugestellt.
Der Präsident setzt den Empfängern dieser Zustellungen eine Frist zur schriftlichen
Stellungnahme.
§ 2
Das Gutachten kann sich sowohl auf die Vereinbarkeit des beabsichtigten Abkommens mit dem
EG-Vertrag als auch auf die Zuständigkeit der Gemeinschaft oder eines ihrer Organe für den
Abschluss eines solchen Abkommens erstrecken.
Artikel 108
§ 1
Unmittelbar nach Eingang des Antrags gemäß Artikel 107 bestimmt der Präsident den
Berichterstatter.
§ 2
Der Gerichtshof gibt nach Anhörung der Generalanwälte in nichtöffentlicher Sitzung ein mit
Gründen versehenes Gutachten ab.
§ 3
Das Gutachten wird vom Präsidenten, von den übrigen an der Beratung beteiligten Richtern
sowie vom Kanzler unterzeichnet und dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Parlament
und den Mitgliedstaaten zugestellt.
Artikel 109
(aufgehoben)
Z w ö l f t e s K a p i t e l
AUSLEGUNGSERSUCHEN
GEMÄSS ARTIKEL 68 EG-VERTRAG
Artikel 109a
§ 1
Ersuchen des Rates um Entscheidung über eine Auslegungsfrage gemäß Artikel 68 Absatz 3
EG-Vertrag werden der Kommission und den Mitgliedstaaten zugestellt; entsprechende Ersuchen
der Kommission werden dem Rat und den Mitgliedstaaten zugestellt; Ersuchen eines
Mitgliedstaats werden dem Rat, der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten zugestellt.
Der Präsident setzt den Empfängern dieser Zustellungen eine Frist zur schriftlichen
Stellungnahme.
§ 2
Unmittelbar nach Eingang des Ersuchens nach § 1 bestimmt der Präsident den Berichterstatter.
Der Erste Generalanwalt weist das Ersuchen sogleich danach einem Generalanwalt zu.
§ 3
Der Gerichtshof entscheidet über das Ersuchen durch Urteil nach Stellung der Schlussanträge des
Generalanwalts.
Das Verfahren über den Antrag umfasst eine mündliche Verhandlung, wenn ein Mitgliedstaat
oder eines der in § 1 bezeichneten Organe dies beantragt.
D r e i z e h n t e s K a p i t e l
ENTSCHEIDUNG ÜBER STREITIGKEITEN
NACH ARTIKEL 35 EU-VERTRAG
Artikel 109b
§ 1
Im Fall von Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten nach Artikel 35 Absatz 7 EU-Vertrag wird
der Gerichtshof durch einen Antrag einer Partei der Streitigkeit befasst. Der Antrag wird den
anderen Mitgliedstaaten und der Kommission zugestellt.
Im Fall von Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und der Kommission nach Artikel 35 Absatz
7 EU-Vertrag wird der Gerichtshof durch einen Antrag einer Partei der Streitigkeit befasst. Der
Antrag wird den anderen Mitgliedstaaten, dem Rat und der Kommission zugestellt, wenn er von
einem Mitgliedstaat gestellt wird. Der Antrag wird den Mitgliedstaaten und dem Rat zugestellt,
wenn er von der Kommission gestellt wird.
Der Präsident setzt den Organen und den Mitgliedstaaten, denen der Antrag zugestellt wird, eine
Frist zur schriftlichen Stellungnahme.
§ 2
Unmittelbar nach Eingang des Antrags nach § 1 bestimmt der Präsident den Berichterstatter. Der
Erste Generalanwalt weist den Antrag sogleich danach einem Generalanwalt zu.
§ 3
Der Gerichtshof entscheidet über die Streitigkeit durch Urteil nach Stellung der Schlussanträge
des Generalanwalts.
Das Verfahren über den Antrag umfasst eine mündliche Verhandlung, wenn ein Mitgliedstaat
oder eines der in § 1 bezeichneten Organe dies beantragt.
§ 4
Das gleiche Verfahren findet Anwendung, wenn ein zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenes
Übereinkommen dem Gerichtshof die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Streitigkeit
zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen Mitgliedstaaten und einem Organ verleiht.
VIERTER TITEL
RECHTSMITTEL GEGEN ENTSCHEIDUNGEN
DES GERICHTS ERSTER INSTANZ
Artikel 110
Wird gegen die Entscheidungen des Gerichts nach den Artikeln 56 und 57 der Satzung ein
Rechtsmittel eingelegt, so ist Verfahrenssprache diejenige Sprache, in der die mit dem
Rechtsmittel angefochtene Entscheidung des Gerichts erster Instanz ergangen ist; Artikel 29 § 2
Buchstaben b und c und Artikel 29 § 3 Absatz 4 bleiben unberührt.
Artikel 111
§ 1
Das Rechtsmittel wird durch Einreichung eines Schriftsatzes bei der Kanzlei des Gerichtshofes
oder des Gerichts eingelegt.
§ 2
Die Kanzlei des Gerichts übermittelt die erstinstanzlichen Akten und gegebenenfalls die
Rechtsmittelschrift unverzüglich der Kanzlei des Gerichtshofes.
Artikel 112
§ 1
Die Rechtsmittelschrift muss enthalten:
a) Namen und Wohnsitz des Rechtsmittelführers;
b) die Bezeichnung der anderen Parteien des Verfahrens vor dem Gericht;
c) die Rechtsmittelgründe;
d) die Anträge des Rechtsmittelführers.
Die Artikel 37 und 38 §§ 2 und 3 finden auf die Rechtsmittelschrift entsprechende Anwendung.
§ 2
Die mit dem Rechtsmittel angefochtene Entscheidung des Gerichts ist der Rechtsmittelschrift
beizufügen. Es ist anzugeben, an welchem Tag die angefochtene Entscheidung dem
Rechtsmittelführer zugestellt worden ist.
§ 3
Entspricht die Rechtsmittelschrift nicht dem Artikel 38 § 3 oder dem § 2 des vorliegenden
Artikels, so findet Artikel 38 § 7 entsprechende Anwendung.
Artikel 113
§ 1
Die Rechtsmittelanträge müssen zum Gegenstand haben:
- die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts;
- die vollständige oder teilweise Aufrechterhaltung der im ersten Rechtszug gestellten
Anträge; neue Anträge können nicht gestellt werden.
§ 2
Das Rechtsmittel kann den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern.
Artikel 114
Die Rechtsmittelschrift wird den Parteien des Verfahrens vor dem Gericht zugestellt. Artikel 39
findet entsprechende Anwendung.
Artikel 115
§ 1
Die Parteien des Verfahrens vor dem Gericht können binnen zwei Monaten nach Zustellung der
Rechtsmittelschrift eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen. Eine Verlängerung der
Beantwortungsfrist ist nicht möglich.
§ 2
Die Rechtsmittelbeantwortung muss enthalten:
a) Namen und Wohnsitz der Partei, die sie einreicht;
b) die Angabe des Tages, an dem ihr die Rechtsmittelschrift zugestellt worden ist;
c) die rechtliche Begründung;
d) die Anträge.
Artikel 37 und 38 §§ 2 und 3 finden entsprechende Anwendung.
Artikel 116
§ 1
Die Anträge in der Rechtsmittelbeantwortung müssen zum Gegenstand haben:
- die vollständige oder teilweise Zurückweisung des Rechtsmittels oder die vollständige oder
teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts;
- die vollständige oder teilweise Aufrechterhaltung der im ersten Rechtszug gestellten
Anträge; neue Anträge können nicht gestellt werden.
§ 2
Die Rechtsmittelbeantwortung kann den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht
verändern.
Artikel 117
§ 1
Rechtsmittelschrift und Rechtsmittelbeantwortung können durch eine Erwiderung und eine
Gegenerwiderung ergänzt werden, wenn der Präsident dies auf einen dahin gehenden Antrag des
Rechtsmittelführers, der binnen sieben Tagen nach Zustellung der Rechtsmittelbeantwortung
gestellt wird, für erforderlich hält und ausdrücklich die Einreichung einer Erwiderung gestattet,
um dem Rechtsmittelführer zu ermöglichen, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen, oder um die
Entscheidung über das Rechtsmittel vorzubereiten. Der Präsident bestimmt die Frist für die
Einreichung der Erwiderung und bei der Zustellung dieses Schriftsatzes die Frist für die
Einreichung der Gegenerwiderung.
§ 2
Haben die in einer Rechtsmittelbeantwortung gestellten Anträge die vollständige oder teilweise
Aufhebung der Entscheidung des Gerichts unter einem Gesichtspunkt zum Gegenstand, der in der
Rechtsmittelschrift nicht geltend gemacht wird, so kann der Rechtsmittelführer oder jede andere
Partei binnen zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsmittelbeantwortung eine auf diesen
Gesichtspunkt beschränkte Erwiderung einreichen. § 1 findet auf die auf diese Erwiderung hin
eingereichten weiteren Schriftsätze entsprechende Anwendung.
Artikel 118
Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen finden Artikel 42 § 2 sowie die Artikel 43, 44,
55 bis 90, 93, 95 bis 100 und 102 auf das Verfahren vor dem Gerichtshof, das ein Rechtsmittel
gegen eine Entscheidung des Gerichts zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung.
Artikel 119
Ist das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich
unbegründet, so kann der Gerichtshof jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung
des Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu
versehen ist, zurückweisen.
Artikel 120
Nach Einreichung der in Artikel 115 § 1 und gegebenenfalls der in Artikel 117 §§ 1 und 2
bezeichneten Schriftsätze kann der Gerichtshof auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung
des Generalanwalts und der Parteien beschließen, über das Rechtsmittel ohne mündliche
Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, eine Partei stellt einen Antrag, in dem die Gründe
aufgeführt sind, aus denen sie gehört werden möchte. Der Antrag ist binnen einem Monat nach
der Mitteilung an die Partei, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, zu stellen. Diese
Frist kann vom Präsidenten verlängert werden.
Artikel 121
Der Bericht gemäß Artikel 44 § 2 ist dem Gerichtshof nach Einreichung der in Artikel 115 § 1
und gegebenenfalls der in Artikel 117 §§ 1 und 2 bezeichneten Schriftsätze vorzulegen. Werden
die vorgenannten Schriftsätze nicht eingereicht, so findet nach Ablauf der für ihre Einreichung
vorgesehenen Frist das gleiche Verfahren Anwendung.
Artikel 122
Der Gerichtshof entscheidet über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird oder
wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet.
In den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten gilt Folgendes:
- Artikel 70 findet nur dann Anwendung, wenn ein Organ Rechtsmittel einlegt;
- abweichend von Artikel 69 § 2 kann der Gerichtshof bei Rechtsmitteln, die von Beamten
oder sonstigen Bediensteten eines Organs eingelegt werden, die Kosten zwischen den
Parteien teilen, sofern dies aus Gründen der Billigkeit geboten ist.
Wird ein Rechtsmittel zurückgenommen, so findet Artikel 69 § 5 entsprechende Anwendung.
Ist das von einem Mitgliedstaat oder einem Organ, die dem Rechtsstreit vor dem Gericht nicht
beigetreten sind, eingelegte Rechtsmittel begründet, so kann der Gerichtshof die Kosten zwischen
den Parteien teilen oder dem obsiegenden Rechtsmittelführer die Kosten auferlegen, die das
Rechtsmittel einer unterliegenden Partei verursacht hat.
Artikel 123
Anträge auf Zulassung als Streithelfer in einem Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof sind
binnen einem Monat nach der in Artikel 16 § 6 bezeichneten Veröffentlichung zu stellen.
FÜNFTER TITEL
VERFAHREN GEMÄSS DEM EWR-ABKOMMEN
Artikel 123a
§ 1
In dem in Artikel 111 Absatz 3 EWR-Abkommen* bezeichneten Fall wird der Gerichtshof durch
ein Ersuchen der an dem Streit beteiligten Vertragsparteien angerufen. Das Ersuchen wird den
anderen Vertragsparteien, der Kommission, der EFTA-Überwachungsbehörde und
gegebenenfalls den anderen Beteiligten zugestellt, denen ein Vorabentscheidungsersuchen, das
die gleiche Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts aufwirft, zugestellt würde.
Der Präsident setzt den Vertragsparteien und den anderen Beteiligten, denen das Ersuchen
zugestellt wird, eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.
Das Ersuchen ist in einer der in Artikel 29 § 1 genannten Sprachen einzureichen. Artikel 29 §§ 3
bis 5 findet Anwendung. Artikel 104 § 1 gilt entsprechend.
§ 2
Unmittelbar nach Eingang des Ersuchens gemäß § 1 bestimmt der Präsident den Berichterstatter.
Sogleich danach bestimmt der Erste Generalanwalt den Generalanwalt.
Der Gerichtshof erlässt nach Anhörung des Generalanwalts in nichtöffentlicher Sitzung eine mit
Gründen versehene Entscheidung über das Ersuchen.
§ 3
Die Entscheidung des Gerichtshofes wird vom Präsidenten, von den übrigen an der Beratung
beteiligten Richtern sowie vom Kanzler unterzeichnet und den Vertragsparteien und den anderen
in § 1 genannten Beteiligten zugestellt.
Artikel 123b
In dem in Artikel 1 des Protokolls 34 zum EWR-Abkommen bezeichneten Fall wird das Ersuchen
des nationalen Gerichts den Parteien des Rechtsstreits, den Vertragsparteien, der Kommission,
der EFTA-Überwachungsbehörde und gegebenenfalls den anderen Beteiligten zugestellt, denen
ein Vorabentscheidungsersuchen, das die gleiche Frage nach der Auslegung des
Gemeinschaftsrechts aufwirft, zugestellt würde.
* ABl. L 1 vom 3. Januar 1994, S. 27.
Wird das Ersuchen nicht in einer der in Artikel 29 § 1 genannten Sprachen vorgelegt, so ist ihm
eine Übersetzung in einer dieser Sprachen beizufügen.
Binnen zwei Monaten nach Zustellung können die Parteien, die Vertragsparteien und die anderen
in Absatz 1 genannten Beteiligten Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben.
Auf das Verfahren finden die Bestimmungen dieser Verfahrensordnung unter Berücksichtigung
der Eigenart des Ersuchens entsprechende Anwendung.
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 124
§ 1
Wer als Zeuge oder Sachverständiger vor dem Gerichtshof zur Eidesleistung aufgefordert wird,
wird vom Präsidenten ermahnt, seine Aussage wahrheitsgemäß zu machen bzw. seinen Auftrag
unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen, und wird von ihm über die in der
Gesetzgebung seines Heimatstaats vorgesehenen strafrechtlichen Folgen einer Verletzung dieser
Pflicht belehrt.
§ 2
Der Zeuge leistet den Eid entweder gemäß Artikel 47 § 5 Absatz 1 oder in den Formen der
Gesetzgebung seines Heimatstaats.
Erlaubt das Heimatrecht dem Zeugen in Gerichtsverfahren, neben dem Eid oder anstelle des
Eides eine dem Eid gleichgestellte Erklärung abzugeben, so kann er diese Erklärung unter den
Bedingungen und nach den Formen der Gesetzgebung seines Heimatstaats abgeben.
Kennt das Heimatrecht des Zeugen weder einen Eid noch eine solche Erklärung, so verbleibt es
bei der Belehrung gemäß § 1.
§ 3
Auf Sachverständige findet § 2 entsprechende Anwendung, wobei jedoch auf Artikel 49 § 6
Absatz 1 statt auf Artikel 47 § 5 Absatz 1 Bezug genommen wird.
Artikel 125
Unbeschadet der Artikel 223 EG-Vertrag und 139 EAG-Vertrag erlässt der Gerichtshof im
Benehmen mit den beteiligten Regierungen eine zusätzliche Verfahrensordnung über das von ihm
auf folgenden Gebieten einzuschlagende Verfahren:
a) Rechtshilfeersuchen;
b) Prozesskostenhilfe;
c) Anzeigen des Gerichtshofes wegen Eidesverletzungen von Zeugen und Sachverständigen
gemäß Artikel 30 der Satzung.
Artikel 125a
Der Gerichtshof kann praktische Anweisungen insbesondere zur Vorbereitung und zum Ablauf
der Sitzungen sowie zur Einreichung von Schriftsätzen oder schriftlichen Erklärungen erteilen.
Artikel 126
Diese Verfahrensordnung tritt an die Stelle der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der
Europäischen Gemeinschaften vom 4. Dezember 1974 (ABl. L 350 vom 28. Dezember 1974,
S. 1), zuletzt geändert am 15. Mai 1991.
Artikel 127
Diese Verfahrensordnung ist in den in Artikel 29 § 1 genannten Sprachen verbindlich. Sie wird
im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt am ersten Tag des zweiten Monats
nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
ANLAGE
BESCHLUSS ÜBER DIE GESETZLICHEN FEIERTAGE
Aufgrund des Artikels 80 § 2 der Verfahrensordnung über das vom Gerichtshof aufzustellende
Verzeichnis der gesetzlichen Feiertage
ERLÄSST DER GERICHTSHOF DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
FOLGENDEN BESCHLUSS:
Artikel 1
Gesetzliche Feiertage im Sinne von Artikel 80 § 2 der Verfahrensordnung sind:
- der Neujahrstag,
- der Ostermontag,
- der 1. Mai,
- Christi Himmelfahrt,
- der Pfingstmontag,
- der 23. Juni,
- der 15. August,
- der 1. November,
- der 25. Dezember,
- der 26. Dezember.
Die in Absatz 1 genannten gesetzlichen Feiertage sind die Feiertage, die am Sitz des
Gerichtshofes gelten.
Artikel 2
Artikel 80 § 2 der Verfahrensordnung findet keine Anwendung auf andere als die in Artikel 1
dieses Beschlusses genannten Feiertage.
Artikel 3
Dieser Beschluss tritt als Anlage zur Verfahrensordnung am Tag seiner Veröffentlichung im
Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.